Abstract (deu)
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit verschiedenen Ebenen des Umgangs der SPÖ mit den ehemaligen Nationalsozialisten. Einerseits stellt sich die Frage, inwieweit die Sozialdemokratie in diesen Menschen potentielle Wähler sah. Im Bezug darauf sind entsprechende Botschaften an Nationalsozialisten, beispielsweise in Reden von offiziellen Parteivertretern oder auf Wahlplakaten, von besonderem Interesse. Andererseits bezieht sich der Terminus des „Umgangs“ in diesem Fall auch auf Vorschläge der SPÖ für gesetzliche Vorgehensweisen im Zusammenhang mit der NS-Zeit, wobei dieser Aspekt nur eine unterordnete Rolle in der vorliegenden Arbeit spielt. Vor allem die Signale, die mit diversen Maßnahmen an die Bevölkerung gesendet werden sollten beziehungsweise wurden, sind daher von Bedeutung, während die Details der gesetzlichen Bestimmungen, sofern nicht im Bezug auf eine andere Fragestellung relevant, ausgeklammert werden.
Besondere Aufmerksamkeit erhält auch die Frage der Integration ehemaliger Nationalsozialisten in die Reihen des Personals der Sozialdemokraten. In diesem Zusammenhang ist besonders die Ära Kreisky von Interesse, da gleich mehrere Minister in den entsprechenden Regierungsmannschaften der SPÖ Mitglieder diverser nationalsozialistischer Organisationen gewesen waren. Auch die Reaktionen der Sozialdemokraten auf die Kritik Simon Wiesenthals anlässlich dieses Umstandes, aber auch in der Causa Friedrich Peter, spielen in der vorliegenden Arbeit eine wichtige Rolle. Vor allem ist aber zu klären, welche Mechanismen überhaupt bei der Integration von Nationalsozialisten in die eigene Partei zu tragen kamen, und wer letztlich die entsprechenden Entscheidungen traf. Hierbei gilt es auch die wichtige Funktion des BSA in diesem Prozess zu beleuchten. Auch die angeschlagene Personalsituation der SPÖ zu Beginn der Zweiten Republik, und die intellektuelle Ausdünnung der Partei, durch die Verfolgung und das Verbot der Sozialdemokratie während der Zeiten der austrofaschistischen und der nationalsozialistischen Diktatur in Österreich sind Teil der Betrachtung. Anhand ausgewählter Biographien soll jedoch auch deutlich gemacht werden, dass nicht nur in den Reihen der Opfer, sondern auch bei den Tätern, zahlreiche ehemalige beziehungsweise künftige sozialistische Spitzenfunktionäre vertreten waren.