Abstract (deu)
Zur Hinführung zum eigentlichen Themengebiet der Kinder- und Jugendeuthanasie zur Zeit des Nationalsozialismus am Wiener Spiegelgrund wird der Umgang mit „Krüppeln“ in vergangenen Jahrhunderten hinterfragt. Dabei ist das Bild entscheidend, das sich die „nichtbehinderte Umwelt“ von körperlich
oder geistig Behinderten macht.
Der Schwerpunkt der Arbeit richtet dem Thema entsprechend den Focus auf die „Vorkommnisse“ am Spiegelgrund. Eine Gruppe von Ärzten und Schwestern treffen eine beliebige Auslese von Kindern und Jugendlichen nach wirtschaftlichen
Kriterien und nach legalisierten Methoden. Sie unterscheiden
wertes und unwertes Leben. Schicksale einzelner Personen werden thematisiert, solche, die nicht überlebt haben und von denen zahlreiche Krankenakte Zeugnis ablegen und von Menschen, die die „Behandlung“ überlebt und noch
heute wertvolle Zeitzeugen darstellen.
Nach 1945 scheint die Aufarbeitung und der Umgang mit den sterblichen Überresten schwierig bis gleichgültig – in der Gesellschaft, in der Politik, ja sogar in Kreisen von Medizin und Wissenschaft. Erst spät schaffen es beherzte
Menschen, noch lebende Täter zur Verantwortung zu ziehen. Seit 20 Jahren kommt es endlich zu einer umfassenden wissenschaftlichen Befassung des Themas und damit auch zu einer Anerkennung der Opfer. Die Ausstellung am Spiegelgrund, dem heutigen Otto Wagner Spital, ist eines der
Ergebnisse dieser Bemühungen. Die Beisetzung sterblicher Überreste auf dem Wiener Zentralfriedhof im Jahr 2002 oder die 772 Lichtsäulen zum Gedenken an jedes Opfer auf dem Gelände des Otto Wagner Spitals geben Zeugnis, dass diese Gräueltaten nie mehr vergessen werden dürfen.