Abstract (deu)
Im Zuge der vorliegenden Diplomarbeit wurden Polylactid-co-Glycolid (PLGA)-Nanopartikel (NP) mit Wheat Germ Agglutinin (WGA), einem aus Weizen isolierten Lektin, modifiziert und deren Adhäsionsverhalten an verschiedene Blasenzelllinien untersucht, mit dem Ziel, eine neue Delivery-Strategie für lokal am Urothel applizierte Wirkstoffe zu entwickeln.
Nicht-muskelinvasiver Blasenkrebs gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen und ist vorwiegend gekennzeichnet durch ein hohes Risiko für frühe Rezidive, welches durch intravesikale Therapie mit chemotherapeutischen oder immunmodulatorischen Substanzen in gewissem Maße gesenkt werden kann. Um die hohe Rezidivrate noch effizienter senken zu können, wäre ein neues Drug-Targeting- bzw. Delivery-System, wie z. B. Lektin-modifizierte Nanopartikel, wünschenswert.
Um die Partikel-Zell-Interaktion genau zu charakterisieren, wurden Versuche mit gesunden Urothelzellen (SV HUC) und zwei unterschiedlichen Urothel-Krebszelllinien – eine mit höherer Malignität (HT 1376) und eine mit niedrigerer Malignität (5637) – durchgeführt. Die Zellen wurden entweder in Form einer Einzelzellsuspension verwendet und flowcytometrisch analysiert, oder aber bis zur Konfluenz gezüchtet und im Monolayer mit einem „Microplate Reader“ analysiert. Zur näheren Untersuchung und Absicherung wurden die quantitativen Analysen durch fluoreszenzmikroskopische Färbungen ergänzt.
NP, die mit WGA modifiziert wurden (WGA-NP), hatten sowohl an Einzelzellen als auch am Monolayer gesunder und malign veränderter Zellen eine höhere Adhäsion als nicht modifizierte NP (nmNP). Einzelzellen niedrigerer Malignität wiesen die höchste WGA-NP-Bindung, die beiden anderen Zelllinien zeigten ein gleiches, aber signifikant niedrigeres Bindungsniveau. Am Monolayer war die WGA-NP-Adhäsion bei allen drei Zelllinien ähnlich stark. Die WGA-NP-Bindung war zudem konzentrations- und zeitabhängig, wobei sich das Sättigungsgleichgewicht bei Einzelzellsuspensionen viel schneller einstellte als am Zell-Monolayer.
Mit Hilfe von N,N`,N``-Triacetylchitotriose konnte bei Einzelzellsuspensionen die spezifische WGA-NP-Adhäsion kompetitiv unterbunden werden, während das am Zell-Monolayer nur bei gesunden Blasenzellen der Fall war.
Pulse-Chase-Untersuchungen wurden auf Zell-Monolayern durchgeführt, um festzustellen, ob die initiale, WGA-vermittelte Oberflächenbindung in einer dauerhaften Zytoadhäsion und möglicherweise einer Internalisation der Partikel resultiert. Es stellte sich heraus, dass bei Ausschaltung dynamischer metabolischer Prozesse (Chase bei 4°C), das Fluoreszenzsignal der mit WGA-NP inkubierten Zellen annähernd gleich blieb. Wurde aber die Chase-Phase bei physiologischen Temperaturen (37°C) durchgeführt, so sank die Fluoreszenz innerhalb von zwei Stunden und fünf Waschvorgängen rapide auf 10% - 20% des ursprünglichen Wertes ab. Eine fluoreszenzmikroskopische Analyse nach Beendigung der Chase-Phase zeigte zwar ebenfalls weniger WGA-NP als davor, dennoch konnte auch hier eine deutliche Anzahl von stabil an den Zell-Monolayer gebundenen WGA-NP beobachtet werden.
Eine Anwendung von WGA-NP zur zielgerichteten installativen Chemotherapie des nicht-muskelinvasiven Blasenkarzinoms erscheint aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse vor allem hinsichtlich des geringen Affinitätsunterschiedes zwischen gesunden und malign veränderten Zell-Monolayern derzeit zwar eher unwahrscheinlich. Ein Einsatz zur Verlängerung der Verweildauer von Arzneistoffen in Form einer Retardarzneiform z.B. zur lokalen Therapie bei Blasenentzündung ist aber durchaus vorstellbar.