Abstract (deu)
Der 4. Dezember 1998 markiert einen Wendepunkt in der Geschichte des europäischen Integrationsprozesses. An der französischen Atlantikküste einigten sich die Staats- und Regierungschefs der zwei führenden europäischen Militärmächte, dass die EU über die militärische Fähigkeit verfügen müsse, auf internationale Krisen autonom reagieren zu können und hoben somit die Zusammenarbeit innerhalb der Union auf eine neue Stufe. Die Sicherheits- und Verteidigungspolitik lag ab nun auch im Aufgabenbereich der EU. Seither wurden beachtliche Fortschritte im Bereich der ESVP/GSVP erzielt. Dennoch muss eine Reihe von Defiziten beseitigt werden, falls die EU auch in der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik bedeutendes internationales Gewicht erlangen und die Lücke zwischen den gesetzten Zielen und ihren tatsächlichen Möglichkeiten schließen will.
Zu den bisher größten Fortschritten der ESVP/GSVP zählt ohne Zweifel die hohe Anzahl und Vielfältigkeit an Einsätzen im Bereich der internationalen Krisen- und Konfliktbewältigung. Seit Anfang 2003 wurden bereits 23 Operationen und Missionen, insbesondere auf dem Westbalkan und in Afrika, durchgeführt, einige relativ erfolgreich, andere weniger erfolgreich. Bei zukünftigen ESVP/GSVP-Einsätzen muss daher aus den vorangegangenen Fehlern gelernt werden. Entscheidend für ihren Erfolg und den der gesamten ESVP/GSVP wird aber letztendlich der politische Wille der Mitgliedsstaaten und der europäischen Bevölkerung sein, wie viel Unterstützung sie diesem Projekt zukommen lassen wollen. Es wäre kurzsichtig und unmenschlich, wenn die Union ihre Augen vor den Krisen und Konflikten dieser Welt, insbesondere auf unserem südlichen Nachbarkontinent, verschließen würde.
Die EU ist weltweit der größte Geber im Bereich der Entwicklungshilfe. Alle Entwicklungspolitik wird jedoch durch Krieg zunichte gemacht. Erst ein friedliches sicherheitspolitisches Umfeld und stabile staatliche Strukturen können den Boden für fruchtbare Entwicklungskooperation und wirtschaftlichen Aufschwung bereiten. Bewaffnete Konflikte führen jedoch zu Leid, Unterentwicklung sowie zu sozialen und wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten, die wiederum die Saat für zukünftige Auseinandersetzungen säen. Umso bedeutender sind militärische, polizeiliche sowie zivile Operationen und Missionen der ESVP/GSVP in Afrika oder in anderen Krisenregionen der Welt, welche mithelfen, weltweit die Voraussetzungen für eine friedliche Zukunft zu schaffen.