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Title (eng)
Reintegration of former child soldiers - a global challenge to child rights realisation
the case of Sudan
Parallel title (deu)
Reintegration von Kindersoldaten - eine globale Herausforderung für die Kinderrechte ; der Fall des Sudan
Author
Faith Miyandazi
Adviser
Michael Zach
Assessor
Michael Zach
Abstract (deu)

Der Einsatz von Kindern und Jugendlichen in kriegerischen Auseinandersetzungen ist bereits für den dreißigjährigen Krieg belegt. Durch die Veröffentlichung von Bildern und Berichten des unfassbaren Leides, das vielen Kindersoldaten widerfahren ist, geriet dieses Thema erstmals in den 90er Jahren in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit und gilt heute als eine der extremsten Formen ausbeuterischer Kinderarbeit. Trotz internationaler Proteste und eindeutiger Rechtslage werden nach wie vor Kinder für kriegerische Handlungen von regulären oder nichtregulären bewaffneten Gruppen rekrutiert und an der Waffe ausgebildet. Schätzungen zufolge sind zurzeit circa 300.000 Kinder und Jugendliche, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht erreicht haben, unter Waffen in Konflikte involviert; wobei die Zahl derer, die auf Reintegrationsmaßnahmen angewiesen sind, sehr viel größer ist. Dazu gehören vor allem ehemalige Kindersoldaten, die entweder das achtzehnte Lebensjahr überschritten haben, oder aber nicht länger an Konflikten beteiligt sind.

Obgleich Afrika nicht der einzige Kontinent ist, in dem es zu Rekrutierung von Kindern kommt, __ ist er doch von dieser Problematik am stärksten betroffen. Etwas weniger als die Hälfte aller Kindersoldaten weltweit befinden sich in Afrika (ca. 120.000). Die meisten Kinder werden aus kriegstaktischen und finanziellen Gründen zwangsrekrutiert; jedoch schließen sich vor allem Jugendliche auch freiwillig einer bewaffneten Gruppe an, die vermeintlichen Schutz, Zugehörigkeit und eine Stärkung des Selbstwertes durch Macht verspricht. Begünstigt wird dieser Umstand durch Faktoren wie extreme Armut, ___ Tod der eigenen Familie und/oder die Zerstörung des eigenen Dorfes.

Die Rekrutierung von Kindersoldaten speziell im Sudan wurde trotz des dort langanhaltenden Bürgerkrieges bis heute nicht hinreichend untersucht. Die wissenschaftliche Literatur befasst sich hauptsächlich mit afrikanischen Ländern wie zum Beispiel Sierra Leone, Liberia oder der Demokratischen Republik Kongo. In der vorliegenden Arbeit wird der Versuch unternommen, dem Desiderat einer näheren Erforschung der Kindersoldaten im Sudan Rechnung zu tragen. Insbesondere soll die Frage geklärt werden, weshalb Versuche zur Reintegration von Kindersoldaten scheiterten. Im Gegensatz zu früheren Kriegen, die zwischen souveränen Staaten um die Ausweitung oder Verteidigung der Landesgrenzen geführt wurden, ist die Mehrzahl der Konflikte des 21.Jahrhunderts innerstaatlich. Diese Konflikte sind kennzeichnend für einen zerfallenden Staat ¬mit Gruppen unterschiedlicher Identitäten ¬in dem das Gewaltmonopol nicht länger gewährleistet werden kann. Im Verlauf eines solchen Konfliktes erlischt die staatliche Macht zusehends. Das staatliche Gewaltmonopol wird von Privatarmeen verdrängt und es entstehen kriegsökonomische Strukturen, bei denen sich diese Armeen durch den Verkauf von Rohstoffen finanzieren.

Wie die meisten afrikanischen Länder befindet sich auch der Sudan in einer postkolonialen Krise. Die lange Zeit der Akkulturation an fremde Normen und Gebräuche, sowie die teilweise willkürliche Festlegung der Landesgrenzen, welche auf ethnische Gruppen wenig Rücksicht nahm, erschwert die kulturelle Identitätsfindung des Landes. Nach seiner Unabhängigkeit im Jahre 1956 rutschte der Sudan in einen Bürgerkrieg. Die im Süden beheimateten schwarzafrikanischen Ethnien, größtenteils Dinka, Schilluk und Nuer, fühlten sich gegenüber dem moslemisch¬arabisch geprägten Norden benachteiligt und forderten machtpolitische Gleichberechtigung und im laufe der Zeit einen unabhängigen Süd¬Sudan. Seit seiner Unabhängigkeit befand sich das Land 26 Jahre lang im Bürgerkrieg. Das durch die ägyptische und britische Kolonisation noch immer geprägte politische Denken, die Unterstützung des Nord¬Sudans durch die USA und die Unterstützung des Süd¬Sudans durch die Sowjetunion während des Kalten Krieges, Bestrebungen des Nordens zur massiven Islamisierung des Landes, zahlreiche ethnische Konflikte vor allem im Süden und nicht zuletzt das
ökonomische Interesse an dem Zugang zu Ressourcen erhalten den Konflikt seit der Unabhängigkeit mit unterschiedlicher Intensität aufrecht. Die Unterzeichnung eines umfassenden Friedenabkommens (CPA) zwischen Khartum im Norden und der SPLM im Süden am 9. Januar 2005 beendete vorläufig den langen Konflikt zwischen Nord¬und Süd¬Sudan.

Die hohe Zahl der Kindersoldaten im Sudan, zeugt von der großen Intensität des Nord¬Süd¬Konfliktes. Kinder werden sowohl von staatlicher als auch von nichtstaatlicher Seite für Kampfeinsätze rekrutiert. Die Rekrutierung wird oftmals begünstigt durch die persönliche Situation des Kindes – Armut, Heimat¬und Familienlosigkeit oder das Bedürfnis des Kindes nach Schutz oder Rache können hierbei eine entscheidende Rolle spielen. Die Zwangsrekrutierung findet vor allem aus kriegstaktischen und finanziellen Gründen statt. Für Kinder werden weniger Verpflegungs¬und Materialkosten benötigt und sie lassen sich leichter manipulieren. Durch brutalen militärischen Drill sowie ideologische und religiöse Indoktrination werden die Kinder zu Soldaten ausgebildet, die blind ihrem Befehlshaber ergeben sind. Vor allem aber die lange Dauer des Konfliktes lässt die Zahl der Kindersoldaten wachsen. Mit der Zeit entwickeln sich kriegsökonomische Strukturen. Viele kennen nur das Leben des Kriegs¬und Krisenalltags, und durch die auszehrenden Jahre des Bürgerkrieges fehlt es an erwachsenen Rekruten. Der technologische Fortschritt bringt außerdem massive, leichtgewichtige und leicht zu handhabende Waffen hervor, deren Bedienung auch für Kinder möglich ist.

Der Konflikt im Sudan könnte jederzeit wieder aufflammen. Die ethnischen, kulturellen, religiösen und politischen Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen bestehen weiterhin. Auch wenn bewaffnete Konflikte weitgehend ausbleiben sollten, steht das Land vor großen Herausforderungen. Die Reintegration der Kindersoldaten ist eine von ihnen. Einen Ansatz zur Reintegration der Kindersoldaten bieten die sogenannten DDR-Programme (Disarmament, Demobilisation, Reintegration), die in drei aufeinander aufbauende Maßnahmen gegliedert sind:

  1. Entwaffnung: Einsammeln von Waffen im Konfliktgebiet, mit anschließender Verwahrung oder Zerstörung der Waffen
  2. Demobilisierung: begleitete und kontrollierte Entlassung der Kindersoldaten aus den bewaffneten Gruppen
  3. Reintegration: Rückkehr und Wiedereinführung der Kinder in ihre Familien und das zivile Leben Zusätzlich ist für die Kinder eine Traumabehandlung existentiell.

Oft werden lokal übliche Rituale zur Reintegration der Kinder in die Gemeinschaft durchgeführt. Wie zum Beispiel bei dem Stamm der Dinka Bahr el Ghazal. Das Ritual, bei dem ein Huhn, eine Ziege oder ein Stier geschlachtet wird, wird von einem „Speermann“ (beny bith in Dinka) geleitet. Das Kind soll dabei von den Geistern der Toten gereinigt werden, die es im Kampf auf sich geladen hat und die Gemeinschaft vor dem Zorn der Geister schützen. Rituale zur Aufnahme von ehemaligen Kindersoldaten sind hilfreich. Sie haben einen emotionalen und psychologischen Effekt, und die Kinder fühlen sich zugehörig und aufgenommen in die Gemeinschaft. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass Rituale allein nicht ausreichen das Leben eines Kindes vollständig zu stabilisieren. Zusätzlich müssen Berufs¬und Bildungsmaßnahmen eine Zukunftsperspektive geben. In Schulen oder Ausbildungsstätten erfahren sich Kinder als Teil der Schülergemeinschaft und werden zusätzlich sozial stabilisiert. Sie bekommen die Chance persönliche Talente und Fähigkeiten kennenzulernen und zu trainieren, was auch das Selbstwertgefühl steigern kann.

Im Sudan fehlen derartige Bildungseinrichtungen weitgehend und die Kinder werden mit ihrer Situation oft allein gelassen. Viele schließen sich Banden an, flüchten sich in Drogen, werden kriminell oder prostituieren sich. Der noch immer anhaltende Konflikt in Darfur, im Westen des Sudans, macht diese ehemaligen Kindersoldaten extrem anfällig für eine erneute Rekrutierung durch irreguläre bewaffnete Gruppen. Die Reintegration der Kindersoldaten ist eine der Voraussetzungen für ein Ende der Gewaltspirale im Sudan.

Abstract (eng)

The issue of child soldiers in contemporary times is overwhelming. It comes with incomprehensible consequences for those involved whether actively or passively. It is estimated that about 300, 000 children under the age of 18 are currently serving as child soldiers globally. Africa has been hardest hit by this phenomenon with more than 120,000 children under 18 years of age currently participating in armed conflicts across the continent, some no more than 7 or 8 years of age. However, Africa is not the only continent where children are involved in armed conflict. Research has revealed that up to a forth of the 300,000 children are found in the East Asia and Pacific region and many more have served as soldiers in countries no longer facing armed conflict. Ongoing conflicts in various parts of the world continue to pose a danger to the recruitment of children despite international outcry and legal instruments that forbid the exercise. It is reported that military recruitment of children (under¬18) and their use in hostilities still takes place in one form or another in at least 86 countries and territories worldwide. Despite the long period of conflict in the Sudan, the phenomenon of child soldiery has not sufficiently been delved into. Scholarly literature on the issue mostly covers African countries like Sierra Leone, Liberia, the Democratic Republic of Congo (DRC), Uganda (particularly northern Uganda), just to mention but a few. In the few occasions that Sudan is mentioned, it is to refer to various aspects of the conflict and usually the child soldier issue is pushed to the periphery.

In an attempt to cover this desideratum, this thesis examines the child soldier phenomenon in Sudan, particularly the reintegration of former child soldiers back into their respective communities. The thesis intends to examine different aspects of reintegration to provide in depth information on the process. Specifically, it aspires to answer the question why the reintegration of former child soldiers in Sudan is basically failing when its success is so fundamental to the future of the country especially if peace has to prevail.

Keywords (eng)
child soldierschild rightsSudan
Keywords (deu)
KindersoldatenKinderrechteSudan
Subject (deu)
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1268567
rdau:P60550 (deu)
XV, 90 S. : graph. Darst.
Number of pages
105
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