Abstract (deu)
Nach einer Verletzung oder für die Erhaltung von Geweben benutzen adulte Organismen oft Mechanismen wie Zellteilung und Differenzierung, die auch während der embryonalen Entwicklung genutzt werden. Wenn die Kontrolle solcher Mechanismen zum Beispiel durch Mutationen gestört wird kann es zu abnormaler Zellteilung und Tumorbildung kommen. Die Entwicklung des Nervensystems der Fruchtfliege Drosophila melanogaster ist ein exzellentes Modellsystem um die Mechanismen, die während der Entwicklung ablaufen zu verstehen. Neuronale Stammzellen, die Neuroblasten genannt werden, teilen sich asymmetrisch und stellen damit die vielen tausend Neurone des erwachsenen Fliegengehirns her. Während einer asymmetrischen Zellteilung verteilen Neuroblasten bestimmte spezialisierte Proteine an die gegenüberliegenden Pole der Zellmembran. Nach der Zytokinese unterscheiden sich die zwei Tochterzellen in ihrer Proteinzusammensetzung und Zellgröße. Die große Tochterzelle bleibt Stammzelle und wächst und teilt sich weiter. Die kleinere Tochterzelle, die Ganglion Mutter Zelle genannt wird, teilt sich ein weiteres Mal in zwei differenzierte Neurone. Das Larvengehirn hat eine große Anzahl an sich teilenden Zellen und Probleme bei der Kontrolle von asymmetrischer Proteinverteilung, Differenzierung und Teilungsrate können zur Tumorbildung führen. Versteht man nun die Prozesse, die während der Entwicklung von Neuroblasten in der Taufliege Drosophila melanogaster ablaufen, kann das zur Aufklärung von Tumorentstehung beitragen.
Das Ziel meiner Dissertation war es neue Faktoren zu finden, die Teilungsrate und asymmetrische Zellteilung im zentralen Nervensystem der Taufliegen beeinflussen. Zu diesem Zweck wurde ein genom-weiter RNAi Screen im larvalen Hirn durchgeführt. Es wurden 620 Gene gefunden, die an der Regulierung von Neuroblasten beteiligt sind. Von diesen sind 18 Gene notwendig um die korrekte Teilung der Neuroblasten sicher zustellen und ihr Verlust führt zu einer abnormalen vermehrten Teilung der Neuroblasten. Neben den bekannten Prozessen, die in asymmetrischer Zellteilung involviert sind, hat die bioinformatische Analyse Spleißen und transkriptionelle Elongation als weitere Schlüsselprozesse in der Entwicklung von Neuroblasten identifiziert. Der Screen liefert damit die Basis für weitere Studien. In einem zweiten Projekt wurde parallel der epigenetische Regulator lethal (3) malignant brain tumor (l(3)mbt) untersucht. Der Verlust von l(3)mbt führt zu tumorartigem Überwachsen des Larvengehirns. Die Analyse des Phänotyps führte zu der Schlußfolgerung, daß L(3)mbt die Teilung von Neuroepithelien in den optischen Anlagen des Larvengehirns reguliert. L(3)mbt stellt dabei sicher, dass die Zielgene des Salvador-Warts-Hippo Signalweges und Komponenten des JAK/STAT Signalweges korrekt exprimiert werden. Zudem wurden die genomweiten Bindungsstellen von L(3)mbt mittels Chromatinimmunopräzipitation und anschließender Sequenzierung bestimmt. Diese Analyse ergab, daß L(3)mbt an Insulator Elemente bindet und legt nahe, daß L(3)mbt ein Insulator Protein ist.
Der Screen hat damit Prozesse identifiziert die parallel oder „downstream“ von asymmetrischer Zellteilung die Teilung und Differenzierung von neuronalen Stammzellen regulieren. Somit wurden wichtige Einstiegspunkte für weitere Untersuchungen zur Entwicklung des Nervensystems geschaffen. Im Zuge des L(3)mbt Projektes wurde die Rolle des Salvador-Warts-Hippo Signalweges während der Entwicklung des Neuroepithels charakterisiert. Es wurde gezeigt, daß die Deregulierung von Entwicklungsprozessen in Neuroepithelien zur Bildung von Hirntumoren führen kann. Außerdem konnte L(3)mbt, welches in Vertebraten konserviert ist, eine Funktion als Insulator Protein zugewiesen werden.