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Title (deu)
Gegenkulturelle Konzepte in der bildenden Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts
Author
Gerald Zagler
Adviser
Martina Pippal
Assessor
Martina Pippal
Abstract (deu)
Laut eines Zeitungsartikels im englischen Guardian schafft der Street-Art-Künstler Banksy den Spagat zwischen der kommerziellen, der künstlerischen und der Straßenwelt. Genau diese Schnittstellen und die damit verbundenen Widersprüche stehen am Beginn dieser Arbeit. Wenn Banksy etwa meint: “Maybe one day graffiti art will hang in lots of museums and be viewed in the same way as other modern art, although personally I hope it never sinks that low.”, stellt sich die Frage, woher diese Ablehnung kommt und was genau dahinter steckt. Ist es bloß jugendlicher Trotz oder steht die Street-Art-Szene mit ihrer institutionskritischen Haltung in einer kunst- und kulturgeschichtlichen Tradition? Auf der Suche nach Parallelen entpuppt sich die Kritik an den gesellschaftspolitischen Veränderungen, die das Zeitalter der Moderne mit sich brachte als roter Faden, der die avantgardistischen Kunstströmungen über das 20. Jahrhundert hinweg verbindet. Der von der Industrialisierung bzw. dem Kapitalismus getragene Materialismus, der alle Lebensbereiche durchdringt, wurde von den Vertretern des Dadaismus, Surrealismus und Situationismus als kühl und menschenfeindlich wahrgenommen. Das Museum als Institution und legitimatorische Instanz sah man als Ursache des vorherrschenden Elitarismus im Kunstbetrieb und darüber hinaus als Ursache für den Funktionsverlust von Kunst. Die Avantgarden waren in diesem Sinn als Bewegungen zu verstehen, die in erster Linie die Rückführung der Kunst in eine neue Lebenspraxis anstrebten. War es Josef Beuys, der mit seinem erweiterten Kunstbegriff die Grenzen zwischen Museum und Alltag von innen öffnen wollte, so entstand zur gleichen Zeit, ab den 1970er-Jahren, in den Straßen eine neue Bildkultur die außerhalb musealer Rahmenbedingungen den Kunstbegriff für sich beanspruchte. Alte Formen eines gegenkulturellen Ausdrucks wie etwa die Zweckentfremdung visueller Objekte und die Kritik am Museum finden auch in der Street Art ihre Anwendung. Zu hinterfragen ist allerdings, inwiefern die traditionelle Institutionskritik in der heutigen Zeit noch aktuell ist. Kunst und Kommerz sind mehr denn je untrennbare Begriffe einer „Visual Industry“, der sich auch die normgebenden Institutionen früherer Tage immer stärker unterordnen. Die Kritik am Museum als Feind eines demokratischen Kunstbetriebs ist in dieser Hinsicht lediglich als nostalgische Reminiszenzen an das 20. Jahrhundert anzusehen. Der renommierte Medienkünstler Peter Weibel ist der Ansicht, dass in der visuellen Kultur des 21. Jahrhunderts nicht mehr nur die Gesamtheit der Formen visueller Repräsentation in der bildenden Kunst betrachtet werden sollte, sondern auch jene in den Massenmedien. Gegenkulturelle Kunst kann somit nur unter Bezugnahme einer kritischen Prüfung dieser Massenmedien funktionieren. Ein Künstler, der danach trachtet die Prozesse medialer Repräsentation zu kontrollieren bzw. zu manipulieren ist Banksy, der mit seinem Wirken den Bedeutungsverlust althergebrachter Strukturen des Kunstbetriebs unter Beweis stellt.
Keywords (deu)
GegenkulturSubkulturStreet ArtGraffitiBanksyAvantgarde
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1273472
rdau:P60550 (deu)
94, 33 S. : Ill.
Number of pages
131
Members (1)
Title (deu)
Gegenkulturelle Konzepte in der bildenden Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts
Author
Gerald Zagler
Abstract (deu)
Laut eines Zeitungsartikels im englischen Guardian schafft der Street-Art-Künstler Banksy den Spagat zwischen der kommerziellen, der künstlerischen und der Straßenwelt. Genau diese Schnittstellen und die damit verbundenen Widersprüche stehen am Beginn dieser Arbeit. Wenn Banksy etwa meint: “Maybe one day graffiti art will hang in lots of museums and be viewed in the same way as other modern art, although personally I hope it never sinks that low.”, stellt sich die Frage, woher diese Ablehnung kommt und was genau dahinter steckt. Ist es bloß jugendlicher Trotz oder steht die Street-Art-Szene mit ihrer institutionskritischen Haltung in einer kunst- und kulturgeschichtlichen Tradition? Auf der Suche nach Parallelen entpuppt sich die Kritik an den gesellschaftspolitischen Veränderungen, die das Zeitalter der Moderne mit sich brachte als roter Faden, der die avantgardistischen Kunstströmungen über das 20. Jahrhundert hinweg verbindet. Der von der Industrialisierung bzw. dem Kapitalismus getragene Materialismus, der alle Lebensbereiche durchdringt, wurde von den Vertretern des Dadaismus, Surrealismus und Situationismus als kühl und menschenfeindlich wahrgenommen. Das Museum als Institution und legitimatorische Instanz sah man als Ursache des vorherrschenden Elitarismus im Kunstbetrieb und darüber hinaus als Ursache für den Funktionsverlust von Kunst. Die Avantgarden waren in diesem Sinn als Bewegungen zu verstehen, die in erster Linie die Rückführung der Kunst in eine neue Lebenspraxis anstrebten. War es Josef Beuys, der mit seinem erweiterten Kunstbegriff die Grenzen zwischen Museum und Alltag von innen öffnen wollte, so entstand zur gleichen Zeit, ab den 1970er-Jahren, in den Straßen eine neue Bildkultur die außerhalb musealer Rahmenbedingungen den Kunstbegriff für sich beanspruchte. Alte Formen eines gegenkulturellen Ausdrucks wie etwa die Zweckentfremdung visueller Objekte und die Kritik am Museum finden auch in der Street Art ihre Anwendung. Zu hinterfragen ist allerdings, inwiefern die traditionelle Institutionskritik in der heutigen Zeit noch aktuell ist. Kunst und Kommerz sind mehr denn je untrennbare Begriffe einer „Visual Industry“, der sich auch die normgebenden Institutionen früherer Tage immer stärker unterordnen. Die Kritik am Museum als Feind eines demokratischen Kunstbetriebs ist in dieser Hinsicht lediglich als nostalgische Reminiszenzen an das 20. Jahrhundert anzusehen. Der renommierte Medienkünstler Peter Weibel ist der Ansicht, dass in der visuellen Kultur des 21. Jahrhunderts nicht mehr nur die Gesamtheit der Formen visueller Repräsentation in der bildenden Kunst betrachtet werden sollte, sondern auch jene in den Massenmedien. Gegenkulturelle Kunst kann somit nur unter Bezugnahme einer kritischen Prüfung dieser Massenmedien funktionieren. Ein Künstler, der danach trachtet die Prozesse medialer Repräsentation zu kontrollieren bzw. zu manipulieren ist Banksy, der mit seinem Wirken den Bedeutungsverlust althergebrachter Strukturen des Kunstbetriebs unter Beweis stellt.
Keywords (deu)
GegenkulturSubkulturStreet ArtGraffitiBanksyAvantgarde
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1273473
Number of pages
131