Abstract (deu)
Im Rahmen der Führungskräfteentwicklung führt ein großer mitteleuropäischer Krankenhausbetreiber seit 15 Jahren Förder-Assessment-Center (Förder-AC) durch. Von den 551 Förder-AC-Teilnehmenden nahmen im Sommer 2009 411 an einer Online-Retestung teil. Die Daten beider Messzeitpunkte wurden mit dem Inventar zur Persönlichkeitsdiagnostik in Situationen (IPS; Schaarschmidt & Fischer, 1999) erhoben. 317 Angehörige der Berufsgruppen Verwaltung, EDV, Technik, ärztlicher Bereich, Gesundheits- und Krankenpflege sowie medizinisch-technische Dienste gingen mit gültigen Werten aus Erst- und Zweitmessung in die Analyse ein.
Den theoretischen Hintergrund bilden Sozialisations-, Selektions- und Gravitationstheorie im Kontext der Positions-, Berufs- und Organisationswahl.
Die Ergebnisse der Längsschnittuntersuchung unterstützen eher die Sozialisationshypothese, während Selektions- und Gravitationstheorie sich nicht zu realisieren scheinen. Weiter deuten sich Bewertungsdiskrepanzen in der Selbsteinschätzung zwischen Berufsgruppenangehörigen mit und ohne PatientInnenkontakt an. Die Betrachtung von Personen mit verschiedenen Karriereverläufen (Positionsabsteiger, stagnierende, -aufsteiger) macht deutlich, dass günstige Persönlichkeitsentwicklung durch berufliche Anforderungen gefördert wird. Dieser Entwicklungsprozess ist jedoch nicht durch einen interindividuell einheitlichen Verlauf gekennzeichnet. Hingegen führt ein Wegfall ähnlicher beruflicher Anforderungen (wie etwa durch Positionsabstieg) zu einem deutlich heterogenen Entwicklungstrend. Die erhobenen Persönlichkeitseigenschaften werden in ihrer Entwicklung unterschiedlich stark von Führungsverantwortung angesprochen. Organisationskultur hat keinen nachweisbaren Einfluss auf Persönlichkeitsentwicklung.
Die Ergebnisse legen nahe, dass bezüglich einer Persönlichkeitsentwicklung der Zunahme von Anforderungen der größere Stellenwert zukommt als der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen. Dennoch sollten Fortbildungen als Unterstützung für eine Routinisierung des Führungsverhaltens (Gesprächsführung, Konfliktlösung, Präsentation, Rhetorik etc.) eingesetzt werden. Für die Führungskräfteentwicklung wird die Einbeziehung des beruflichen Hintergrundes sowie individueller Eigenheiten nahe gelegt. Berufliche Herausforderungen, angepasst an das individuelle Anforderungsniveau, sollten Angehörigen aller Hierarchieebenen geboten werden.