Abstract (deu)
Die Arbeit leistet einen Beitrag zur Diskussion über gegenwärtige Spiritualität im Kontext der Bildung. Besonderes Augenmerk wird der Bildungskonzeption der Religionspädagogischen Praxis gewidmet. Sie ist danke des Einsatzes von Franz Kett und Schwester Esther Kaufmann in den siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts in Deutschland entstanden und fand hohe Anerkennung vor allem im Elementarbereich.
Der Diskurs über gegenwärtige Spiritualität im theoretischen Teil der Arbeit reflektiert ihre gesellschaftliche Wahrnehmung, wie sie die Kulturanthropologin Arianne Martin analysierte, und die individuelle Ebene, die von dem Psychologen und Religionspädagogen Anton Bucher und vor allem von dem Biologen David Hay und der Psychologin Rebecca Nye erforscht wurden. Diese beiden Perspektiven – die gesellschaftliche und die individuelle – werden im Text um einen Blick in die tschechische Situation ergänzt.
Im empirischen Teil der Arbeit ist sie auf die qualitative Inhaltsanalyse der Einleitungstexte der Zeitschrift „Religionspädagogischen Praxis“ zu den Themen Mitte, Abraham und Kreuz ausgerichtet. Die Methode der Analyse folgt den Schritten von Philipp Mayring.
In der Zusammenfassung der Arbeit werden die Kriterien der gegenwärtigen Spiritualität reflektiert, wie sie in dem Diskurs aufgetaucht sind, mit denen durch die qualitative Inhaltsanalyse gewonnen Kategorien. Sollte man – wenn auch etwas vereinfachend – die gegenwärtige Spiritualität charakterisieren, käme man zu den folgenden drei Charakteristiken.
Die gegenwärtige Spiritualität wird charakterisiert durch:
- Unterwegs zu eigenem Selbst (Selbstsuche und Selbstfindung, Reise zu sich selbst, Ariane Martin)
- Unterwegs mit den anderen in der Welt (In-der-Welt- und Mit-der-Welt-Sein, Verbundenheit, Anton Bucher)
- Unterwegs in den Beziehungen (Werden durch Bewusstsein von In-Beziehung-stehen, relational consciousness, David Hay – Rebecca Nye)
Die qualitative Inhaltsanalyse der Religionspädagogischen Praxis zeigte vor allem die vier öfters auftauchenden Kategorien – anthropologische, existenzielle, symbolische und theologische – die ihre Grundlage bilden. Diese Kategorien entsprechen von ihrem Inhalt her auch dem, dass es sich um eine Bildungskonzeption handelt.
Der Mensch wird in den Texten mit seiner inneren Welt wahrgenommen, und in seinem Inneren begegnet er dem Anderen, dem, was nicht er selber ist. Es wächst im Menschen eine Sehnsucht, sich selbst zu übersteigen, zu transzendieren. Die menschliche Potenzialität des Sich-Transzendierens wird auf der anderen Seite als beschenktes Dasein, das selbst als Geschenk angenommen wird, betrachtet. So die anthropologische und existenzielle Perspektive. Der symbolische Aspekt ermöglicht es, der Außenwelt zu begegnen, sodass man in seiner inneren Welt das Leben neu erfassen und gestalten kann. Die symbolische Sensibilität ermöglicht die Reziprozität von innerer und äußerer Welt. Wobei immer die Ambivalenz des Lebens im Blick behalten wird. Mit Blick auf die theologische Sicht sieht man in diesem geschenkten und aus sich heraussteigenden Dasein eine Dynamik der Beziehung des Menschen mit dem, was er nicht selber ist. In einer neuen Form erkennt man dadurch sich selber, und es wird auch die Möglichkeit gelassen, Gott zu begegnen.
Anhand der Ergebnisse werden relevante Handlungsoptionen vorgeschlagen. Die Religionspädagogische Praxis stellt im Thema „Spiritualität“ ein Bildungskonzept dar, das vermag:
- in der Daseinsbejahung den Lebenssinn zu entdecken und eigene Identität aufzubauen.
- im gestalterischen Umgang mit den Symbolen die enge Beziehung von innerer und äußerer Welt zu thematisieren und zum Ausdruck zu bringen.
- im Erzählen der Geschichten den Raum für eigene Fragen offen zu lassen und explizit-religiöse Inhalte mitzuteilen.
- in der Beziehung zur Welt (Mitwelt und Umwelt) die Begegnung mit einem letzten Sinn- und Seinsgrund zu erschließen und den Eigenwert erfahren zu lassen.
Um mit der Religionspädagogischen Praxis-Zeitschrift bezüglich des Themas „Spiritualität“ entsprechend umzugehen, heißt es während dem Bildungsvorgang vor allem auf die Beziehungen den Wert zu legen und ihnen Raum zu gestatten, die vorgeschlagenen Aktivitäten dann vornehmlich mit dieser Haltung wahrzunehmen und umzusetzen.
Wird die gegenwärtige Spiritualität durch ein Unterwegssein zum eigenen Selbst und mit den anderen in der Welt und durch ein unterwegs sein in den Beziehungen charakterisiert, dann bildet die Bildungskonzeption der Religionspädagogischen Praxis einen entsprechenden Raum, in dem sie Menschen in diesem Sinne begleitet, damit sie ihre Spiritualität leben können. Die Spiritualität ist all das, was der Mensch erfordert und was ihn herausfordert, um in seinem Leben zur Fülle zu gelangen, um im Dasein der zu werden, der man werden soll.