Abstract (deu)
Die vorliegende Dissertation untersucht den Magischen Realismus in zeitgenössischen Romanen und Filmen, der als einer der beliebtesten Stile in der gegenwärtigen Literatur und im gegenwärtigen Kino gilt.
Der Magische Realismus ist ein Stil, der unmögliche Ereignisse in der Realität präsentiert, ohne dafür logische Erklärungen zu liefern. Der Rezipient akzeptiert diese als natürlich und gewinnt mit ihrer Hilfe Einsicht in die innere Realität der Figuren und Umstände.
Der Begriff „Magischer Realismus“ wurde erstmals 1923 von dem Kunsthistoriker Franz Roh als kritisches Konzept für die post-expressionistische Malerei Deutschlands verwendet und fand in den 1950er- bis 1980er-Jahren in der lateinamerikanischen Literatur großen Anklang. Von dort aus verbreitete er sich weltweit, seit den 1980er-Jahren gilt er als universeller Erzählstil. In der Literatur ist er etwa seit den 1990er-Jahren in verschiedenen Romanen zu finden. Im Kino begegnet man ihm seit 2000 häufig in verschiedenen Filmen.
Der Magische Realismus zeigt sich, dass er in verschiedenen Medien verwirklicht wird. Die (Inter-)Medialität des Stils wird in dieser Hinsicht betrachtet: Magischer Realismus in der Malerei, in der Literatur und im Film.
Als eine Darstellungs- und Erzählungsweise weist der Magische Realismus spezifische Eigenschaften auf: Installation und Subversion des Realismus, direkte Umsetzung und Präsentation von Metaphern, Herstellung der fremden Realität und Mimesis der inneren Realität.
Um die geistige Grundlage des Magischen Realismus zu betrachten, wird die philosophische Theorie von Mircea Eliade herangezogen. Mircea Eliades Religionsphilosophie weist in vielen Punkten auf den Magischen Realismus hin. Der Vorgang der Hierophanie und die Art und Weise der archaischen Ontologie entsprechen dem Vorgang und der Art und Weise des Magischen Realismus in zeitgenössischen Romanen und Filmen.
Die Beispiele sind fünf Romane seit Mitte der 1990er- Jahre (Peter Handke, Kali. Eine Vorwintergeschichte, Österreich 2007; Haruki Murakami, Kafka am Strand, Japan 2002; Urs Widmer, Im Kongo, Schweiz 1996; Arundhati Roy, The God of Small Things, England 1997; Mircea Cărtărescu, Die Wissenden, Rumänien 1996) und acht Filme seit 2000 (Roberto Benigni, La tigre e la neve, Italien 2005; Claire Denis, Vendredi Soir, Frankreich 2002; Ki-duk Kim, Bin-jip, Südkorea 2004; Joon-ho Bong, Gwoemul, Südkorea 2006; Pen-Ek Ratanaruang, Last Life in the Universe, Thailand 2003; Christian Petzold, Die innere Sicherheit, Deutschland 2000; Isshin Inudô, Joze to tora to sakana tachi, Japan 2003; François Ozon, Le temps qui reste, Frankreich 2005).
Durch die Analyse dieser Beispiele werden die Formen und die Funktionen des zeitgenössischen Magischen Realismus nahegebracht. Das Magisch-Realistische manifestiert sich in Form von Figuren, Räumen, Dingen und äußeren Umständen. Es zeigt die Emotionen der Figuren auf, fungiert als Methode der psychologischen Reifung der Hauptfigur und stellt die utopische Möglichkeit vor. Dies macht den Höhepunkt oder die Peripetie des Erzählens aus, enthüllt die innere Realität und ermöglicht die Wunscherfüllung und Heilung.
Der Magische Realismus in zeitgenössischen Romanen und Filmen kann als „Mimesis des Herzens“ und „Momente der Epiphanie“ verstanden werden. Die vier Aspekte – Blick, Raum, Zeit und Ritual – erleuchten die Merkmale des zeitgenössischen Magischen Realismus.
Die Erlebnisse der Magischen Realität erfüllen das Bedürfnis danach, „die ewige, zeitlose Gegenwart“ im Sinne von Eliade zu erleben. Darüber hinaus hilft die gegenwärtige hypertextuelle und hybride Medien- und Kulturumgebung dem zeitgenössischen Rezipient bei der Rezeption des Magischen Realismus.