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Title (deu)
Funktionsmorphologische Untersuchungen der Nahrungsaufnahme von Heosemys grandis, Gray 1860 (Chelonia, Geoemydidae) mit Berücksichtigung der Ontogenie
Author
Monika Lintner
Adviser
Josef Weisgram
Assessor
Josef Weisgram
Abstract (deu)

Die Fressmechanismen von Vertebraten sind abhängig vom Medium in welchem sie leben. Aufgrund der geringen Dichte und Viskosität der Luft ist das Einsaugen der Nahrung – die eigentlich am weitesten verbreitete Strategie für das Fressen unter Wasser (Lauder, 1985) – an Land energetisch nicht rentabel.
Rezente Schildkröten besiedeln rein aquatische bis rein terrestrische Habitate, sowie alle Zwischenstufen. Im Laufe ihrer Phylogenie hat sich das Fressen an Land innerhalb der Überfamilie der Testudinoidae (Geoemydidae, Emydidae, Testudinidae) sekundär entwickelt. Diese Änderung der Nahrungsaufnahme von aquatisch zu terrestrisch setzt grundlegende Veränderungen in der Anatomie des Nahrungsaufnahmeapparates voraus.
Die Nahrungsaufnahme in beiden Medien wurde innerhalb der Chelonia bislang nur bei dem Emydid Terrapene carollina (Summers et al., 1998) und drei Vertretern der Gattung Cuora (Geoemydidae) explizit untersucht. Als Vertreter der Geoemydidae ist auch Heosemys grandis in der Lage ihren Nahrungsaufnahmemechanismus dem jeweiligen Medium anzupassen.
In der vorliegenden Arbeit wurde die Nahrungsaufnahme von H. grandis mit histologischen (LM), rasterelektronenmikroskopischen (REM) und kinematischen Methoden funktionsmorphologisch untersucht.
Alle untersuchten Altersstufen (juvenil, subadult, adult) von H. grandis sind in der Lage sowohl im Wasser als auch an Land zu fressen. Die geringen Unterschiede in der Morphologie des Nahrungsaufnahmeapparates scheinen keinerlei Auswirkung auf den Ablauf der Fressmechanismen haben. Den Tieren ist es möglich aktiv in den Fressprozess einzugreifen, und den Ablauf der kinematischen Bewegungsmuster an das jeweilige Medium anzupassen. Eine relativ große, gut strukturierte Zunge, gut ausgebildete Drüsen in der oralen Mucosa und das nur schwach verknöcherte Hyoid von H. grandis sind charakteristische Merkmale für das Fressen an Land, die die Nahrungsaufnahme im Wasser zwar beeinträchtigen aber nicht unmöglich machen.
Der direkte Vorfahre aller rezenten Schildkröten war rein aquatisch. Fressen an Land hat sich nur innerhalb der Familie der Testudinoidea (Emydidae, Geoemydidae, Testudinidae) sekundär entwickelt. Während die Emydidae und die Geoemydidae aquatische bis semiaquatische Arten enthalten, umfasst die Familie der Testudinidae nur rein terrestrische Formen. Die Testudiniden haben im Zuge ihrer Entwicklung die Fähigkeit verloren im Wasser zu fressen. Bei der Art H. grandis (Geoemydidae) scheint dieser „Point of no return“ noch nicht überschritten zu sein. In einem theoretischen Modell zur Evolution der Nahrungsaufnahme bei Schildkröten nimmt H. grandis morphologisch und funktionell gesehen eine Zwischenstellung zwischen semiaquatischen und terrestrischen Schildkröten ein und ist somit zur Nahrungsaufnahme in beiden Medien fähig.

Abstract (eng)

The feeding mechanisms of vertebrates depend on the physical constraints of the surrounding medium: water or air. The low density and viscosity of air precludes water-based feeding mechanics (suction feeding).
Turtles inhabit terrestrial habitats as well as aquatic ones and all levels in between. The primitive mode of prey capture in “modern turtles” is considered to be aquatic, while terrestrial feeding has developed secondary over the course of evolution. The change from aquatic to terrestrial feeding implicates numerous changes in the feeding apparatus.
Only a small number of vertebrates is able to feed underwater as well as on land. Within chelonians, this ability has been investigated only in few cases: the species Terrapene carolina and three members of the genus Cuora. Also Heosemys grandis (Geoemydidae) is able to feed on land as well as underwater.
The aim of this study is to investigate the feeding biology of H. grandis by using (micro-) anatomical as well as morphofuncronal methods: Light Microscopy, scanning electron microscopy (SEM), MicroCT and high-speed video analysis.
All investigated ontogenetic stages were able to feed underwater as well as on land. The small differences in the morphology of the oral cavity did not influence the sequences of feeding mechanisms. The animals are capable of adapting their feeding movements to the respective medium. Even if many of the established features in the oral cavity are characteristic for terrestrial turtles (large, muscular tongue with tall papillae, well developed oropharyngeal glands, low-ossified hyoid skeleton) some are so for aquatic ones (flat palate). This enables H. grandis to feed in both media.
The ancestor of all living turtles was an aquatic form. Terrestrial feeding developed secondary in only one superfamily: the Testudoidea whitch comprises the families Emydidae, Geoemydidae and Testudinidae. While Emydidae and Geoemydidae are aquatic to semiaquatic, the Testudinids are purely terrestrial forms. During long-time evolution, the testudinids lost the ability to feed under water. By contrast H. grandis has not reached such a “point of no return” and is still able to feed in both media.

Keywords (deu)
NahrungsaufnahmeRiesenerdschildkröteorale MucosaHistologieKinematik
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1267167
rdau:P60550 (deu)
71 S. : Ill.
Number of pages
71
Members (1)
Title (deu)
Funktionsmorphologische Untersuchungen der Nahrungsaufnahme von Heosemys grandis, Gray 1860 (Chelonia, Geoemydidae) mit Berücksichtigung der Ontogenie
Author
Monika Lintner
Abstract (deu)

Die Fressmechanismen von Vertebraten sind abhängig vom Medium in welchem sie leben. Aufgrund der geringen Dichte und Viskosität der Luft ist das Einsaugen der Nahrung – die eigentlich am weitesten verbreitete Strategie für das Fressen unter Wasser (Lauder, 1985) – an Land energetisch nicht rentabel.
Rezente Schildkröten besiedeln rein aquatische bis rein terrestrische Habitate, sowie alle Zwischenstufen. Im Laufe ihrer Phylogenie hat sich das Fressen an Land innerhalb der Überfamilie der Testudinoidae (Geoemydidae, Emydidae, Testudinidae) sekundär entwickelt. Diese Änderung der Nahrungsaufnahme von aquatisch zu terrestrisch setzt grundlegende Veränderungen in der Anatomie des Nahrungsaufnahmeapparates voraus.
Die Nahrungsaufnahme in beiden Medien wurde innerhalb der Chelonia bislang nur bei dem Emydid Terrapene carollina (Summers et al., 1998) und drei Vertretern der Gattung Cuora (Geoemydidae) explizit untersucht. Als Vertreter der Geoemydidae ist auch Heosemys grandis in der Lage ihren Nahrungsaufnahmemechanismus dem jeweiligen Medium anzupassen.
In der vorliegenden Arbeit wurde die Nahrungsaufnahme von H. grandis mit histologischen (LM), rasterelektronenmikroskopischen (REM) und kinematischen Methoden funktionsmorphologisch untersucht.
Alle untersuchten Altersstufen (juvenil, subadult, adult) von H. grandis sind in der Lage sowohl im Wasser als auch an Land zu fressen. Die geringen Unterschiede in der Morphologie des Nahrungsaufnahmeapparates scheinen keinerlei Auswirkung auf den Ablauf der Fressmechanismen haben. Den Tieren ist es möglich aktiv in den Fressprozess einzugreifen, und den Ablauf der kinematischen Bewegungsmuster an das jeweilige Medium anzupassen. Eine relativ große, gut strukturierte Zunge, gut ausgebildete Drüsen in der oralen Mucosa und das nur schwach verknöcherte Hyoid von H. grandis sind charakteristische Merkmale für das Fressen an Land, die die Nahrungsaufnahme im Wasser zwar beeinträchtigen aber nicht unmöglich machen.
Der direkte Vorfahre aller rezenten Schildkröten war rein aquatisch. Fressen an Land hat sich nur innerhalb der Familie der Testudinoidea (Emydidae, Geoemydidae, Testudinidae) sekundär entwickelt. Während die Emydidae und die Geoemydidae aquatische bis semiaquatische Arten enthalten, umfasst die Familie der Testudinidae nur rein terrestrische Formen. Die Testudiniden haben im Zuge ihrer Entwicklung die Fähigkeit verloren im Wasser zu fressen. Bei der Art H. grandis (Geoemydidae) scheint dieser „Point of no return“ noch nicht überschritten zu sein. In einem theoretischen Modell zur Evolution der Nahrungsaufnahme bei Schildkröten nimmt H. grandis morphologisch und funktionell gesehen eine Zwischenstellung zwischen semiaquatischen und terrestrischen Schildkröten ein und ist somit zur Nahrungsaufnahme in beiden Medien fähig.

Abstract (eng)

The feeding mechanisms of vertebrates depend on the physical constraints of the surrounding medium: water or air. The low density and viscosity of air precludes water-based feeding mechanics (suction feeding).
Turtles inhabit terrestrial habitats as well as aquatic ones and all levels in between. The primitive mode of prey capture in “modern turtles” is considered to be aquatic, while terrestrial feeding has developed secondary over the course of evolution. The change from aquatic to terrestrial feeding implicates numerous changes in the feeding apparatus.
Only a small number of vertebrates is able to feed underwater as well as on land. Within chelonians, this ability has been investigated only in few cases: the species Terrapene carolina and three members of the genus Cuora. Also Heosemys grandis (Geoemydidae) is able to feed on land as well as underwater.
The aim of this study is to investigate the feeding biology of H. grandis by using (micro-) anatomical as well as morphofuncronal methods: Light Microscopy, scanning electron microscopy (SEM), MicroCT and high-speed video analysis.
All investigated ontogenetic stages were able to feed underwater as well as on land. The small differences in the morphology of the oral cavity did not influence the sequences of feeding mechanisms. The animals are capable of adapting their feeding movements to the respective medium. Even if many of the established features in the oral cavity are characteristic for terrestrial turtles (large, muscular tongue with tall papillae, well developed oropharyngeal glands, low-ossified hyoid skeleton) some are so for aquatic ones (flat palate). This enables H. grandis to feed in both media.
The ancestor of all living turtles was an aquatic form. Terrestrial feeding developed secondary in only one superfamily: the Testudoidea whitch comprises the families Emydidae, Geoemydidae and Testudinidae. While Emydidae and Geoemydidae are aquatic to semiaquatic, the Testudinids are purely terrestrial forms. During long-time evolution, the testudinids lost the ability to feed under water. By contrast H. grandis has not reached such a “point of no return” and is still able to feed in both media.

Keywords (deu)
NahrungsaufnahmeRiesenerdschildkröteorale MucosaHistologieKinematik
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1267168
Number of pages
71