You are here: University of Vienna PHAIDRA Detail o:1280712
Title (deu)
Das Spiel mit dem Beat
mikrorhythmische Forschungen zum Swing
Author
Julia Christina Klavacs
Adviser
Regine Allgayer-Kaufmann
Assessor
Regine Allgayer-Kaufmann
Abstract (deu)

In den letzten Jahrzehnten wendete sich die musikalische Interpretationsforschung vermehrt der Erforschung der rhythmischen Komponente einer Aufführung zu. Die unzähligen Möglichkeiten der rhythmischen Gestaltung wurden als expressives Phänomen verstanden, welches einen erheblichen Faktor für die Aussagekraft einer Interpretation eines Musikers, einer Musikerin darstellt. Um diesen Besonderheiten, die oft nur im mikrorhythmischen Bereich zu erfassen sind, auf den Grund zu kommen, wurden in der Forschung bereits zahlreiche Messungen zu unterschiedlichsten Fragestellungen mittels Computersoftware durchgeführt.
Im einleitenden Teil der vorliegenden Arbeit werden exemplarisch einige zentrale mikrorhythmische Experimente der Forschung sowohl zur klassischen Musik als auch zum Swing skizziert. Aufbauend auf die Ergebnisse dreier Studien zum Zusammenspiel von Bass und Schlagzeug im Jazz wird ein Pilotexperiment zu diesem Thema präsentiert, welches zum Einen die Eignung der Methodik überprüfen, zum Anderen die Fragestellung konktetisieren soll. Im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht schließlich ein Experiment mit sechs JazzmusikerInnen, welches der These nachgeht, dass Swing auf der rhythmischen Ebene betrachtet vor allem im Zusammenspiel durch ein kontroverses Spielverhalten in der Interaktion entsteht. Dabei wurden Aufnahmen vom gleichzeitigen Zusammenspiel von Bass und Schlagzeug durchgeführt, um diese hinsichtlich deren mikrorhythmischen Verhalten im Zusammenspiel zu untersuchen. Weiters wurden Aufnahmen der einzelnen MusikerInnen zu einem Metronomclick gemacht, um zu vergleichen, ob sich das Spielverhalten in der Interaktion mit MusikerInnen von dem Spielverhalten zu einem künstlichen Beat, der eben keine Abweichungen im Timing aufweist, unterscheidet. Wie auch Prögler 1995 schon feststellte, weicht das Spielverhalten von BassistInnen zum Metronomclik deutlich von deren Spielverhalten in der Interaktion mit SchlagzeugerInnen ab. Während die Messungen des Spiels zum Metronomclick sowohl bei Prögler 1995 als auch in dem in der vorliegenden Arbeit präsentierten Experiment entweder ein treibendes Spielverhalten aufweisen oder keine stark ausgeprägte Spieltendenz erkenntlich ist, so sprechen die Messungen des Spielverhaltens in der Interaktion mit SchlagzeugerInnen bei allen Versuchspersonen am Bass für eine stark ausgeprägte Tendenz, die Töne laidback zu platzieren. Um dem Spielverhalten in der Interaktion noch genauer nachzugehen, wurden zwei Manipulationen durchgeführt. Bei der verstärkenden Manipulation wurde jeweils eine Versuchsperson pro Durchgang aufgefordert, das in der These angenommene Spielverhalten umzusetzen. Die BassistInnen wurden also
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aufgefordert, laidback zu spielen und die SchlagzeugerInnen bekamen die Anweisung treibend zu spielen. Dem/der MitmusikerIn wurde nichts über die Vorgabe mitgeteilt, dieser wurde einfach gebeten einen Swing im vorgegebenen Tempo zu spielen. Auch wurde eine entgegengesetzte Manipulation durchgeführt, bei der die kontroversen Spielverhalten als Vorgabe dienten. Die erhöhten Asynchronizitäten in den Messergebnissen der verstärkenden Manipulation sprechen deutlich dafür, dass eine stark ausgeprägte Spieltendenz eines/einer MusikerIn, welche dem Spielverhalten des normalen Spiels in der Ausprägung der Tendenz entspricht, mit einem ebenfalls stark ausgeprägten kontroversen Spielverhalten durch den anderen Musiker ausgeglichen wird, um gemeinsam zu swingen. Zeigen die Ergebnisse der entgegengesetzten Manipulation auf dem ersten Blick zunächst kein derartig eindeutiges Ergebnis, spricht jedoch schon die große Bandbreite an unterschiedlichen Reaktionen auf das nicht der Norm entsprechende Spielverhalten dafür, dass ein starkes laidback-Spiel des Schlagzeugers und ein sehr treibendes Spiel des Bassisten dem gewöhnlichen Spielverhalten nicht entsprechen. Besonders interessant ist auch das Ergebnis, dass bei einer Vorgabe eines treibenden Spielverhaltens an einen Bassisten, das treibende Spiel des Bassisten nicht mit einem laidback-Spiel ausgeglichen wurde, sondern mit einem noch treibenderen Spielverhalten interagiert wurde, so dass die Bassonsets im Vergleich zum Schlagzeugbeat sogar als durchschnittlich deutlich hinter dem Beat, also laidback, platziert erschienen. Dies bestätigt auch die Vermutung, dass SchlagzeugerInnen zu einem treibenden Spiel tendieren während BassistInnen ein laidback-Spiel präferieren. Auch der Fragestellung inwiefern MusikerInnen ein Spielverhalten bewusst einsetzen und wie gut das Spielverhalten der MitmusikerInnen eingeschätzt werden kann, wird in der Auswertung von Fragebögen nachgegangen. Weiters wird in der Auswertung herausgearbeitet, dass das laidback-Spiel, wie schon bei Iyer 2002 erläutert, einen zentralen Stellenwert in der Generierung von Swing einnimmt und als ein charakteristisches Merkmal dieser Stilistik betrachtet werden kann.

Abstract (eng)

In recent years the Science of Music Interpretation has focused more on the rhythmical component of a performance. The countless possibilities for the creation of rhythm have been understood as an expressive phenomenon that constitutes a considerably big factor for the significance of the interpretation of a musician. To get to the bottom of those characteristics - which often times can only be captured in the microrhythmic field - scientific research has carried out various measures regarding diverse questions via Computer software.
In the introductory part of the present paper a few central microrhythmic experiments from research on classical music as well as swing music have been outlined. Building on the results of three studies about the interaction of Bass and Drums in Jazz a pilot experiment about this topic is being presented. On the one hand side it should show the adequacy of the methods applied, on the other side it is meant to substantiate the question. Focal to the paper is an experiment with six jazz musicians which goes into the matter of Swing being created on a rhythmical level mainly through the collaboration of controversial play in interaction. Recordings from simultaneous interaction of Bass and Drums have been carried out to look at them in terms of their microrhythmic behavior while playing together. Furthermore we recorded each musician playing to a metronome click in order to compare whether their playing attitudes differed in interaction with musicians and with an artificial beat which does not have any aberrations in timing.
As Proegler mentioned in 1995 the playing attitude of Bassists varies markedly when playing with a metronome to interacting with real Drum players. While the measures of playing to a metronome click showed as well at Proegler´s as in the experiment done in the present paper either a driving tendency in the playing or no distinct tendency, the measures taken in interaction with Drum players showed that all test persons playing Bass had a strongly pronounced tendency to place tones laid-back.
In order to look into the playing attitude in interaction even more, two manipulations were carried out. For the amplified manipulation one test person per run was asked to put into action the assumed playing attitude. That means the Bassist was asked to play laid-back and Drum players were asked to play in a driving style. The accompanying musician was not informed about this condition and was just told to play a Swing rhythm in the stated speed. A counter-manipulation was also carried out, for which the controvesial attitudes of playing served as the condition. The increased asynchronicities in the results of the measures of the amplified manipulation clearly hint towards the fact that a strongly pronounced playing
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attitude of one musician is being balanced by an equally strongly pronounced controversial playing attitude of the other musician, in order to be able to swing together. The results of the adverse manipulation do not show such a clear result at first, as the big variety of different reactions to the playing attitude that does not fit the norm indicates that a strong laid-back play of the Drummer and a very driving play of the Bassist do not conform to a normal playing attitude.
The result of a given driving playing attitude of the Bassist not being balanced by more laid-back play, but being counteracted with an even more driving playing attitude, is especially interesting. In comparison to the Drum beat the Bass onsets on average even came with a clear delay to the beat, seemingly being placed laid-back. This confirms the assumption that Bass players have a tendency towards a driving playing attitude, whereas Bassists prefer a laid-back playing style. In the analysis of the questionnaire the question to what extent musicians deliberately use their playing attitudes and how well the playing attitudes of co-musicians can be estimated has also been looked into. Furthermore the analysis shows that laid-back play, as explained by Iyer 2002, has a significant role in the generation of Swing and can be seen as a characteristic attribute of this stylistics.

Keywords (eng)
MicrorhythmSwingJazz
Keywords (deu)
MikrorhythmikSwingJazz
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1280712
rdau:P60550 (deu)
132 S. : Ill., zahlr. graph. Darst.
Number of pages
132
Members (1)
Title (deu)
Das Spiel mit dem Beat
mikrorhythmische Forschungen zum Swing
Author
Julia Christina Klavacs
Abstract (deu)

In den letzten Jahrzehnten wendete sich die musikalische Interpretationsforschung vermehrt der Erforschung der rhythmischen Komponente einer Aufführung zu. Die unzähligen Möglichkeiten der rhythmischen Gestaltung wurden als expressives Phänomen verstanden, welches einen erheblichen Faktor für die Aussagekraft einer Interpretation eines Musikers, einer Musikerin darstellt. Um diesen Besonderheiten, die oft nur im mikrorhythmischen Bereich zu erfassen sind, auf den Grund zu kommen, wurden in der Forschung bereits zahlreiche Messungen zu unterschiedlichsten Fragestellungen mittels Computersoftware durchgeführt.
Im einleitenden Teil der vorliegenden Arbeit werden exemplarisch einige zentrale mikrorhythmische Experimente der Forschung sowohl zur klassischen Musik als auch zum Swing skizziert. Aufbauend auf die Ergebnisse dreier Studien zum Zusammenspiel von Bass und Schlagzeug im Jazz wird ein Pilotexperiment zu diesem Thema präsentiert, welches zum Einen die Eignung der Methodik überprüfen, zum Anderen die Fragestellung konktetisieren soll. Im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht schließlich ein Experiment mit sechs JazzmusikerInnen, welches der These nachgeht, dass Swing auf der rhythmischen Ebene betrachtet vor allem im Zusammenspiel durch ein kontroverses Spielverhalten in der Interaktion entsteht. Dabei wurden Aufnahmen vom gleichzeitigen Zusammenspiel von Bass und Schlagzeug durchgeführt, um diese hinsichtlich deren mikrorhythmischen Verhalten im Zusammenspiel zu untersuchen. Weiters wurden Aufnahmen der einzelnen MusikerInnen zu einem Metronomclick gemacht, um zu vergleichen, ob sich das Spielverhalten in der Interaktion mit MusikerInnen von dem Spielverhalten zu einem künstlichen Beat, der eben keine Abweichungen im Timing aufweist, unterscheidet. Wie auch Prögler 1995 schon feststellte, weicht das Spielverhalten von BassistInnen zum Metronomclik deutlich von deren Spielverhalten in der Interaktion mit SchlagzeugerInnen ab. Während die Messungen des Spiels zum Metronomclick sowohl bei Prögler 1995 als auch in dem in der vorliegenden Arbeit präsentierten Experiment entweder ein treibendes Spielverhalten aufweisen oder keine stark ausgeprägte Spieltendenz erkenntlich ist, so sprechen die Messungen des Spielverhaltens in der Interaktion mit SchlagzeugerInnen bei allen Versuchspersonen am Bass für eine stark ausgeprägte Tendenz, die Töne laidback zu platzieren. Um dem Spielverhalten in der Interaktion noch genauer nachzugehen, wurden zwei Manipulationen durchgeführt. Bei der verstärkenden Manipulation wurde jeweils eine Versuchsperson pro Durchgang aufgefordert, das in der These angenommene Spielverhalten umzusetzen. Die BassistInnen wurden also
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aufgefordert, laidback zu spielen und die SchlagzeugerInnen bekamen die Anweisung treibend zu spielen. Dem/der MitmusikerIn wurde nichts über die Vorgabe mitgeteilt, dieser wurde einfach gebeten einen Swing im vorgegebenen Tempo zu spielen. Auch wurde eine entgegengesetzte Manipulation durchgeführt, bei der die kontroversen Spielverhalten als Vorgabe dienten. Die erhöhten Asynchronizitäten in den Messergebnissen der verstärkenden Manipulation sprechen deutlich dafür, dass eine stark ausgeprägte Spieltendenz eines/einer MusikerIn, welche dem Spielverhalten des normalen Spiels in der Ausprägung der Tendenz entspricht, mit einem ebenfalls stark ausgeprägten kontroversen Spielverhalten durch den anderen Musiker ausgeglichen wird, um gemeinsam zu swingen. Zeigen die Ergebnisse der entgegengesetzten Manipulation auf dem ersten Blick zunächst kein derartig eindeutiges Ergebnis, spricht jedoch schon die große Bandbreite an unterschiedlichen Reaktionen auf das nicht der Norm entsprechende Spielverhalten dafür, dass ein starkes laidback-Spiel des Schlagzeugers und ein sehr treibendes Spiel des Bassisten dem gewöhnlichen Spielverhalten nicht entsprechen. Besonders interessant ist auch das Ergebnis, dass bei einer Vorgabe eines treibenden Spielverhaltens an einen Bassisten, das treibende Spiel des Bassisten nicht mit einem laidback-Spiel ausgeglichen wurde, sondern mit einem noch treibenderen Spielverhalten interagiert wurde, so dass die Bassonsets im Vergleich zum Schlagzeugbeat sogar als durchschnittlich deutlich hinter dem Beat, also laidback, platziert erschienen. Dies bestätigt auch die Vermutung, dass SchlagzeugerInnen zu einem treibenden Spiel tendieren während BassistInnen ein laidback-Spiel präferieren. Auch der Fragestellung inwiefern MusikerInnen ein Spielverhalten bewusst einsetzen und wie gut das Spielverhalten der MitmusikerInnen eingeschätzt werden kann, wird in der Auswertung von Fragebögen nachgegangen. Weiters wird in der Auswertung herausgearbeitet, dass das laidback-Spiel, wie schon bei Iyer 2002 erläutert, einen zentralen Stellenwert in der Generierung von Swing einnimmt und als ein charakteristisches Merkmal dieser Stilistik betrachtet werden kann.

Abstract (eng)

In recent years the Science of Music Interpretation has focused more on the rhythmical component of a performance. The countless possibilities for the creation of rhythm have been understood as an expressive phenomenon that constitutes a considerably big factor for the significance of the interpretation of a musician. To get to the bottom of those characteristics - which often times can only be captured in the microrhythmic field - scientific research has carried out various measures regarding diverse questions via Computer software.
In the introductory part of the present paper a few central microrhythmic experiments from research on classical music as well as swing music have been outlined. Building on the results of three studies about the interaction of Bass and Drums in Jazz a pilot experiment about this topic is being presented. On the one hand side it should show the adequacy of the methods applied, on the other side it is meant to substantiate the question. Focal to the paper is an experiment with six jazz musicians which goes into the matter of Swing being created on a rhythmical level mainly through the collaboration of controversial play in interaction. Recordings from simultaneous interaction of Bass and Drums have been carried out to look at them in terms of their microrhythmic behavior while playing together. Furthermore we recorded each musician playing to a metronome click in order to compare whether their playing attitudes differed in interaction with musicians and with an artificial beat which does not have any aberrations in timing.
As Proegler mentioned in 1995 the playing attitude of Bassists varies markedly when playing with a metronome to interacting with real Drum players. While the measures of playing to a metronome click showed as well at Proegler´s as in the experiment done in the present paper either a driving tendency in the playing or no distinct tendency, the measures taken in interaction with Drum players showed that all test persons playing Bass had a strongly pronounced tendency to place tones laid-back.
In order to look into the playing attitude in interaction even more, two manipulations were carried out. For the amplified manipulation one test person per run was asked to put into action the assumed playing attitude. That means the Bassist was asked to play laid-back and Drum players were asked to play in a driving style. The accompanying musician was not informed about this condition and was just told to play a Swing rhythm in the stated speed. A counter-manipulation was also carried out, for which the controvesial attitudes of playing served as the condition. The increased asynchronicities in the results of the measures of the amplified manipulation clearly hint towards the fact that a strongly pronounced playing
130
attitude of one musician is being balanced by an equally strongly pronounced controversial playing attitude of the other musician, in order to be able to swing together. The results of the adverse manipulation do not show such a clear result at first, as the big variety of different reactions to the playing attitude that does not fit the norm indicates that a strong laid-back play of the Drummer and a very driving play of the Bassist do not conform to a normal playing attitude.
The result of a given driving playing attitude of the Bassist not being balanced by more laid-back play, but being counteracted with an even more driving playing attitude, is especially interesting. In comparison to the Drum beat the Bass onsets on average even came with a clear delay to the beat, seemingly being placed laid-back. This confirms the assumption that Bass players have a tendency towards a driving playing attitude, whereas Bassists prefer a laid-back playing style. In the analysis of the questionnaire the question to what extent musicians deliberately use their playing attitudes and how well the playing attitudes of co-musicians can be estimated has also been looked into. Furthermore the analysis shows that laid-back play, as explained by Iyer 2002, has a significant role in the generation of Swing and can be seen as a characteristic attribute of this stylistics.

Keywords (eng)
MicrorhythmSwingJazz
Keywords (deu)
MikrorhythmikSwingJazz
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1280713
Number of pages
132