Abstract (deu)
Durch den Prozess der Migration werden Erfahrungsgewinne in vielerlei Hinsicht möglich, einer davon stellt die migrationsbedingte Mehrsprachigkeit dar. Bildung wird in unserer globalisierten und kapitalisierten Welt des ständigen Wettbewerbs als essentieller Faktor zur Förderung von Entwicklung gesehen. Mehrsprachige Kompetenzen als Form von Kapital tragen daher wesentlich zur Erhöhung des Bildungsniveaus bei. Bildung und somit auch das mehrsprachige Kapital von MigrantInnen bietet das Potential, die Teilnahme an gesellschaftlichen Prozessen zu anzuheben. Dadurch werden die eigenen Verwirklichungschancen erweitert, sowie die Möglichkeit erhöht, Entwicklungsprozesse in den Herkunftsländern von MigrantInnen zu beeinflussen.
Das sprachliche Kapital mehrsprachiger MigrantInnen setzt sich aus der kommunikatorischen und der sozialen Funktion zusammen. Die Höhe ihrer mehrsprachigen Kompetenzen erweitert den Handlungsradius (kommunikatorische Funktion), während durch Sprache die Zugehörigkeit zu einer Gruppe realisierbar und diese Zugehörigkeit durch den sprachlichen Habitus sichtbar wird (soziale Funktion).
MigrantInnen verändern ihre identitären Strukturen, wenn sie ihre Herkunftskultur beibehalten können, während sie die Aufnahmekultur annehmen. Dadurch bilden sie multilinguale, hybride Identitäten aus, die in Zusammenhang mit weiteren Faktoren die Höhe ihres mehrsprachigen Kapitals beeinflussen. Diese Faktoren bestehen zum Beispiel aus der eigenen Einstellung und Fremdwahrnehmung gegenüber ihren mehrsprachigen Kompetenzen (Sprachbewusstsein), oder dem Besitz verschiedener Kapitalarten (kulturelles, ökonomisches, soziales, emotionales und symbolisches Kapital).
Da die soziale Funktion des sprachlichen Kapitals von MigrantInnen oftmals eine Mitgliedschaft in Migrantenorganisationen oder einem ausgedehnten Netzwerk impliziert, ist eine potenzielle Multiplikation der Akquirierung und Reproduktion von Ressourcen bzw. Kapitalarten erreichbar.
In Zeiten global agierender Konzerne, der stetigen Weiterentwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien, des globale Konsums von Massenmedien und eines weltumspannenden Massentourismus, werden neue ‚transnationale soziale Räume‘ geschaffen, in denen die Lebenswelten von Herkunfts- und Aufnahmeländer miteinander verbunden und gleichzeitig multidimensional erweitert werden. Dadurch, und durch die Rolle des mehrsprachigen Kapitals transnationaler MigrantInnen werden soziale, wirtschaftliche, politische, religiöse und kulturelle Aktivitäten realisierbar, die eine Beeinflussung sowohl der Aufnahmegesellschaft, als auch der Herkunftsgesellschaft ermöglichen. Die Beeinflussung von Entwicklungsprozessen im Herkunftsland rückt dadurch in den Bereich des Machbaren.