In den meisten ökonomischen Theorien des menschlichen Entscheidungsverhaltens
spielten Konstrukte wie Fairness oder soziale Beziehungen, wenn überhaupt, dann
nur eine geringe Rolle. Die Bereiche der so genannten “Behavioral Economics” und
der Neuroökonomie versuchen Psychologie und Ökonomie zu vereinen und betonen
die Wichtigkeit psychologischer Konstrukte für ökonomische Theorien. Die
vorliegende Studie versuchte den Einfluss von sozialem Kontext und Fairness
(besonders gegenüber Dritten) auf das Entscheidungsverhalten und ihre
Repräsentation im menschlichen ereigniskorrelierten Potential zu ergründen. Dies
sollte durch das Aufzeichnen des EEG von Versuchspersonen, während diese das
sogenannte Güth van Damme Spiel spielten, erreicht werden. Das Spiel wurde in
zwei Kontexten vorgegeben: Im ersten Durchgang spielten die Versuchspersonen
durchgehend als Responder, während sie im zweiten kontinuierlich die Rolle mit dem
Dummy wechselten.
Die Ergebnisse auf Verhaltensebene zeigten einen Anstieg der Akzeptanzraten für
Responder-unfaire/Dummy-faire Angebote vom ersten zum zweiten Durchgang (von
17% auf 31%). Die Analyse der ereigniskorrelierten Potentiale zeigte für die P200
eine Veränderung des Amplitudenmusters zwischen den Durchgängen, wobei im
ersten Durchgang höhere Amplituden für gleiche als für ungleiche Angebote und im
zweiten Durchgang für Dummy-unfaire als für Dummy-faire Angebote ausgelöst
wurden. Dieses Ergebnis kann entweder als Verschiebung von
Aufmerksamkeitsressourcen, die von Gleichheit im ersten Durchgang zu
strategischen Erwägungen im zweiten Durchgang wanderten, interpretiert werden,
oder als frühe Ergebnisbewertung, wobei in diesem Fall im ersten Durchgang
Gleichheit und im zweiten Durchgang Dummy-unfaire Angebote einen „Gewinn“
darstellen würden (aufgrund der strategischen Relevanz des Dummy). Die
Amplituden der MFN und der P300 zeigten nur im zweiten Durchgang signifikante
Unterschiede zwischen den Angebotsarten. Die MFN wies dieselben Unterschiede
wie die P200 auf, was als negative Codierung der Dummy-unfairen Angebote
gedeutet wurde, da diese sich auf die späteren Entscheidungen des Dummy
73
auswirken konnten. Die P300 zeigte signifikant höhere Amplituden bei fair/fairen
Angeboten, was die positive Wertigkeit dieser Angebotsart anzudeuten schien. Die
nicht signifikanten Ergebnisse im ersten Durchgang können als Effekt der geringeren
Involviertheit im ersten Durchgang und der eingeschränkten Angebotsstruktur erklärt
werden. Den vorliegenden Resultaten zufolge hat der soziale Kontext einen großen
Einfluss auf Fairness gegenüber Dritten und ökonomisches Entscheidungsverhalten,
was sich sowohl im ereigniskorrelierten Potential als auch im Verhalten äußert.
In economic theories of human decision-making, fairness and social concerns played
a marginal or non-existent role for a long time. Behavioral economics and
Neuroeconomics make the attempt to integrate the fields of psychology and
economics and emphasize the influence of psychological constructs on economic
theories. The present study tried to elucidate the importance of social context and
fairness (especially other-regarding fairness) for decision-making and their
representation in the human event-related potential by monitoring the human EEG
while playing the Güth van Damme game (an extended Ultimatum Game) in two
social contexts. Therefore the experiment was splitted in two parts: In the first run,
subjects remained in the responder role all the time, while in the second run they
continually switched positions with the dummy player. Behavioral measures showed
an increased acceptance rate for responder-unfair/dummy-fair offers in the second
run in comparison to the first run (17% vs. 31%). ERP analyses revealed a change of
P200 amplitude pattern between runs, with higher amplitudes for equal than for
unequal offers in the first run, and for dummy-unfair offers in the second run. This can
be interpreted in terms of allocation of attentive resources, shifted from equity in the
first run to strategic evaluations in the second run, or in terms of an early assessment
of outcomes, where a “gain” was defined as “equity” in the first run, but as “dummyunfair
offer” in the second run (because of the dummy's strategic relevance and the
established competition). MFN and P300 amplitudes differed significantly only in the
second run. The MFN showed a second-run pattern similar to the P200. This was
taken to mean a negative coding of those events because of their strategic meaning
for the dummy's later decisions. The P300 showed much higher values for equally fair
offers than for any other offer-type, seemingly indicating the positive valence of those
offers. Non-significant results of MFN and P300 in the first run were interpreted as an
effect of the lower involvement in the first run and the limited structure of offers.
According to these results, a major effect of social context on other-regarding fairness
and economic decision-making, mirrored in the human event-related potential and in
behavioral data, can be assumed.
In den meisten ökonomischen Theorien des menschlichen Entscheidungsverhaltens
spielten Konstrukte wie Fairness oder soziale Beziehungen, wenn überhaupt, dann
nur eine geringe Rolle. Die Bereiche der so genannten “Behavioral Economics” und
der Neuroökonomie versuchen Psychologie und Ökonomie zu vereinen und betonen
die Wichtigkeit psychologischer Konstrukte für ökonomische Theorien. Die
vorliegende Studie versuchte den Einfluss von sozialem Kontext und Fairness
(besonders gegenüber Dritten) auf das Entscheidungsverhalten und ihre
Repräsentation im menschlichen ereigniskorrelierten Potential zu ergründen. Dies
sollte durch das Aufzeichnen des EEG von Versuchspersonen, während diese das
sogenannte Güth van Damme Spiel spielten, erreicht werden. Das Spiel wurde in
zwei Kontexten vorgegeben: Im ersten Durchgang spielten die Versuchspersonen
durchgehend als Responder, während sie im zweiten kontinuierlich die Rolle mit dem
Dummy wechselten.
Die Ergebnisse auf Verhaltensebene zeigten einen Anstieg der Akzeptanzraten für
Responder-unfaire/Dummy-faire Angebote vom ersten zum zweiten Durchgang (von
17% auf 31%). Die Analyse der ereigniskorrelierten Potentiale zeigte für die P200
eine Veränderung des Amplitudenmusters zwischen den Durchgängen, wobei im
ersten Durchgang höhere Amplituden für gleiche als für ungleiche Angebote und im
zweiten Durchgang für Dummy-unfaire als für Dummy-faire Angebote ausgelöst
wurden. Dieses Ergebnis kann entweder als Verschiebung von
Aufmerksamkeitsressourcen, die von Gleichheit im ersten Durchgang zu
strategischen Erwägungen im zweiten Durchgang wanderten, interpretiert werden,
oder als frühe Ergebnisbewertung, wobei in diesem Fall im ersten Durchgang
Gleichheit und im zweiten Durchgang Dummy-unfaire Angebote einen „Gewinn“
darstellen würden (aufgrund der strategischen Relevanz des Dummy). Die
Amplituden der MFN und der P300 zeigten nur im zweiten Durchgang signifikante
Unterschiede zwischen den Angebotsarten. Die MFN wies dieselben Unterschiede
wie die P200 auf, was als negative Codierung der Dummy-unfairen Angebote
gedeutet wurde, da diese sich auf die späteren Entscheidungen des Dummy
73
auswirken konnten. Die P300 zeigte signifikant höhere Amplituden bei fair/fairen
Angeboten, was die positive Wertigkeit dieser Angebotsart anzudeuten schien. Die
nicht signifikanten Ergebnisse im ersten Durchgang können als Effekt der geringeren
Involviertheit im ersten Durchgang und der eingeschränkten Angebotsstruktur erklärt
werden. Den vorliegenden Resultaten zufolge hat der soziale Kontext einen großen
Einfluss auf Fairness gegenüber Dritten und ökonomisches Entscheidungsverhalten,
was sich sowohl im ereigniskorrelierten Potential als auch im Verhalten äußert.
In economic theories of human decision-making, fairness and social concerns played
a marginal or non-existent role for a long time. Behavioral economics and
Neuroeconomics make the attempt to integrate the fields of psychology and
economics and emphasize the influence of psychological constructs on economic
theories. The present study tried to elucidate the importance of social context and
fairness (especially other-regarding fairness) for decision-making and their
representation in the human event-related potential by monitoring the human EEG
while playing the Güth van Damme game (an extended Ultimatum Game) in two
social contexts. Therefore the experiment was splitted in two parts: In the first run,
subjects remained in the responder role all the time, while in the second run they
continually switched positions with the dummy player. Behavioral measures showed
an increased acceptance rate for responder-unfair/dummy-fair offers in the second
run in comparison to the first run (17% vs. 31%). ERP analyses revealed a change of
P200 amplitude pattern between runs, with higher amplitudes for equal than for
unequal offers in the first run, and for dummy-unfair offers in the second run. This can
be interpreted in terms of allocation of attentive resources, shifted from equity in the
first run to strategic evaluations in the second run, or in terms of an early assessment
of outcomes, where a “gain” was defined as “equity” in the first run, but as “dummyunfair
offer” in the second run (because of the dummy's strategic relevance and the
established competition). MFN and P300 amplitudes differed significantly only in the
second run. The MFN showed a second-run pattern similar to the P200. This was
taken to mean a negative coding of those events because of their strategic meaning
for the dummy's later decisions. The P300 showed much higher values for equally fair
offers than for any other offer-type, seemingly indicating the positive valence of those
offers. Non-significant results of MFN and P300 in the first run were interpreted as an
effect of the lower involvement in the first run and the limited structure of offers.
According to these results, a major effect of social context on other-regarding fairness
and economic decision-making, mirrored in the human event-related potential and in
behavioral data, can be assumed.