Abstract (deu)
In den letzten Jahrzehnten wurde ein rascher Anstieg von Brust- und Prostatakrebsfällen in den westlichen Ländern beobachtet. Neben Lifestyle-Faktoren wie Ernährung usw., rückten auch immer mehr die Sexualhormone und ihre Rolle in der Entstehung und Entwicklung von Karzinomen ins Zentrum des wissenschaftlichen Interesses, hierbei v.a. die spezifische Wirkung ihrer Metaboliten. In diesem Zusammenhang wurde kürzlich erstmals nachgewiesen, dass Sexualhormone wie 17β-Östradiol (E2) und Progesteron (P4) in der Lage sind, in polarem Medium Elektronen zu emittieren, wenn sie in ihrem Singlett-Zustand angeregt werden. Die dabei entstehenden Hormontransienten führen daraufhin zur Bildung von Metaboliten, von denen manche neoplastische Prozesse einleiten. Daher ist es von großem Interesse, weitere Sexualhormone in dieser Hinsicht zu erforschen und das Verhalten der resultierenden Transienten zu untersuchen.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde erstmals gezeigt, dass das Sexualhormon Testosteron (T), gelöst in 60% Ethanol und 40% dreifach destilliertem Wasser, auch Elektronen emittiert, wenn es in seinem Singlett-Zustand angeregt wird. Die Anregung erfolgte hierbei durch UV-Bestrahlung mit monochromatischem Licht mit einer Wellenlänge von 254 nm. Ebenso wurde für das Phytohormon Genistein (GEN) gezeigt, welches ursächlich mit dem relativ niedrigen Auftreten von Brustkrebs in Asien in Verbindung gebracht wird, dass es in der Lage ist, Elektronen zu emittieren. Die aus der Elektronenabgabe resultierenden Hormonprodukte konnten ebenso Elektronen emittieren, aber mit geringerer Quantenausbeute an solvatisierten Elektronen (Q(e-aq)), wie aus den gefundenen zweiten und dritten Maxima der Elektronenemissionskurven festzustellen war. Interessanterweise verminderte sich Q(e-aq) mit steigender Hormonkonzentration, was auf die Bildung von Hormonassoziaten zurückzuführen ist. Da T und GEN dazu fähig sind, sowohl Elektronen zu emittieren als auch aufzunehmen, wurden sie als „Elektronenmediatoren“ klassifiziert.
Im Vergleich der Elektronenemission von T und P4 stellte sich heraus, dass Q(e-aq) von T 3,6mal höher ist. Eine Erklärung hierfür liegt in der unterschiedlichen Molekularstruktur der beiden Hormone: Während T eine Hydroxylgruppe an Position 17 von Ring D trägt, welche die Elektronenemission begünstigt, ist bei P4 an gleicher Stelle eine Karbonylgruppe, welche einen Teil der emittierten Elektronen von T aufnimmt. Hierdurch kam es zu einer partiellen Widerherstellung von T. In weiterer Folge wurde anhand von Vitamin C (vitC), welches ein gutes Beispiel für einen starken Elektrondonor darstellt, mithilfe der HPLC (Hochleistungsflüssigkeitschromatographie) gezeigt, dass die aus der Elektronenemission resultierenden Hormontransienten zumindest teilweise regeneriert werden können durch Elektronentransfer, sofern sie sich noch in ihrem „Status nascendi“ befinden. Hierbei konnte aus den erhaltenen anfänglichen Quantenausbeuten berechnet werden, dass unter den gegebenen experimentellen Bedingungen T zu 58,6% durch vitC regeneriert werden kann. Desweiteren wurde festgestellt, dass sich der Abbau von T in Gegenwart von vitC erheblich verzögert. Durch die Regeneration von Hormonen wird erwartet, dass sich nur vermindert krebserregende Metaboliten bilden.
Die Auswirkung von oxidierenden und reduzierenden freien Radikalen auf Hormonmetaboliten wurde mithilfe von In vitro Experimenten mit Escherichia coli Bakterien simuliert. Durch die Sättigung der Bakterien enthaltenden Lösungen mit verschiedenen Gasen vor der γ-Bestrahlung konnten definierte Konzentrationen und Arten von freien Radikalen als Produkte der Wasserradiolyse hergestellt werden: In lufthältigem Medium waren dies 46% OH• und 54% O2•-, in N2O-gesättigtem Medium 90% OH• und 10% H• und luftfreiem Medium (gesättigt mit Argon) 44% e-aq, 10% H• und 46% OH•. Im Rahmen der Experimente wurde festgestellt, dass wasserlösliches E2 (wsE2), welches als Komplex mit 2-Hydroxypropyl-β-cyclodextrin (HBC) vorliegt, ein sehr wirksamer Fänger von OH• und O2•- ist. Unter dem Einfluss von reduzierenden Radikalen (e-aq, H•) zeigte sich eine starke, antiproliferative Wirkung von wsE2 auf die Bakterien. Konträre Ergebnisse wurden für wasserlösliches P4 alleine (wsP4, im Komplex mit HBC) und im Gemisch mit wsE2 gefunden, was darauf hindeutet, dass eine Kombination der beiden Hormone zu einer erheblichen Reduzierung der karzinogenen Metaboliten von wsE2 führen könnte.
T und vitC wurden auch im Rahmen von In vitro Experimenten mit Escherichia coli Bakterien untersucht. Allen Medien wurde hierbei 4x10-2 mol/L Ethanol zugesetzt, da T nicht in reinem Wasser löslich ist. Da Ethanol ein guter Fänger von allen primären freien Radikalen außer e-aq ist, waren in lufthältigem Medium nur oxidierende Radikale vorhanden und in Medien gesättigt mit N2O oder Argon überwiegend reduzierende Spezies. Die aus dem Angriff von oxidierenden Radikalen entstehenden Zwischenprodukte von T zeigten eine schwach zytotoxische Wirkung auf die Bakterien. Unter dem Einfluss von reduzierenden Radikalen induzierte T hingegen starke Proliferation. VitC intensivierte den jeweiligen Effekt von T.
Die erhaltenen Ergebnisse ermöglichen einen tieferen Einblick in das biologische Verhalten von Sexualhormonen und ihren Metaboliten. Mögliche Reaktionsmechanismen von Hormonen mit freien Radikalen werden präsentiert, aber es sind weitere strahlenbiologische Untersuchungen vonnöten, da die Reaktionsmechanismen sehr kompliziert sind und mit vielen anderen biologischen Prozessen überlappen. Die Pulsradiolyse-Methode könnte bedeutend zur Aufklärung dieser Prozesse beitragen. Die Experimente mit Hormon-vitC-Kombinationen könnten neue Ansätze zur Anwendung von Hormonen in der Medizin aufzeigen.