Diese Arbeit setzt sich mit dem Schweigen und der Stille als ästhetisch-dramaturgischen Kategorien im Film auseinander. Dabei sind folgende zwei Fragen von Bedeutung: Wann und wo wird Schweigen/Stille im Film eingesetzt? Mit welcher Funktion und mit welcher Wirkung auf die Rezipienten geschieht das?
Im Kapitel 2 werden das Schweigen und die Stille im allgemeinen sprachwissenschaftlichen und gesellschaftlichen Kontext untersucht. Schweigen erweist sich hierbei meist als kommunikatives Schweigen. Es ist fast unmöglich nicht zu kommunizieren. Ausgehend von Theorien über Filmsprache und gesprochene Sprache im Film werden im Analyseteil ausgewählte Filme untersucht. Die Filmanalyse startet mit Kapitel 4 und stellt den Hauptteil der Arbeit dar. Dass das Schweigen auch schon im Stummfilm untersucht werden kann, zeigt die Analyse von The Kid von Charles Chaplin. Da die Gespräche im Film visuell sichtbar sind, ist auch deutlich zu erkennen, wann und wo nicht gesprochen wird. Die verbale Sprache, auch wenn sie nur zu sehen ist und nicht zu hören, kommt also auch im Stummfilm zum Stillstand, im Gegensatz zur Körpersprache, welche im Stummfilm immer in Bewegung ist. Weiters wurden die Filme Das Schweigen und Persona von Ingmar Bergman untersucht. Hier versagt die Kommunikation ständig. Sprachlosigkeit geht einher mit Einsamkeit. „Die Schweigenden“ werden durch Nahaufnahmen in Szene gesetzt. Mimik und Gestik kommunizieren mehr als das Wort. Von Alfred Hitchcock wurden die Filme The Birds und Vertigo untersucht. Hier werden die Konflikte stumm ausgetragen. Stille Szenen sorgen für Spannung. Die Körpersprache der Protagonisten sagt meist mehr aus als deren Worte. In 2001 von Stanley Kubrick versagt die Kommunikation gänzlich. Es wird kaum gesprochen und wenn gesprochen wird, dann nur in Floskeln. Kubrick will dadurch die Überflüssigkeit der Worte im Jahr 2001 darstellen. Auch in Michael Hanekes Filmen Caché und Das weiße Band versagt die Kommunikation komplett. Stille Szenen sind prägend. Die Kinder setzen sich mit ihrem Schweigen zur Wehr. Hanekes Kameraführung ist ruhig und sehr statisch. Die Stille und das Schweigen in den untersuchten Filmen haben meist etwas Bedrückendes an sich, aber zugleich auch etwas unheimlich Faszinierendes. In allen Filmen wird Schweigen gezielt eingesetzt, es ist die Kunst ohne Hilfe eines Dialoges eine bestimmte dramatische Atmosphäre zu schaffen und den Zuschauer zu lenken. Etwas mit Worten zu erklären, ist in einem Film leicht, aber etwas durch Schweigen und Stille verständlich zu machen, bedarf einer großen Begabung des Regisseurs. Die Dramaturgie des Schweigens ist im weitesten Sinne stets Ausdruck des Misstrauens, der Skepsis der Sprache gegenüber. Erst im Schweigen offenbaren sich die Figuren wie sie wirklich sind, erst die Stille lässt uns die drohende Katastrophe erahnen. Schweigen wird somit zur universellen Sprache. Das gesprochene Wort verblasst im Vergleich zum Schweigen, das Inhalte vermitteln kann ohne die Sprache als Mittel zu benutzen.
This thesis deals with silence and stillness and how they are used as aesthetical and dramaturgical elements in films. In this respect, the following two questions are of importance: When and where are silence and stillness used in films? Why are they used to affect the recipients and what are their effects?
Chapter 2 analyses silence and stillness in their general linguistic and social context: Silence turns out to be mostly communicative silence, as it is almost impossible not to communicate. Based upon theories on cinematic language and spoken language in films, selected films are analysed in the major part of this thesis, starting with chapter 4.
The analysis of Charles Chaplin’s The Kid shows that silence can already be examined in silent films. As conversations are visible in films, their abscence can be recognized too. Verbal language, even though it can only be seen and not heard, comes to a standstill in silent films too, in contrast to body language, which always remains in motion.
Furthermore, Ingmar Bergman’s The Silence (Das Schweigen) and Persona are analysed: Here, communication fails constantly; loneliness is accompanied by speechlessness. “The silent ones” are filmed in close-up views. Gestures and facial expressions convey more than words.
In Alfred Hitchcock’s The Birds and Vertigo, conflicts are settled in silence: Silent scenes create tension. Almost always, the actors’ body language expresses more than their words. In Stanley Kubrick’s 2001 communication fails completely: There is hardly any talking, and if there is any, it is reduced to empty phrases. By this, Kubrick wants to depict the superflousness of words in the year 2001.
In Michael Haneke’s Caché and Das weiße Band (The White Ribbon), communication also fails totally. Silent scenes are formative. The children use their silence to defend themselves. Haneke’s camera work is calm and very static.
In the analysed films, there is almost always something depressing about silence and stillness, but at the same time also something eerily fascinating. In all films, silence is used purposefully, it manages to create a certain dramatic atmosphere and to guide the audience, without the help of a dialogue. In a film, it is easy to explain something through words, but it takes a very talented director to convey something through silence and stillness. In the broadest sense, the dramaturgy of silence is always an expression of distrust, of scepticism about language. It is only in silence that the characters reveal their true identity, and only stillness lets us sense an imminent disaster. Silence turns into a universal language. The spoken word pales in comparison to silence, which is able to convey something without the help of speech.
Diese Arbeit setzt sich mit dem Schweigen und der Stille als ästhetisch-dramaturgischen Kategorien im Film auseinander. Dabei sind folgende zwei Fragen von Bedeutung: Wann und wo wird Schweigen/Stille im Film eingesetzt? Mit welcher Funktion und mit welcher Wirkung auf die Rezipienten geschieht das?
Im Kapitel 2 werden das Schweigen und die Stille im allgemeinen sprachwissenschaftlichen und gesellschaftlichen Kontext untersucht. Schweigen erweist sich hierbei meist als kommunikatives Schweigen. Es ist fast unmöglich nicht zu kommunizieren. Ausgehend von Theorien über Filmsprache und gesprochene Sprache im Film werden im Analyseteil ausgewählte Filme untersucht. Die Filmanalyse startet mit Kapitel 4 und stellt den Hauptteil der Arbeit dar. Dass das Schweigen auch schon im Stummfilm untersucht werden kann, zeigt die Analyse von The Kid von Charles Chaplin. Da die Gespräche im Film visuell sichtbar sind, ist auch deutlich zu erkennen, wann und wo nicht gesprochen wird. Die verbale Sprache, auch wenn sie nur zu sehen ist und nicht zu hören, kommt also auch im Stummfilm zum Stillstand, im Gegensatz zur Körpersprache, welche im Stummfilm immer in Bewegung ist. Weiters wurden die Filme Das Schweigen und Persona von Ingmar Bergman untersucht. Hier versagt die Kommunikation ständig. Sprachlosigkeit geht einher mit Einsamkeit. „Die Schweigenden“ werden durch Nahaufnahmen in Szene gesetzt. Mimik und Gestik kommunizieren mehr als das Wort. Von Alfred Hitchcock wurden die Filme The Birds und Vertigo untersucht. Hier werden die Konflikte stumm ausgetragen. Stille Szenen sorgen für Spannung. Die Körpersprache der Protagonisten sagt meist mehr aus als deren Worte. In 2001 von Stanley Kubrick versagt die Kommunikation gänzlich. Es wird kaum gesprochen und wenn gesprochen wird, dann nur in Floskeln. Kubrick will dadurch die Überflüssigkeit der Worte im Jahr 2001 darstellen. Auch in Michael Hanekes Filmen Caché und Das weiße Band versagt die Kommunikation komplett. Stille Szenen sind prägend. Die Kinder setzen sich mit ihrem Schweigen zur Wehr. Hanekes Kameraführung ist ruhig und sehr statisch. Die Stille und das Schweigen in den untersuchten Filmen haben meist etwas Bedrückendes an sich, aber zugleich auch etwas unheimlich Faszinierendes. In allen Filmen wird Schweigen gezielt eingesetzt, es ist die Kunst ohne Hilfe eines Dialoges eine bestimmte dramatische Atmosphäre zu schaffen und den Zuschauer zu lenken. Etwas mit Worten zu erklären, ist in einem Film leicht, aber etwas durch Schweigen und Stille verständlich zu machen, bedarf einer großen Begabung des Regisseurs. Die Dramaturgie des Schweigens ist im weitesten Sinne stets Ausdruck des Misstrauens, der Skepsis der Sprache gegenüber. Erst im Schweigen offenbaren sich die Figuren wie sie wirklich sind, erst die Stille lässt uns die drohende Katastrophe erahnen. Schweigen wird somit zur universellen Sprache. Das gesprochene Wort verblasst im Vergleich zum Schweigen, das Inhalte vermitteln kann ohne die Sprache als Mittel zu benutzen.
This thesis deals with silence and stillness and how they are used as aesthetical and dramaturgical elements in films. In this respect, the following two questions are of importance: When and where are silence and stillness used in films? Why are they used to affect the recipients and what are their effects?
Chapter 2 analyses silence and stillness in their general linguistic and social context: Silence turns out to be mostly communicative silence, as it is almost impossible not to communicate. Based upon theories on cinematic language and spoken language in films, selected films are analysed in the major part of this thesis, starting with chapter 4.
The analysis of Charles Chaplin’s The Kid shows that silence can already be examined in silent films. As conversations are visible in films, their abscence can be recognized too. Verbal language, even though it can only be seen and not heard, comes to a standstill in silent films too, in contrast to body language, which always remains in motion.
Furthermore, Ingmar Bergman’s The Silence (Das Schweigen) and Persona are analysed: Here, communication fails constantly; loneliness is accompanied by speechlessness. “The silent ones” are filmed in close-up views. Gestures and facial expressions convey more than words.
In Alfred Hitchcock’s The Birds and Vertigo, conflicts are settled in silence: Silent scenes create tension. Almost always, the actors’ body language expresses more than their words. In Stanley Kubrick’s 2001 communication fails completely: There is hardly any talking, and if there is any, it is reduced to empty phrases. By this, Kubrick wants to depict the superflousness of words in the year 2001.
In Michael Haneke’s Caché and Das weiße Band (The White Ribbon), communication also fails totally. Silent scenes are formative. The children use their silence to defend themselves. Haneke’s camera work is calm and very static.
In the analysed films, there is almost always something depressing about silence and stillness, but at the same time also something eerily fascinating. In all films, silence is used purposefully, it manages to create a certain dramatic atmosphere and to guide the audience, without the help of a dialogue. In a film, it is easy to explain something through words, but it takes a very talented director to convey something through silence and stillness. In the broadest sense, the dramaturgy of silence is always an expression of distrust, of scepticism about language. It is only in silence that the characters reveal their true identity, and only stillness lets us sense an imminent disaster. Silence turns into a universal language. The spoken word pales in comparison to silence, which is able to convey something without the help of speech.