Abstract (deu)
Die vorliegende Dissertation bietet einen sozialanthropologischen Beitrag zur Bedeutung religiöser Entwicklungen und Bewegungen in Indonesiens von Krisen und Konflikten geschüttelter östlichsten Provinz Papua, einer ehemaligen niederländischen Kolonie, die sich durch einen hohen Grad an ethnischer und religiöser Heterogenität kennzeichnet und heute mehr denn je globale Aufmerksamkeit erweckt, nicht zuletzt aufgrund der reichhaltigen Bodenschätze. Diese westliche Hälfte der Insel Neuguinea wurde 1963 Teil von Indonesien und zeigt sich heute als die umstrittenste frontier der Nation.
Nach dem erzwungenen Rücktritt von Präsident Suharto im Jahr 1998 erlebte Indonesien eine weitreichende politische Reform, die in einem landesweiten Dezentralisierungsprogramm umgesetzt wurde. Die darauf folgende politische Instabilität löste eine unerwartete Welle an Ungewissheiten und Unsicherheiten aus, die begleitet wurden durch ein landesweites Wiederaufleben von traditionellen Glaubensvorstellungen, Praktiken und sozialen Institutionen, was in Indonesien unter dem Begriff adat subsumiert wird. Diese Entwicklungen wurden vor allem im östlichen Indonesien beobachtet, wo auf Religion und Ethnizität ausgerichtete Identitätspolitik gewalttätige Konflikte bewirkte, wie etwa in den Molukken. Angesichts eines auch in Papua vorhandenen Potenzials ethno-religiöser Gewalt und der Möglichkeit einer Abspaltung von Indonesien, wurde Papua im Jahr 2002 der Status der Spezialautonomie zugestanden. Heute, nahezu eine Dekade danach, betrachtet die Mehrheit der Papuas diese Spezialautonomie als absolut gescheitert.
Diese Dissertation untersucht Bewegungen im religiösen Feld. Besonderes Augenmerk gilt dabei den religiösen Aspekten des Papua-Nationalismus sowie des indonesischen Nationalismus und der Revitalisierung von Tradition. Mit einem gezielten Blick auf sowohl lokale Religionen wie auch den Islam und das Christentum, soll diese Arbeit die Rolle von Religion im Konstruktionsprozess von lokalen und nationalen Identitäten neu beleuchten. Vor dem Hintergrund weitreichender Islamisierungsängste unter den Papuas und der von MuslimInnen artikulierten Sorge, einer erzwungenen Christianisierung im Falle von Papuas Unabhängigkeit, soll diese Dissertation überzeugende Argumente liefern, warum Religion in Papua nicht vernachlässigt werden sollte.