Abstract (deu)
Die hier vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit drei ausgewählten spätmittelalterlichen
Reiseberichten und dem darin gezeichneten Bild von Jerusalem und auszugsweise dem Bild des
Katharinen-Klosters und der Wüste.
Die Anfangsthese, dass die Beschreibungen der Stadt Jerusalem sehr gleichförmig sind, die
Beschreibungen der weiteren Reise allerdings individuell – im Rahmen der Gattung – gestaltet
sind – kann verifiziert werden. Vergleicht man die Texte von Tucher, Rieter und Breydenbach, so
kommt man zu dem Schluss, dass sie alle drei Jerusalem vielmehr als ein Freiluftmuseum mit einer
Vielzahl an heiligen Stätten und oftmaliger Möglichkeit zum Erwerb von Ablass darstellen, als es
als realen Lebensraum verstehen. Die Gleichförmigkeit der Beschreibungen ist allerdings nicht als
Beweis mangelnder Originalität zu bewerten, sondern beruht vielmehr auf der Tatsache, dass das
Pilgerwesen sehr stark institutionalisiert war und somit alle Pilger die selben Erlebnisse hatten
und von diesen berichteten. Die Beschreibung der Erlebnisse ändert sich mit dem Verlassen der
heiligen Stadt. Ab diesem Zeitpunkt werden die Autoren als Individuen greifbar, da ein jeder von
dem berichtet, was ihm persönlich am wichtigsten ist.
Wichtig ist an dieser Stelle auch der Hinweis auf die Tatsache der gleichen sprachlichen
Gestaltung der drei Reiseberichte. Über weite Teile hinweg verwenden die drei Autoren das Wort
item um die einzelnen besichtigten Orte miteinander zu verbinden.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es vermessen wäre, die Reiseberichte als
Zeugnisse individuellen Erlebens zu lesen. Andererseits stimmt die Behauptung, alle Reiseberichte
wären gleich, ebenso wenig. Vielmehr liegt die Wahrheit in der Mitte: Kanonisiertes wird mit
individuellem Erleben zusammengefügt und zu einem Text zusammengesetzt.