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Title (deu)
Die Unternehmerinsolvenz in der öffentlichen Auftragsvergabe
Author
Michael Schweda
Adviser
Josef Aicher
Assessor
Josef Aicher
Assessor
Alina Lengauer
Abstract (deu)
Die im § 68 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 normierte absolute Ausschlussverpflichtung bei Vorliegen eines der Insolvenztatbestände ist sachlich nicht gerechtfertigt. Für den Auftraggeber geht es im Zusammenhang mit den Eignungskriterien nämlich primär darum, ob ihm durch die Beauftragung des Bieters bzw. Bewerbers im Hinblick auf eine Überschuldungs- bzw. Insolvenzgefahr oder voraussichtliche Liquiditätsengpässe ein nicht tragbares Risiko erwächst, oder aber eine vertragsgemäße Abwicklung zu erwarten ist, der Unternehmer den erteilten Auftrag also aller Voraussicht nach auch „durchstehen“ wird. Der Auftraggeber darf sich daher nicht mit einem „positiven Nachweis“ hinsichtlich der Einleitung eines Insolvenzverfahrens begnügen. Er hat sämtliche vorgebrachten Umstände im Sinne eines kontradiktorischen Verfahrens zu würdigen und aufgrund der dadurch gewonnenen Rückschlüsse über die wirtschaftliche bzw. finanzielle Lage des betroffenen Wirtschaftsteilnehmers, eine Entscheidung hinsichtlich des Ausschlusses vom weiteren Vergabeverfahren zu treffen. Zum vergleichbaren Art 23 RL 71/305/EWG hat der EuGH bereits festgehalten, dass diese Ausschlusstatbestände an die Illiquidität bzw. Zuverlässigkeit der Bieter bzw. Bewerber anknüpfen und einen Ausschluss lediglich rechtfertigen „können“. Art 23 leg. cit. lässt lediglich den Ausschluss aufgrund der abschließend genannten Tatbestände zu, verpflichtet den Auftraggeber aber keinesfalls zum automatischen Ausschluss von betroffenen Bietern bzw. Bewerbern. Die genannte Bestimmung bezweckt, den jeweiligen Vergabestellen für das konkret ausgeschriebene Verfahren zur Vergabe einer Leistung einen Entscheidungsspielraum zu belassen und ihnen zu ermöglichen, die Anforderungen an die Eignung der teilnehmenden Unternehmer je nach den gegebenen Erfordernissen einzelfallbezogen festzulegen. Durch die Normierung der zwingenden Insolvenzausschlusstatbestände im § 68 Abs. 1 BVergG 2006 wurde dem Auftraggeber die Möglichkeit genommen, die verfassungsrechtlich erforderliche Einzelfallbetrachtung einzuhalten. Einem Unternehmen ist daher zwingend in einem kontradiktorischen Verfahren die Chance auf Rechtfertigung einzuräumen, was der VfGH in seinem Erkenntnis für den Fall der bis zur Novelle des BVergG 2006 mit BGBl. I 86/2007 noch gesondert normierten besonderen beruflichen Zuverlässigkeit ausdrücklich klargestellt hat. Denn alleine aufgrund von der Einleitung eines Insolvenzverfahrens ist ein Unternehmer noch nicht als jedenfalls ungeeignet anzusehen. Der Auftraggeber hat sich daher mit den konkreten Umständen genau auseinanderzusetzen, um der verfassungsrechtlich gebotenen Einzelfallbetrachtung zu entsprechen. Gelangt ein öffentlicher Auftraggeber sodann etwa aufgrund einer Rücksprache mit dem Insolvenzverwalter zu dem Ergebnis, dass der Bieter trotz der Einleitung eines Insolvenzverfahrens ausreichende Chancen auf den Fortbestand seiner wirtschaftlichen Existenz hat, so wäre eine dennoch getroffene Ausschlussentscheidung aufgrund des Insolvenztatbestandes fehlerhaft. Ein unbedingter Ausschluss mangels Eignung wegen eines Insolvenzverfahrens kommt somit nicht in Betracht. Die sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Eignungsmerkmale „finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ sowie „Zuverlässigkeit“ zeigt sich insbesondere auch bei der Substituierung der Eignungskriterien. Während die Merkmale Befugnis, technische bzw. finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch den Verweis auf die Kapazitäten von Subunternehmern erbracht werden können, ist die Substituierung der Zuverlässigkeit, etwa aufgrund der Einleitung eines Insolvenzverfahrens, im Regelungsbereich des BVergG 2006 nicht möglich. Den Wirtschaftsteilnehmern die notwendige Substituierung der wirtschaftlichen und finanziellen, allenfalls auch technischen Ressourcen erst ab der Einleitung bzw. Abweisung der im § 68 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 genannten Verfahren zu verbieten, führt meiner Einschätzung nach alleine dazu, dass betroffene Unternehmer ihrer im § 69 Abs. 2 IO normierten Antragspflicht nicht ordnungsgemäß nachkommen werden bzw. nachkommen können.
Keywords (deu)
EignungZuverlässigkeitwirtschaftliche LeistungsfähigkeitInsolvenzSubunternehmer
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1282621
rdau:P60550 (deu)
188 S.
Number of pages
188
Members (1)
Title (deu)
Die Unternehmerinsolvenz in der öffentlichen Auftragsvergabe
Author
Michael Schweda
Abstract (deu)
Die im § 68 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 normierte absolute Ausschlussverpflichtung bei Vorliegen eines der Insolvenztatbestände ist sachlich nicht gerechtfertigt. Für den Auftraggeber geht es im Zusammenhang mit den Eignungskriterien nämlich primär darum, ob ihm durch die Beauftragung des Bieters bzw. Bewerbers im Hinblick auf eine Überschuldungs- bzw. Insolvenzgefahr oder voraussichtliche Liquiditätsengpässe ein nicht tragbares Risiko erwächst, oder aber eine vertragsgemäße Abwicklung zu erwarten ist, der Unternehmer den erteilten Auftrag also aller Voraussicht nach auch „durchstehen“ wird. Der Auftraggeber darf sich daher nicht mit einem „positiven Nachweis“ hinsichtlich der Einleitung eines Insolvenzverfahrens begnügen. Er hat sämtliche vorgebrachten Umstände im Sinne eines kontradiktorischen Verfahrens zu würdigen und aufgrund der dadurch gewonnenen Rückschlüsse über die wirtschaftliche bzw. finanzielle Lage des betroffenen Wirtschaftsteilnehmers, eine Entscheidung hinsichtlich des Ausschlusses vom weiteren Vergabeverfahren zu treffen. Zum vergleichbaren Art 23 RL 71/305/EWG hat der EuGH bereits festgehalten, dass diese Ausschlusstatbestände an die Illiquidität bzw. Zuverlässigkeit der Bieter bzw. Bewerber anknüpfen und einen Ausschluss lediglich rechtfertigen „können“. Art 23 leg. cit. lässt lediglich den Ausschluss aufgrund der abschließend genannten Tatbestände zu, verpflichtet den Auftraggeber aber keinesfalls zum automatischen Ausschluss von betroffenen Bietern bzw. Bewerbern. Die genannte Bestimmung bezweckt, den jeweiligen Vergabestellen für das konkret ausgeschriebene Verfahren zur Vergabe einer Leistung einen Entscheidungsspielraum zu belassen und ihnen zu ermöglichen, die Anforderungen an die Eignung der teilnehmenden Unternehmer je nach den gegebenen Erfordernissen einzelfallbezogen festzulegen. Durch die Normierung der zwingenden Insolvenzausschlusstatbestände im § 68 Abs. 1 BVergG 2006 wurde dem Auftraggeber die Möglichkeit genommen, die verfassungsrechtlich erforderliche Einzelfallbetrachtung einzuhalten. Einem Unternehmen ist daher zwingend in einem kontradiktorischen Verfahren die Chance auf Rechtfertigung einzuräumen, was der VfGH in seinem Erkenntnis für den Fall der bis zur Novelle des BVergG 2006 mit BGBl. I 86/2007 noch gesondert normierten besonderen beruflichen Zuverlässigkeit ausdrücklich klargestellt hat. Denn alleine aufgrund von der Einleitung eines Insolvenzverfahrens ist ein Unternehmer noch nicht als jedenfalls ungeeignet anzusehen. Der Auftraggeber hat sich daher mit den konkreten Umständen genau auseinanderzusetzen, um der verfassungsrechtlich gebotenen Einzelfallbetrachtung zu entsprechen. Gelangt ein öffentlicher Auftraggeber sodann etwa aufgrund einer Rücksprache mit dem Insolvenzverwalter zu dem Ergebnis, dass der Bieter trotz der Einleitung eines Insolvenzverfahrens ausreichende Chancen auf den Fortbestand seiner wirtschaftlichen Existenz hat, so wäre eine dennoch getroffene Ausschlussentscheidung aufgrund des Insolvenztatbestandes fehlerhaft. Ein unbedingter Ausschluss mangels Eignung wegen eines Insolvenzverfahrens kommt somit nicht in Betracht. Die sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Eignungsmerkmale „finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ sowie „Zuverlässigkeit“ zeigt sich insbesondere auch bei der Substituierung der Eignungskriterien. Während die Merkmale Befugnis, technische bzw. finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch den Verweis auf die Kapazitäten von Subunternehmern erbracht werden können, ist die Substituierung der Zuverlässigkeit, etwa aufgrund der Einleitung eines Insolvenzverfahrens, im Regelungsbereich des BVergG 2006 nicht möglich. Den Wirtschaftsteilnehmern die notwendige Substituierung der wirtschaftlichen und finanziellen, allenfalls auch technischen Ressourcen erst ab der Einleitung bzw. Abweisung der im § 68 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 genannten Verfahren zu verbieten, führt meiner Einschätzung nach alleine dazu, dass betroffene Unternehmer ihrer im § 69 Abs. 2 IO normierten Antragspflicht nicht ordnungsgemäß nachkommen werden bzw. nachkommen können.
Keywords (deu)
EignungZuverlässigkeitwirtschaftliche LeistungsfähigkeitInsolvenzSubunternehmer
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1282622
Number of pages
188