Abstract (deu)
Im Seewinkel im Osten von Österreich befinden sich rund vierzig flache, alkalische Salzlacken. Charakteristisch für diese kleinen, endorheischen Gewässer sind die hohen Nährstoffwerte und die durch die hohe sommerliche Verdunstung und semi-arides Klima angetriebene, zumindest teilweise Austrocknung im Sommerhalbjahr. Jedes Jahr im Frühjahr entwickeln sich dichte Matten aus filamentösen Grünalgen, die schließlich große Bereiche der Lacken bedecken. In unserer Studie untersuchten wir im Zeitraum von April bis September die Biomasseentwicklung und Sukzession der Algen in einer ausgewählten Lacke; begleitend wurden wöchentlich chemische Parameter erhoben. Außerdem untersuchten wir die Fähigkeit der mattenbildenden Algen Austrocknung zu ertragen, indem wir im Labor Austrocknungs- und Regenerationsversuche durchführten.
Na+ und HCO3- waren die dominanten Ionen in der Lacke, die Mitte September – als die Lacke kurz vor der Austrocknung stand – ein Maximum erreichten. Die über die Untersuchungsperiode gemessenen Phosphor-Konzentrationen zeigten hyper-eutrophe Bedingungen an. Maximale Biomasse-Werte wurden im Juli mit 59 ± 10 g m-2 aschefreiem Trockengewicht und 133 ± 17 mg m-2 Chlorophyll a in Mesocosmen gemessen, die in der Lacke installiert waren. Maximale Bedeckungswerte auftreibender Algenmatten wurden ebenfalls im Juli mit 14% Bedeckung der Lackenoberfläche ermittelt. Diese hohen Biomassewerte lassen vermuten, dass das Massenauftreten filamentöser Grünalgen in den Lacken eine wesentliche Rolle im Ökosystem der Gewässer spielt.
Von April bis Anfang Juni dominierte Spirogyra sp. in den Algenmatten, danach setzten sich diese vor allem aus Cladophora sp. und Rhizoclonium sp. zusammen. Interessanterweise war das Verhältnis von Chlorophyll a zu aschefreiem Trockengewicht signifikant höher, als Spirogyra dominierte. Möglicherweise lässt sich dies durch die dünneren Zellwände von Spirogyra und/oder durch die Aufwuchs verhindernden, allelopathischen Eigenschaften dieser Gattung erklären.
Austrocknungs- und Regenerationsversuche wurden im Labor unter Verwendung der „pulse amplitude modulated (PAM) Fluoreszenz“ - Technik durchgeführt, mit deren Hilfe man Aufschluss über die Photosyntheseleistung bekommt. Proben, die im September genommen wurden, hielten im Vergleich zu den Juni-Proben der Austrocknung etwas länger stand, was sich in einer signifikant unterschiedlichen Trocknungsrate niederschlug. Möglicherweise deutet dies auf Adaptionsmechanismen hin, die im Laufe der Saison erworben werden, um mit leichter Austrocknung besser fertig zu werden. Allerdings, zeigten Regenerationsversuche, dass die Algen sehr sensibel auf stärkere Austrocknung reagieren; lediglich die nur wenig ausgetrockneten Matten erholten sich nach der Wiedervernässung.
Beim Vergleich von frischen, benthisch wachsenden Algenmatten mit älteren, an der Wasseroberfläche treibenden, zeigte sich, dass die auftreibenden Matten einen signifikant niedrigeren Grund-Fluoreszenzwert aufweisen. Dies deutet auf eine verminderte Photosyntheseleistung hin; möglicherweise verursacht durch Schäden, die durch die starke Strahlung und die hohen Temperaturen an der Wasseroberfläche entstanden sind. Außerdem zeigten die älteren Matten eine signifikant unterschiedliche Austrocknungsrate begründet durch einen steileren Abfall der Fluoreszenz-Werte gegen Ende der Austrocknung und einen Anstieg der Werte kurz nach Beginn der Austrocknung (95% Wassergehalt), was möglicherweise mit der besseren CO2-Verfügbarkeit an der Luft zusammen hängt. Die Regenerationsversuche ergaben, dass die älteren Matten überhaupt nicht fähig zur Regeneration waren.
Die Tatsache, dass die Algenmatten insgesamt sehr wenig Regenerationsvermögen zeigten, ist überraschend, da Algen, die in periodisch trocken fallenden Habitaten leben, häufig ein sehr ausgeprägtes Regenerationspotential aufweisen. Möglicherweise liegt das darin begründet, dass die Seewinkellacken vor der (partiellen) Austrocknung monatelang mit Wasser gefüllt sind und daher Anpassungen, wie sie Algen in Gezeitenzonen mit sehr kurzen Abfolgen von Austrocknung und Wiedervernässung oder in Habitaten, mit nur äußerst seltener Wasserverfügbarkeit (in Wüsten, an Baumstämmen) brauchen, nicht von Nöten sind. Die filamentösen, mattenbildenden Grünalgen in den Salzlacken nutzen die optimalen Bedingungen im Frühjahr für schnelles Wachstum und produzieren dann vor der Austrocknung Dauerstadien, anstatt in aufwendige Mechanismen zur Bewältigung der Austrocknung zu investieren.