Abstract (deu)
Grünpflanzen spielten in der menschlichen Evolution aus mehreren Gründen eine wichtige Rolle: Sie dienten selbst als Nahrung und als Indikator für weitere Beute, Wasser und Unterschlupf. Diese ökologische Relevanz formte die menschliche Wahrnehmung und Gehirnfunktionen, weshalb auch heute beim modernen Menschen noch eine positive Anpassung daran zu finden ist, genannt Phytophilie, die sich in positiven emotionalen und physiologischen Reaktionen auf natürliche Umgebungen zeigt. Das menschliche Gehirn kann natürliche Umgebungen besser verarbeiten als urbane und braucht dort daher weniger Verarbeitungskapazität. Grünpflanzen können auch den Stress beim Betrachter reduzieren und somit den kognitiven Apparat entlasten. Dies wurde in einer Studie bestätigt, in der Prüflinge in Anwesenheit von Pflanzen schneller und effektiver arbeiteten, als ohne Pflanzen im Raum. Außerdem bewerteten diese Prüflinge das Arbeitsklima in bepflanzten Räumen besser.
In unserer Studie untersuchten wir die Testergebnisse von Prüflingen der theoretischen Führerscheinprüfung unter drei verschiedenen Versuchskonditionen: es wurden (1) natürliche Pflanzen, (2) künstliche Pflanzen oder (3) grüne Modellautos als nicht natürlicher Stimulus neben den Computerbildschirmen platziert. Da gezeigt wurde, dass der positive Effekt von natürlichen Umgebungen auch nur durch das reine Betrachten wirken kann, wurden keine Unterschiede zwischen den natürlichen und künstlichen Grünpflanzen erwartet. Außerdem wurden den Prüflingen kurz vor und nach der Prüfung Speichelproben zur Messung des Cortisols als physiologischer Stressindikator entnommen. Nach der Prüfung beantworteten die Probanden einen Fragebogen über die Raumwahrnehmung, den Versuchsaufbau und die momentane Gestimmtheit.
Wir fanden, dass Prüflinge der theoretischen Führerscheinprüfung das Raumklima mit natürlichen oder künstlichen Pflanzen im Raum besser bewerteten als ohne. Bei der kognitiven Leistung, gemessen an den Prüfungsergebnissen, bei der Stresshormonkonzentration der Probanden vor und nach der Prüfung und bei der aktuellen Stimmung konnte keine Verbesserung mit Pflanzen im Raum gezeigt werden.
Pflanzen verbessern die Raumwahrnehmung, in unserer Erinnerung erscheint ein bepflanzter Raum freundlicher, angenehmer, gemütlicher und schöner. Dies stimmt überein mit der Phytophilie-Hypothese. Das Fehlen des Effektes der Raumdekoration auf die Prüfungsleistung könnte damit zusammenhängen, dass die theoretische Führerscheinprüfung mehr intensives Lernen als hohe Kreativität verlangt. Während das einfache Wiederaufrufen von Fakten nicht von Pflanzen beeinflusst sein dürfte, könnte dies sehr wohl für komplexes Denken und Kreativität gelten.