Abstract (deu)
Das Vorkommen der seltenen Zieralge Oocardium stratum, ist ausschließlich auf aktive Tuffstandorte beschränkt. Oocardium stratum bildet Gallertscheiden aus, an denen sich CaCO3 ablagert. Die stecknadelkopfgroßen, hellgrünen Kolonien weisen einen Durchmesser von 0.5 bis 2.0 mm auf. Da die Autökologie dieses Organismus bisher kaum erforscht war, untersuchten wir im ersten Teil unserer Studie die Saisonalität und den Einfluss von Umweltvariablen auf das Vorkommen von Oocardium stratum. Zu diesem Zweck beobachteten wir mittels wöchentlicher Mikro- und Makrokartierung die algenbewachsene Tuffoberfläche. Ebenso wurden wöchentlich die Wasserchemie und die Strahlungsbedingungen aufgenommen. Der zweite Teil der Studie beschäftigt sich mit der Sukzession von autotrophen Biofilmen, die O. stratum aufweisen, und der damit verbundenen Kalziumkarbonat-Abscheidung. Hierfür installierten wir aufgeraute Objektträger als künstliches Substrat, die zwischen 3 und 12 Wochen an den Versuchsstellen exponiert waren. Der abgekratzte Biofilm wurde anschließend auf den gesamten Chlorophyll-a Gehalt, den CaCO3-Anteil und mittels HPLC auf die Pigmentverteilung hin untersucht. Die Studie wurde an einem Quellbach in Lunz/See (Niederösterreich) über 17 Monate hinweg durchgeführt. Umweltvariablen wurden wöchentlich und im Winter 14-tägig gemessen. Biofilm und Kalziumcarbonat wurden ebenfalls 14-tägig besammelt.
Im Zuge der Autökologiestudie wurde O. stratum das ganze Jahr hindurch an der Tuffquelle gefunden. Das Vorkommen der Kolonien erreichte ein Maximum im Hochsommer während der Monate Juli und August. Wiederholte Makrokartierungen mit einer Oberfläche von 750 cm2 an drei Spots in der Travertinquelle, zeigten ein Maximum von O. stratum überzogenem Tuff im August mit einer Bedeckung von 31%. Zwei kleinere Maxima zeigten sich im Frühsommer und Spätherbst mit 10% O. stratum - Bedeckung. Dicke Matten von Diatomeen, dominiert von Cymbella minuta, zeigten sich im Frühling, Herbst und Winter mit mehr als 74% Tuffbedeckung an den untersuchten Spots. Eine Mikrokartierung mit einer Oberfläche von 25.5 mm2 wurde ebenfalls an einer Stelle der Tuffquelle durchgeführt und zeigte die gleichen Ergebnisse. Die Redundanzanalyse zeigte Wassertemperatur und Bikarbonatgehalt als treibende Hauptfaktoren an, die das Vorkommen und das Wachstum von O. stratum kontrollieren. Optimale Wachstumsbedingungen wurden bei einer Alkalinität von 4.6-4.7 mmol L-1 und einer Wassertemperatur von 13 °C beobachtet. Die Parameter Belichtung, Nitrat und Kohlendioxid zeigten einen negativen Zusammenhang zur O. stratum Biomasse, hingegen einen positiven zum Diatomeen Vorkommen. Andere Umweltvariablen wie Ionengehalt oder gelöster reaktiver Phosphor hatte keinen signifikanten Einfluss auf das Vorkommen von O. stratum.
In Quellnähe war die Niederschlagsrate von CaCO3 signifikant niedriger als an weiter quellabwärts gelegenen Untersuchungsstellen. Der Grund hierfür liegt am deutlich höheren freien CO2-Gehalt und dem niedrigeren pH- Wert in Quellnähe. Die CaCO3-Niederschlagsrate war im Sommer am höchsten. Die Menge an CaCO3 in Quellnähe war in beiden Untersuchungsjahren annähernd konstant und zeigte keine Zuwächse im zweiwöchigen Messabstand. Die quellabwärts gelegenen Untersuchungsstellen zeigten allerdings eine eindeutige positive zweiwöchig gemessene Niederschlagsrate, die von 5 - 27.5 mg cm-2 reichte. Die Chlorophyll-a Rate lag an allen Untersuchungsstellen zwischen 0.07 - 3.9 µg cm-2. Die Objektträger wurden zuerst von dicken Diatomeen-Matten besiedelt, dominiert von Cymbella minuta. Ein geringer Anteil an kokkenähnlichen Cyanobacterien konnte mikoskopisch und mittels HPLC nachgewiesen werden. Erst nachdem sich eine raue Kalkschicht niedergeschlagen hatte, war auch O. stratum auf den Objektträgern nachzuweisen. Nach etwa 6-7 Wochen waren die O. stratum-Kolonien auch makroskopisch sichtbar.
Die Verteilung der Taxa gemittelt über alle Untersuchungsstellen und Aufnahmen zeigte, dass 77% der Algenbiomasse von Diatomeen stammen, 20% konnten O. stratum zugeordnet werden und 3% der Algenbiomassen waren Cyanobacterien. Diatomeen wiesen einen negativen Zusammenhang zur CaCO3-Niederschlagsrate auf, wohingegen Cyanobacterien einen geringfügig positiven Zusammenhang zeigten und O. stratum eine stark positive Übereinstimmung mit dem CaCO3-Niederschlag anzeigte. Unsere Resultate weisen auf eine Induzierung des Kalziumkarbonatniederschlages durch O. stratum hin; eine aktive, photosynthese-getriebene Kalkabscheidung durch O. stratum ist aber auszuschließen. Biomasse von O. stratum und gefälltes Kalziumkarbonat reagieren auf den chemischen, quellabwärtsgerichteten Gradienten und auf saisonale Veränderungen parallel. Dadurch ist es schwer zu unterscheiden, ob O. stratum die Fällung von CaCO3 erhöht oder ob beide, die O. stratum Biomasse und der CaCO3-Niederschlag, hauptsächlich durch den quellabwärts gerichteten chemischen Gradienten und durch saisonale Veränderungen kontrolliert werden.