Abstract (deu)
Hypoxie und Anoxie sind Schlüsselfaktoren, welche die heutigen flachen Küstenökosysteme weltweit bedrohen. Das Auftreten von Sauerstoffarmut hat in den letzten Jahrzehnten sowohl in der Häufigkeit als auch in der Intensität stark zugenommen. In der Adria können bis zu 3000 km² des Meeresgrundes von Hypoxie betroffen sein, was zu ausgedehnten Massensterben des Benthos führt. Der Beginn solcher Katastrophen ist kaum vorherzusagen. Mit Hilfe eines Gerätes, das experimentell Anoxie erzeugt, dokumentierten wir in der nördlichen Adria in 24 m Tiefe eine Sauerstoffkrise in kleinem Maßstab (0.25 m²). Das Gerät kombiniert fotografische Dokumentation mit detaillierter chemo-physikalischer Messung und ermöglicht Verhaltens- und Mortalitätsanalysen der benthischen Organismen vor, während und nach der Sauerstoffarmut. Die Reaktionen auf den abnehmenden Sauerstoffgehalt und/oder die ansteigende Dauer der Anoxie waren: (1) vermehrte oder verminderte Aktivität, (2) Auftreten von atypischem Verhalten, (3) unerwartete intraspezifische Interaktionen,
(4) Hervorkommen von Infauna und (5) Mortalität. Die Verhaltensweisen und Sterberaten der ausgewählten Arten wurden mit fünf Sauerstoffkategorien in Korrelation gesetzt: normale Sauerstoffkonzentration (>2.0 ml O2 l-1), leichte (≤2.0-1.01 ml O2 l-1), moderate
(1.0-0.51 ml O2 l-1) und ernste Hypoxie (0.5-0.01 ml O2 l-1) und Anoxie. Die Ergebnisse zeigten große Unterschiede zwischen den ausgewählten Arten im Bezug auf die Hypoxie- bzw. Anoxietoleranz. Leichte Hypoxie, zum Beispiel, löste eine erhöhte Lokomotionsaktivität des Schlangensterns Ophiothrix quinquemaculata und des Gastropoden Hexaplex trunculus aus, was als Fluchtverhalten gedeutet wird. Zudem wurden verschiedene artspezifische subletale Reaktionen dokumentiert, wie etwa die Körperausdehnung bei der Seeanemone Cereus pedunculatus und der Seegurke Ocnus planci oder die Mantelschwellung bei der epifaunalen Bivalve Chlamys varia. Moderate Hypoxie forcierte das Hervorkommen des infaunalen Seeigels Schizaster canaliferus. Bei ernster Hypoxie begannen die Seescheiden ihre Siphonen zu schließen und die Aktivität der Schlangensterne sank deutlich, bis sie letztendlich starben. Bei Anoxie wurden die ersten Mortalitäten dokumentiert, unter anderem die Schlangensterne, infaunale Seeigel und C. varia; C. pedunculatus, H. trunculus und die infaunale Bivalve Corbula gibba überlebten.
Die vorliegende Studie, in Kombination mit laufenden Experimenten, ist ein wichtiger Schritt, um einen allgemein gültigen Katalog von Verhaltensreaktionen und eine Liste von empfindlichen und toleranten Arten erstellen zu können. Dieses Herangehen wird letztendlich dazu beitragen, den Status benthischer Ökosysteme, welche einer Sauerstoffarmut ausgesetzt
sind, besser einzuschätzen.