Title (deu)
Protestanten im 19. Jahrhundert
Untersuchungen zum Protestantismus in Österreich im Spiegel der evangelischen Pressearbeit mit Schwerpunkt auf der Zeitschrift
Author
Veronika Obermeir
Advisor
Rudolf Leeb
Assessor
Rudolf Leeb
Abstract (deu)
Das 19. Jahrhundert war für den österreichischen Protestantismus eine prägende Epoche. Diese Arbeit hat sich das Ziel gesetzt, anhand der Untersuchung des evangelischen Pressewesens in Österreich einen Überblick über protestantisches Leben im 19. Jahrhundert darzustellen. Im ersten Abschnitt werden ein historischer Rahmen sowie eine Skizzierung der inneren Entwicklung der evangelischen Kirche in Österreich und deren Milieus dargelegt. In der Revolution 1848 wurde auch von den Protestanten eine Chance auf Veränderungen gesehen, denn trotz des Toleranzpatents war von Gleichberechtigung noch nicht zu sprechen. Erst durch das Aufkeimen der liberalen Ära konnte mit dem Erlass des Protestantenpatents eine relative Gleichstellung der Konfessionen erreicht werden. Es durften nun Vereine und Gesellschaften mit Öffentlichkeitsrecht gegründet werden. Das protestantische Leben in Österreich erblühte und es entstanden auch Gemeinden außerhalb der Gebiete des ehemaligen Geheimprotestantismus. Dennoch war die Diasporasituation im Habsburgerreich weiterhin eine große Herausforderung. Neben den gemeinschaftsstiftenden Vereinen, allen voran der Gustav Adolf Verein, war auch die evangelische Öffentlichkeitsarbeit um Einheit und Gemeinschaftsgefühl unter den Protestanten bemüht. Im zweiten Abschnitt werden die Entwicklung der evangelischen Pressetätigkeit im 19. Jahrhundert und ein Ausblick auf das 20. Jahrhundert dargestellt. Die protestantischen Milieus in Österreich waren regional verschieden und abhängig von der jeweiligen Entwicklung in den Phasen der Konsolidierung der Gemeinden. Die Unterschiede zwischen den protestantischen Ausrichtungen, grob gesagt zwischen einer modernen und einer konservativen Tendenz, machte sich auch im Pressewesen bemerkbar. In den Blättern wurde häufig der Standpunkt des jeweiligen protestantischen Milieus und dessen Frömmigkeit vertreten. Es kam daher auch zu Diskussionen zwischen den verschiedenen Ausrichtungen auf publizistischer Ebene. Im dritten Abschnitt wird die Zeitschrift „Der österreichische Protestant“ exemplarisch untersucht. Aus dem bestimmt liberalen Milieu der Grazer Gemeinde trat 1875 eine Zeitschrift hervor, die sich selbst als Organ des freisinnigen Protestantismus in Österreich bezeichnete: „Der steiermärkische Protestant“. Beeinflusst von dem „Deutschen Protestantenverein“ entstand 1871 ein „Steiermärkischer Protestantenverein“. Es wurden dort Lesungen und Vorträge gehalten, aber auch Musik- und Gesellschaftsabende veranstaltet. Aus den Reihen dieses Vereins kam der Gründer des Blattes Rudolf Beyer. 1876 übernahm ein Klagenfurter Verlag die Redaktion und den Druck des Blattes, es wurde vergrößert und hatte bald österreichweit Abonnenten. Es wurde zu: „Der österreichische Protestant“. Die Herausgeberschaft und auch die äußere Erscheinung des Blattes änderten sich im Laufe des 34jährigen Bestehens. Im „Protestant“ wurden zum einen anspruchsvolle Artikel und Feuilletons, zum anderen Nachrichten und Korrespondenzen aus den Gemeinden und aus dem Ausland abgedruckt. Anhand jenes Blattes kann die Lebenswelt der Protestanten im 19. Jahrhundert greifbar nachvollzogen werden. Die Prinzipien des liberalen, kulturprotestantischen Milieus in Österreich wurden in der Zeitschrift klar dargelegt. Allen voran stand die Prämisse: Wissenschaft und Moderne stehen nicht in Widerspruch zu Religion und Glaube. Ein großes Interesse hatte das Blatt auch an der Tätigkeit des Gustav Adolf Vereines und an schulpolitischen Themen. Ab 1898 wurde über die Übertrittsbewegung berichtet. Das Blatt druckte zwar auch Beiträge von radikaleren Los-von-Rom Agitatoren, es war aber sichtlich um eine neutrale, gemäßigte Berichterstattung bemüht. 1902 hatte der „Protestant“ ca. 600 Leser, 1909 musste das Blatt aus Geldmangel dennoch eingestellt werden. Zusammenfassend ist zu betonen, dass alle evangelischen Blätter des 19. Jahrhunderts, unabhängig ihrer Ausrichtung und der thematischen Schwerpunkte, an evangelischer Wohltätigkeitsarbeit und an der Erforschung der österreichisch evangelischen Kirchengeschichte sowie der Veröffentlichung von Gemeindeschematismen interessiert waren. Ziel der evangelischen Presse war es demnach, die Protestanten sichtbar zu machen und damit das protestantische Selbstbewusstsein im katholischen Österreich zu stärken.
Abstract (eng)
The aim of this work is to examine the development and growth of Austrian Protestantism in the 19th century and how denominational print media depicted relevant historical events. The first part of the diploma thesis gives a general survey of the history and the environmental characteristics of Protestants in Austria. It demonstrates a vivid protestant community, especially arising during the revolution 1848 and after the Protestantenpatent which enabled denominational equality in Austria. Thereupon Protestants founded many clubs and societies with the incitement to support the Protestant communities in the Diaspora and to bring forward alliance between all Protestants living in the crown land of the monarchy. The second part shows, how the Protestant print media kept up with the time and developed into a confident organ to represent the different characteristics of Austrian Protestant religiousness. Throughout the third part of the thesis the journal “Der österreichische Protestant” is introduced exemplarily. It was founded in 1875 as “Der steiermärkische Protestant” in Graz by the intellectual, middle-class Rudolf Beyer. The general tendency of the journal is modern and liberal-minded. In articles and feuilletons of high value, several authors declared the liberal position of the journal by assuming that science and religion do not rule each other out. The journal existed over the period of 34 volumes until it had to be discontinued for financial reasons in 1909. It discussed the conversion movement at the end of the 19th century at full length; “Der österreichische Protestant” registered the conversions from the Roman Catholic Church to the Protestant denomination within the category “news and correspondence”. Nevertheless, the journal represented a moderate position towards the movement. All Protestant journals discussed Austrian Protestant church history and listed figures of and information on Austrian parishes. Above all disagreement, Protestant media was interested in charity work and in a coherence in opposition towards their common opponents. The Protestant print media was of great importance concerning the consolidation of the Austrian Protestant identity in the 19th century.
Keywords (deu)
Protestantismus19. JahrhundertPresseDer österreichische Protestant
Subject (deu)
Type (deu)
Extent (deu)
137 S.
Number of pages
137
Members (1)
Title (deu)
Protestanten im 19. Jahrhundert
Untersuchungen zum Protestantismus in Österreich im Spiegel der evangelischen Pressearbeit mit Schwerpunkt auf der Zeitschrift
Author
Veronika Obermeir
Abstract (deu)
Das 19. Jahrhundert war für den österreichischen Protestantismus eine prägende Epoche. Diese Arbeit hat sich das Ziel gesetzt, anhand der Untersuchung des evangelischen Pressewesens in Österreich einen Überblick über protestantisches Leben im 19. Jahrhundert darzustellen. Im ersten Abschnitt werden ein historischer Rahmen sowie eine Skizzierung der inneren Entwicklung der evangelischen Kirche in Österreich und deren Milieus dargelegt. In der Revolution 1848 wurde auch von den Protestanten eine Chance auf Veränderungen gesehen, denn trotz des Toleranzpatents war von Gleichberechtigung noch nicht zu sprechen. Erst durch das Aufkeimen der liberalen Ära konnte mit dem Erlass des Protestantenpatents eine relative Gleichstellung der Konfessionen erreicht werden. Es durften nun Vereine und Gesellschaften mit Öffentlichkeitsrecht gegründet werden. Das protestantische Leben in Österreich erblühte und es entstanden auch Gemeinden außerhalb der Gebiete des ehemaligen Geheimprotestantismus. Dennoch war die Diasporasituation im Habsburgerreich weiterhin eine große Herausforderung. Neben den gemeinschaftsstiftenden Vereinen, allen voran der Gustav Adolf Verein, war auch die evangelische Öffentlichkeitsarbeit um Einheit und Gemeinschaftsgefühl unter den Protestanten bemüht. Im zweiten Abschnitt werden die Entwicklung der evangelischen Pressetätigkeit im 19. Jahrhundert und ein Ausblick auf das 20. Jahrhundert dargestellt. Die protestantischen Milieus in Österreich waren regional verschieden und abhängig von der jeweiligen Entwicklung in den Phasen der Konsolidierung der Gemeinden. Die Unterschiede zwischen den protestantischen Ausrichtungen, grob gesagt zwischen einer modernen und einer konservativen Tendenz, machte sich auch im Pressewesen bemerkbar. In den Blättern wurde häufig der Standpunkt des jeweiligen protestantischen Milieus und dessen Frömmigkeit vertreten. Es kam daher auch zu Diskussionen zwischen den verschiedenen Ausrichtungen auf publizistischer Ebene. Im dritten Abschnitt wird die Zeitschrift „Der österreichische Protestant“ exemplarisch untersucht. Aus dem bestimmt liberalen Milieu der Grazer Gemeinde trat 1875 eine Zeitschrift hervor, die sich selbst als Organ des freisinnigen Protestantismus in Österreich bezeichnete: „Der steiermärkische Protestant“. Beeinflusst von dem „Deutschen Protestantenverein“ entstand 1871 ein „Steiermärkischer Protestantenverein“. Es wurden dort Lesungen und Vorträge gehalten, aber auch Musik- und Gesellschaftsabende veranstaltet. Aus den Reihen dieses Vereins kam der Gründer des Blattes Rudolf Beyer. 1876 übernahm ein Klagenfurter Verlag die Redaktion und den Druck des Blattes, es wurde vergrößert und hatte bald österreichweit Abonnenten. Es wurde zu: „Der österreichische Protestant“. Die Herausgeberschaft und auch die äußere Erscheinung des Blattes änderten sich im Laufe des 34jährigen Bestehens. Im „Protestant“ wurden zum einen anspruchsvolle Artikel und Feuilletons, zum anderen Nachrichten und Korrespondenzen aus den Gemeinden und aus dem Ausland abgedruckt. Anhand jenes Blattes kann die Lebenswelt der Protestanten im 19. Jahrhundert greifbar nachvollzogen werden. Die Prinzipien des liberalen, kulturprotestantischen Milieus in Österreich wurden in der Zeitschrift klar dargelegt. Allen voran stand die Prämisse: Wissenschaft und Moderne stehen nicht in Widerspruch zu Religion und Glaube. Ein großes Interesse hatte das Blatt auch an der Tätigkeit des Gustav Adolf Vereines und an schulpolitischen Themen. Ab 1898 wurde über die Übertrittsbewegung berichtet. Das Blatt druckte zwar auch Beiträge von radikaleren Los-von-Rom Agitatoren, es war aber sichtlich um eine neutrale, gemäßigte Berichterstattung bemüht. 1902 hatte der „Protestant“ ca. 600 Leser, 1909 musste das Blatt aus Geldmangel dennoch eingestellt werden. Zusammenfassend ist zu betonen, dass alle evangelischen Blätter des 19. Jahrhunderts, unabhängig ihrer Ausrichtung und der thematischen Schwerpunkte, an evangelischer Wohltätigkeitsarbeit und an der Erforschung der österreichisch evangelischen Kirchengeschichte sowie der Veröffentlichung von Gemeindeschematismen interessiert waren. Ziel der evangelischen Presse war es demnach, die Protestanten sichtbar zu machen und damit das protestantische Selbstbewusstsein im katholischen Österreich zu stärken.
Abstract (eng)
The aim of this work is to examine the development and growth of Austrian Protestantism in the 19th century and how denominational print media depicted relevant historical events. The first part of the diploma thesis gives a general survey of the history and the environmental characteristics of Protestants in Austria. It demonstrates a vivid protestant community, especially arising during the revolution 1848 and after the Protestantenpatent which enabled denominational equality in Austria. Thereupon Protestants founded many clubs and societies with the incitement to support the Protestant communities in the Diaspora and to bring forward alliance between all Protestants living in the crown land of the monarchy. The second part shows, how the Protestant print media kept up with the time and developed into a confident organ to represent the different characteristics of Austrian Protestant religiousness. Throughout the third part of the thesis the journal “Der österreichische Protestant” is introduced exemplarily. It was founded in 1875 as “Der steiermärkische Protestant” in Graz by the intellectual, middle-class Rudolf Beyer. The general tendency of the journal is modern and liberal-minded. In articles and feuilletons of high value, several authors declared the liberal position of the journal by assuming that science and religion do not rule each other out. The journal existed over the period of 34 volumes until it had to be discontinued for financial reasons in 1909. It discussed the conversion movement at the end of the 19th century at full length; “Der österreichische Protestant” registered the conversions from the Roman Catholic Church to the Protestant denomination within the category “news and correspondence”. Nevertheless, the journal represented a moderate position towards the movement. All Protestant journals discussed Austrian Protestant church history and listed figures of and information on Austrian parishes. Above all disagreement, Protestant media was interested in charity work and in a coherence in opposition towards their common opponents. The Protestant print media was of great importance concerning the consolidation of the Austrian Protestant identity in the 19th century.
Keywords (deu)
Protestantismus19. JahrhundertPresseDer österreichische Protestant
Subject (deu)
Type (deu)
Number of pages
137