Abstract (deu)
Gegenstand dieser Dissertation ist die rechtswissenschaftliche Untersuchung sog Hybridanleihen aus zivil- und gesellschaftsrechtlicher Perspektive. Hybridanleihen sind ein wichtiges Instrument der Unternehmensfinanzierung und unterscheiden sich von gewöhnlichen Unternehmensanleihen durch ihre unbefristete Laufzeit, ihre besonderen Vergütungsregelungen und ihre Nachrangigkeit. Neben bilanz- und steuerrechtlichen Aspekten werfen diese Besonderheiten auch auf dem Gebiet des allgemeinen Zivilrechts sowie des Gesellschaftsrechts interessante Fragen auf, die im Zuge dieser Dissertation abgehandelt werden.
Im ersten Hauptteil der vorliegenden Arbeit wird die Rechtsnatur von Hybridanleihen im Spannungsfeld zwischen (partiarischem) Darlehen, stiller Gesellschaft und Genussrecht erörtert. An Brisanz gewinnt die Analyse durch den Umstand, dass das Verhältnis zwischen den genannten Rechtsinstituten alles andere als unstrittig ist. Die Ansicht, nach der ein Genussrecht stets ein Schuldverhältnis sui generis darstellt, wird nicht geteilt. Unter Hinweis auf die unterschiedlichen Regelungszwecke bei Darlehen bzw stillen Gesellschaften (ausgewogene Berücksichtigung der Interessen beider Parteien, insbes Schutz des Kapitalgebers) und Genussrechten (Schutz der Anteilseigner) wird argumentiert, dass es sich bei bestimmten Schuldverhältnissen sowohl um eine stille Gesellschaft als auch um ein Genussrecht handeln kann. Für beide Rechtsinstitute ist die Gewinnbeteiligung das zentrale Tatbestandsmerkmal. Die abweichenden Regelungszwecke bei stiller Gesellschaft und beim Genussrecht ziehen einen unterschiedlich weit gehenden Gewinnbeteiligungsbegriff nach sich. Es wird gezeigt, dass bei Hybridanleihen auf Grund des laufend entstehenden Vergütungsanspruches überhaupt keine Form der Gewinnbeteiligung vorliegt. Dies hat zur Folge, dass auf Hybridanleihen weder die Bestimmungen über stille Gesellschaften noch jene über Genussrechte zur Anwendung kommen. Das einer Hybridanleihe zu Grunde liegende Kausalverhältnis wird als (nicht partiarisches) Darlehen qualifiziert.
Der zweite Hauptteil der Dissertation widmet sich der Zulässigkeit der unbefristeten Laufzeit von Hybridanleihen, die mit einem extensiven Ausschluss des Kündigungsrechts zu Lasten der Anleihegläubiger einhergeht. Nach der in dieser Arbeit vertretenen Auffassung handelt es sich beim Recht auf außerordentliche Kündigung (das ist die jederzeitige, einseitige Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses bei Unzumutbarkeit der Fortsetzung desselben) um ein so grundlegendes Element der österreichischen Rechtsordnung, dass die Möglichkeit seines Ausschlusses oder seiner bloßen Beschränkung bei allen Schuldverhältnissen abzulehnen ist. Das Recht auf ordentliche Kündigung (das ist die an Fristen und Termine gebundene Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses unabhängig vom Vorliegen eines wichtigen Grundes) ist dagegen der Disposition der Vertragsparteien leichter zugänglich. Es werden Voraussetzungen herausgearbeitet, bei deren Vorliegen das ordentliche Kündigungsrecht gänzlich ausgeschlossen werden kann. Für den Fall, dass diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, werden Kriterien präsentiert, anhand derer die maximal zulässige Dauer des Kündigungsausschlusses zu ermitteln ist. Abschließend wird für Hybridanleihen eine Höchstdauer von 30 Jahren vorgeschlagen, sofern die Anleihegläubiger über keine andere Möglichkeit verfügen, sich aus dem Vertragsverhältnis zu lösen (zB Verkauf über eine Börse).