Abstract (deu)
Südosteuropa ist ein Zentrum europäischer Biodiversität. Über Faktoren, die zur Entstehung dieses Artenreichtums geführt haben, ist allerdings noch wenig bekannt. Diese Arbeit beschreibt anhand dreier Gruppen der Gattung Veronica (Plantaginaceae) die räumlich-zeitlichen Veränderungen sowie Evolution und Hybridisierungsmuster dieser Gruppen in Südosteuropa. Zu diesem Zwecke verwenden wir Ploidiestufenbestimmung, molekulare Marker (Amplified Fragment Length Polymorphism [AFLP], plastide bzw. nukleäre DNS-Sequenzen) und morphometrische Messungen.
Veronica saturejoides, V. thessalica und V. erinoides bilden eine Gruppe nah verwandter alpiner Arten, die am Balkan endemisch ist. Eine auf DNS-Sequenzen aus dem Kerngenom und auf AFLPs aufbauende Phylogenie unterstützt die Monophylie von V. saturejoides. Im Gegensatz dazu weisen DNS-Plastidenregionen auf eine nähere Verwandtschaft von V. saturejoides subsp. saturejoides und V. thessalica hin, was auf Introgression von V. thessalica zu V. saturejoides subsp. saturejoides hindeutet.
Innerhalb der zytologisch variablen und taxonomisch komplexen Gruppe von Veronica chamaedrys, deren Taxa in verschiedenen Waldlandschaften vorkommen, sind sowohl di- als auch tetraploide Zytotypen weit verbreitet. Auf der südlichen Balkanhalbinsel herrschen Diploide, die meinsten tetraploiden sind mehrmals durch Autopolyploidisierung entstanden. Zwei der beschriebenen Plastidenlinien decken sich mit geographisch voneinander getrennten AFLP-Gruppen, die genetischen Gruppen stimmen allerdings nicht mit der derzeitigen Taxomomie überein. Insgesamt deuten die genetischen Daten auf glaziale Waldrefugien auf der südlichsten Balkanhalbinsel (Griechenland), in Bulgarien, Istrien (Kroatien und Slowenien) und möglicherweise auch in den südöstlichen Karpaten (Rumänien) hin.
Veronica subg. Pseudolysimachium sect. Pseudolysimachion hat ihr Diversitätszentrum in Südosteuropa, ihre Arten V. barrelieri, V. orchidea und V. spicata kommen in Graslandschaften vor. Eine frühe auf Kreuzungsversuchen basierende Hypothese, dass Hybridisierung bei der Sippenbildung dieser hochvariablen Sektion eine große Rolle gespielt hat, wird durch unsere genetischen Daten unterstützt. Etliche der auf der Balkanhalbinsel endemischen intraspezifischen Taxa sind tatsächlich solche Hybridformen, die es sowohl auf di- als auch auf tetraploider Ebene gibt.
Alle drei Gruppen unterstreichen die Bedeutung von Hybridisierung und Polyploidisierung in der Evolution von Pflanzenarten in Südosteuropa.