Abstract (deu)
Diese Arbeit hat neben der Edition der Prozessakten zum Ziel, anhand dieser zu einem Blasphemieprozess, welcher 1716/17 in Freistadt/Oberösterreich verhandelt wurde, darzustellen, wie Stadt- und Landgerichte Österreichs ob der Enns die Führung eines Malefizprozesses gestalteten. In diesem Zusammenhang stehen zum Einen die verschiedenen Akteurgruppen (Angeklagter, Zeugen, Gerichtsangehörige, Amtsträger übergeordneter Behörden, etc.) und deren unterschiedliche Betroffenheiten in einem Gerichtsprozess, zum Anderen die obderennsische Behördenstruktur an sich im Mittelpunkt. Anhand einer Auswertung der Behördenkorrespondenz analysiert die vorliegende Arbeit, wie die verschiedenen Amtsträger miteinander kommunizierten, welche vor allem juristischen Probleme im Zuge der Führung eines Gerichtsprozesses (z B. Urteilsfindung, Exekution, etc.) auf die Beteiligten zukommen konnten und welche Lösungsmöglichkeiten diesen zur Verfügung standen bzw. wie diese versuchten, ihre Wünsche in Bezug auf den Ausgang eines Prozesses durchzusetzen. Weiters wird dargestellt, wie mit vorgegebenen Behördenhierarchien in der Praxis umgegangen wurde und inwieweit Prozessakten Aufschluss über die verschiedenen beteiligten Ämter geben können.
Anhand des Rechtsgutachtens erörtert diese Arbeit neben dem Stellenwert von strafrechtlichen Expertisen, wie eine Urteilsfindung von Statten ging, welche Rolle normative Ordnungen in der Praxis spielten und welche Fachliteratur von den gutachtenden Juristen zur Untermauerung ihres empfohlenen Urteils bevorzugt herangezogen wurde. Weiters soll kurz dargestellt werden, wie im vorliegenden Fall das Delikt der Blasphemie in Bezug auf zeitgenössische und traditionelle Sichtweisen beurteilt wurde.
Durch den glücklichen Zufall der Überlieferung der zugehörigen Rechnungen und Kostenaufstellungen lassen sich nicht nur Aussagen zu den Kosten eines Malefizprozesses für eine Stadt treffen, sondern diese geben auch Einblick in darüber hinausgehende Fragestellungen. So können bis zu einem gewissen Grad beispielsweise die Haftsituation eines Angeklagten (Verpflegung, etc.), infrastrukturelle Notwendigkeiten für einen Prozess, benötigtes Personal sowie deren Verdienstmöglichkeiten nachvollzogen werden.