In der Theory of Mind-Forschung der letzten 20 Jahre prägten Jill de Villiers und Kollegen den Begriff des "sprachlichen Determinismus" (linguistic determinism) für ihre Hypothese, dass die Fähigkeit zum Verständnis von sogenannten "falschen Überzeugungen" (false beliefs) kausal vom erfolgreichen Erwerb und vom aktiven Beherrschen einer gewissen syntaktischen Struktur abhängt und bedingt wird: der eingebetteten Komplementsatzstruktur. Diese Hypothese basiert vor allem auf empirischen Daten von Studien mit Kleinkindern und Kindern im Vorschulalter und im weiteren Studien mit sprachverzögerten tauben Testpersonen, Trainingsstudien u.v.m., in denen statistisch und temporal signifikante Korrelationen zwischen dem Meistern von Komplementsatzstrukturen und Tests mit falschen Überzeugungen nachgewiesen werden konnten. Seit einiger Zeit erfährt diese Hypothese des sprachlichen Determinismus auch Kritik und muss mit Gegenevidenz umgehen, doch nur wenige Aspekte der Kritik und problematischen Gegenentwürfe werden tatsächlich von den Vertretern des sprachlichen Determinismus aufgegriffen und innerhalb der Theorie behandelt.
In dieser Arbeit wurden zwei Aspekte erfüllt: zum einen bietet sie einen ausführlichen und erschöpfenden Überblick über die Theorie des sprachlichen Determinismus, seinen Anfängen, der Evidenz, die zur Argumentation herangezogen wird und der Entwicklung über die mehr als 15 Jahre seines Bestehens. Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit lag allerdings auf dem Bemühen, den sprachlichen Determinismus erstmals auch von einer linguistisch-theoretischen Seite sorgfältig zu durchleuchten, die losen Enden der mannigfaltigen Kritik zusammenzufassen und eine umfassende Analyse der kritischen Punkte und problematischen Evidenz zu liefern und auf neue Einsichten vor allem auf der Ebene der linguistischen Argumentation und Beweisführung erstmals hinzuweisen.
Die Kritik am sprachlichen Determinismus setzt hierbei an drei Hauptpunkten an: an der dem sprachlichen Determinismus widersprechenden Evidenz, die sich in verschiedenen Studien und Abhandlungen der letzten 10 Jahre finden lässt, am Experimentdesign sowohl von Testaufgaben im Bereich der falschen Überzeugungen als auch von Testaufgaben, die die Kompetenz in Komplementsyntax messen sollen und letztlich an den linguistischen Annahmen und Grundlagen, die der sprachliche Determinismus annimmt und behauptet.
Die Analyse zeigte in allen drei Punkten, dass der sprachliche Determinismus in der bisherigen Form eine nicht haltbare Hypothese darstellt: Das Verständnis für falsche Überzeugungen ist erwiesenermaßen bereits in Säuglingen vorhanden und kann auch von Kindern mit SSES (sprachspezifische Entwicklungsstörung) trotz syntaktischen Unzulänglichkeiten erlangt werden. Die hohen linguistischen Anforderungen von Testaufgaben für falsche Überzeugungen und der hohe mentale Gehalt von Testaufgaben für syntaktische Kompetenz verfälschen die Ergebnisse und bewirken die "stabilen" Korrelationen zwischen den beiden Kompetenzen, auf denen die Theorie des sprachlichen Determinismus fußt. Schließlich werden theoretische Grundpfeiler der Theorie ebenfalls enthebelt: der "Perspektivenmarker" (point of view marker), den de Villiers als entscheidendes Element der Komplementationssyntax angibt, ist an sich ein fragwürdiges und in linguistischer Theorie nicht haltbares Konzept; die Behauptung, dass falsche Überzeugungen ausschließlich in syntaktischen Konfigurationen mit eingebetteten Komplementsätzen ausgedrückt werden können, wurde als falsch identifiziert und die Folgen, die diese Feststellung mit sich bringt, bedeuten auch das theoretische "Aus" für den sprachlichen Determinismus. Es bleiben vor allem die Testergebnisse mit tauben Testpersonen, die es noch zu erklären und näher zu erforschen gilt, da diese eine besonders robuste Korrelation aufwiesen.
In der Theory of Mind-Forschung der letzten 20 Jahre prägten Jill de Villiers und Kollegen den Begriff des "sprachlichen Determinismus" (linguistic determinism) für ihre Hypothese, dass die Fähigkeit zum Verständnis von sogenannten "falschen Überzeugungen" (false beliefs) kausal vom erfolgreichen Erwerb und vom aktiven Beherrschen einer gewissen syntaktischen Struktur abhängt und bedingt wird: der eingebetteten Komplementsatzstruktur. Diese Hypothese basiert vor allem auf empirischen Daten von Studien mit Kleinkindern und Kindern im Vorschulalter und im weiteren Studien mit sprachverzögerten tauben Testpersonen, Trainingsstudien u.v.m., in denen statistisch und temporal signifikante Korrelationen zwischen dem Meistern von Komplementsatzstrukturen und Tests mit falschen Überzeugungen nachgewiesen werden konnten. Seit einiger Zeit erfährt diese Hypothese des sprachlichen Determinismus auch Kritik und muss mit Gegenevidenz umgehen, doch nur wenige Aspekte der Kritik und problematischen Gegenentwürfe werden tatsächlich von den Vertretern des sprachlichen Determinismus aufgegriffen und innerhalb der Theorie behandelt.
In dieser Arbeit wurden zwei Aspekte erfüllt: zum einen bietet sie einen ausführlichen und erschöpfenden Überblick über die Theorie des sprachlichen Determinismus, seinen Anfängen, der Evidenz, die zur Argumentation herangezogen wird und der Entwicklung über die mehr als 15 Jahre seines Bestehens. Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit lag allerdings auf dem Bemühen, den sprachlichen Determinismus erstmals auch von einer linguistisch-theoretischen Seite sorgfältig zu durchleuchten, die losen Enden der mannigfaltigen Kritik zusammenzufassen und eine umfassende Analyse der kritischen Punkte und problematischen Evidenz zu liefern und auf neue Einsichten vor allem auf der Ebene der linguistischen Argumentation und Beweisführung erstmals hinzuweisen.
Die Kritik am sprachlichen Determinismus setzt hierbei an drei Hauptpunkten an: an der dem sprachlichen Determinismus widersprechenden Evidenz, die sich in verschiedenen Studien und Abhandlungen der letzten 10 Jahre finden lässt, am Experimentdesign sowohl von Testaufgaben im Bereich der falschen Überzeugungen als auch von Testaufgaben, die die Kompetenz in Komplementsyntax messen sollen und letztlich an den linguistischen Annahmen und Grundlagen, die der sprachliche Determinismus annimmt und behauptet.
Die Analyse zeigte in allen drei Punkten, dass der sprachliche Determinismus in der bisherigen Form eine nicht haltbare Hypothese darstellt: Das Verständnis für falsche Überzeugungen ist erwiesenermaßen bereits in Säuglingen vorhanden und kann auch von Kindern mit SSES (sprachspezifische Entwicklungsstörung) trotz syntaktischen Unzulänglichkeiten erlangt werden. Die hohen linguistischen Anforderungen von Testaufgaben für falsche Überzeugungen und der hohe mentale Gehalt von Testaufgaben für syntaktische Kompetenz verfälschen die Ergebnisse und bewirken die "stabilen" Korrelationen zwischen den beiden Kompetenzen, auf denen die Theorie des sprachlichen Determinismus fußt. Schließlich werden theoretische Grundpfeiler der Theorie ebenfalls enthebelt: der "Perspektivenmarker" (point of view marker), den de Villiers als entscheidendes Element der Komplementationssyntax angibt, ist an sich ein fragwürdiges und in linguistischer Theorie nicht haltbares Konzept; die Behauptung, dass falsche Überzeugungen ausschließlich in syntaktischen Konfigurationen mit eingebetteten Komplementsätzen ausgedrückt werden können, wurde als falsch identifiziert und die Folgen, die diese Feststellung mit sich bringt, bedeuten auch das theoretische "Aus" für den sprachlichen Determinismus. Es bleiben vor allem die Testergebnisse mit tauben Testpersonen, die es noch zu erklären und näher zu erforschen gilt, da diese eine besonders robuste Korrelation aufwiesen.