Abstract (deu)
In der vorliegenden Arbeit wurden im Rahmen einer epidemiologischen Untersuchung alternativer Legehennenhaltungssysteme Faktoren untersucht, die einen möglichen Einfluss auf die Verhaltensstörung Federpicken haben. Zusätzlich wurden für die untersuchten Herden auch Modelle zum Auftreten von Kannibalismus erstellt. Dafür wurden in 115 nicht schnabelkupierten Legehennenherden Daten zur Haltung, Fütterung, Tiergesundheit, sowie Leistungsdaten der Herden aufgenommen. Die besuchten Herden wurden so ausgewählt, dass jeweils etwa zur Hälfte Herden mit starken Gefiederschäden und Herden mit geringen Gefiederschäden besucht wurden. Für 42 der Legehennenherden lagen zudem Daten aus der Aufzucht der Tiere, und für 34 Herden Analysen des eingesetzten Futtermittels für die statistischen Auswertungen vor. Zusätzlich standen Daten aus den jährlichen Kontrollen der Kontrollstelle für artgemäße Nutztierhaltung (KAN) von den bei ihr gemeldeten legehennenhaltenden Betrieben aus den Jahren 2000-2007 zu 4723 unkupierten Herden für die Auswertungen zur Verfügung.
Als Maß für die untersuchten Verhaltensstörungen wurden in der vorliegenden Untersuchung die Stärke der Gefiederschäden durch Federpicken, bzw. im Falle von Kannibalismus die Zahl der von Hautverletzungen betroffenen Körperregionen angenommen, und diese im Rahmen eines Untersuchungsganges (Hen Score) in den Legehennenherden dokumentiert.
Eine Auswertung der Hen Scores zu den einzelnen Tieren ergab, dass jede der untersuchten Hennen in zumindest einer der untersuchten Körperregionen Gefiederschäden aufwies. Die Ergebnisse zu den einzelnen Körperregionen zeigen, dass in den untersuchten Herden vor allem die Regionen Brust, Hals, Stoß und Rücken von Federpicken betroffen waren. Stärkere Gefiederschäden (federlose oder großteils federlose Regionen) traten vor allem am Rücken, Hals und Brust auf. Bezüglich Hautverletzungen durch Bepicken zeigte etwa jede vierte der untersuchten Legehennen in einer der Regionen Bauch, Brust, Flügeldecken, Kloake, Rücken oder Schenkel zumindest eine kleinere Pickverletzung.
Die Auswertung der Pickverletzungen der Haut ergibt ebenfalls, dass der Rücken am stärksten von diesen betroffen ist, gefolgt von den Regionen Bauch und Kloake. Federpicken und zumindest kleinere Verletzungen durch Kannibalismus treten nach diesen Ergebnissen also auch unter den österreichischen Haltungsbedingungen relativ häufig auf.
In den statistischen Auswertungen zu möglichen Einflussfaktoren auf Federpicken, wurde ein Zusammenhang des Schweregrades der Gefiederschäden mit Faktoren aus den Bereichen Genetik (eingestallter Legehennenhybrid), Aufzucht (Besatzdichte, Hygiene), Haltungsparameter im Stall (Haltungsform, Gruppengröße, erhöhte Sitzstangen, Nestboden, Art und Menge der Tränkeeinrichtungen, Lärm, Erreichbarkeit und Beschattung der Weide bei Freilandhaltung), der Futterstruktur sowie Managementfaktoren (Einstreuqualität, Luftqualität, Anzahl der Tierkontrollen) gefunden. Bezüglich des Ausmaßes der Hautverletzungen durch Bepicken konnte ein Zusammenhang mit Faktoren aus den Bereichen Aufzucht (Anzahl der Tierkontrollen), Haltungsparametern im Stall (Sitzstangenmaterial, Fütterungssystem), der Futterstruktur sowie Managementfaktoren (Anzahl der Tierkontrollen) statistisch abgesichert werden. Diese Ergebnisse bestätigen, dass es sich bei den Verhaltensstörungen um multifaktorielle Prozesse handelt, die durch unterschiedliche Parameter begünstigt werden können.
Die Auswertung der Futtermittelanalysen ergab einen Einfluss des Rohproteingehalts, sowie der Aminosäuren Methionin und Cystin auf das Ausmaß der Gefiederschäden in den untersuchten Legehennenherden.
Herden mit stärkerem Federpicken wiesen höhere Ausfälle und geringere Legeleistungen auf als Vergleichsherden.
Empfehlungen zur Vermeidung der Verhaltensstörungen Federpicken und Kannibalismus wurden allen in Österreich legehennenhaltenden Betrieben in Form einer Broschüre zur Verfügung gestellt. Eine Erfolgskontrolle anhand der Daten der KAN zeigt einen Rückgang von Herden mit Gefiederschäden, vor allem auch einen deutlichen Rückgang von schwereren Gefiederschäden und auch einen Rückgang von Herden mit Kannibalismusproblemen seit Beginn des Projekts 2002 bis zum Jahr 2008. Zu dieser Entwicklung haben sicher Veränderungen der Genetik der Tiere während dieser Zeit, eine Verbesserung der Aufzucht sowie der Fütterung, aber auch die durch diese Untersuchung verbesserte Informationslage der Landwirte zu den Problemen Federpicken und Kannibalismus beigetragen.