Abstract (deu)
Man nimmt an, dass es Piraterie seit Anbeginn der Schifffahrt gab und auch heutzutage ist das Problem noch immer aktuell. Man ist sich bewusst darüber, dass Seeräuber gesetzlose Diebe, Verbrecher und oft auch brutale Mörder waren und sind.
Warum sind Menschen dennoch von Piratengeschichten so fasziniert? Neben dieser das Publikum betreffenden Frage wollte ich in meiner Arbeit noch einer weiteren auf den Grund gehen, jener nach aktuellen Grundbedingungen: Wenn es nämlich in diesem Genre eine jahrzehntelange Flaute gab, wieso ist es ausgerechnet Gore Verbinski und seinem Team im Jahre 2003 gelungen, mit Fluch der Karibik einen Welterfolg zu landen. Wie konnte es zu dieser spektakulären Wiederbelebung des Piratenfilms kommen?
Die Antwort auf die Frage nach der beeindruckenden Wirkung von Piraten, liegt, wie ich in meiner Arbeit versucht habe deutlich zu machen, in der romantischen Vorstellung von Piraten. Seit dem „goldenen Zeitalter“ der Piraterie und den in Umlauf gekommenen Berichten über die gesetzlosen Seeräuber, die sich den Regeln der Gesellschaft widersetzen, sind die den Menschen fasziniert. Durch fiktive Literatur und die darauf aufbauenden Filme entstand eine mythische Aura um die Figur des Piraten.
Die Vorstellung von Freiheit und Rebellion gegen die Konventionen beflügelt die Fantasie der Zuschauer und man wünscht sich auch aus dem grauen Alltag hinaus, der Sonne entgegen zu segeln. Wie ich schon beim Schreiben meiner Fachbereichsarbeit herausgefunden habe, liegt der Hauptgrund für das Interesse am Piraten darin, dass man sich ihr Leben viel abenteuerlicher und spannender vorstellt als sein eigenes.
Auch die Verortung der Piratengeschichten spielt sicherlich eine wichtige Rolle, denn ohne die exotische Szenerie des karibischen Meeres wäre der Pirat ein einfacher Räuber mit Boot.
Ich habe in meiner Arbeit immer wieder darauf hingewiesen, dass das Wichtigste an einer guten Geschichte der Protagonist ist, mit dem sich der Zuschauer identifizieren kann. Dieser ist für ihn dann „der Held“ und muss nicht zwangsläufig der dramaturgische Held sein.
So komme ich an dieser Stelle zur Beantwortung der zweiten, am Anfang des Kapitels gestellten Frage: Wieso gelang Verbinski ausgerechnet mit Fluch der Karibik die Wiederbelebung des Piratenfilmgenres?
Meine Hypothese, dass alle drei Teile der Fluch der Karibik-Reihe dem dramaturgischen „Urmuster“ folgen, habe ich anhand der Kapitel vier bis sechs aufzeigen können.
Doch alleine die Tatsache, dass die Drehbuchautoren dem altbewährten Thema und der von Vogler, beziehungsweise Campbell, beschriebenen Struktur folgten, war kein Garant für den Erfolg des Films. Denn nicht jede Heldenreise ist interessant nur weil sie dem monomythischen Aufbau folgt.
Der Unterscheid zwischen Fluch der Karibik und einer klassischen Abenteuergeschichte ist, dass der dramaturgische Held, welcher zum großen Teil Will Turner ist, nicht unbedingt jener ist, mit dem das Publikum mitfiebert. Noch interessanter ist es, dass die Figur mit der sich der Zuschauer identifiziert ausgerechnet ein Pirat ist.
Jack ist die prototypische Identifikationsfigur für das freiheitsliebende Publikum. Als Pirat darf er das ausleben, was dem Publikum im Alltag verwehrt bleibt: er widersetzt sich den strengen Regeln der Gesellschaft und tut wonach ihm in dem Augenblick gerade ist. Seine extravagante, schrullige Art macht ihn nur noch sympathischer.
Ich hoffe gezeigt zu haben, dass auch wenn die meisten (guten) Geschichten in ihren Grundzügen ähnlich sind und die selben Stadien durchmachen, es dennoch weiterer Besonderheiten bedarf damit eine Geschichte erfolgreich werden kann.
So ist die Erweiterung des Piratenfilms um den Aspekt einer Geistergeschichte eine überraschende Wende im Piratenfilm, die es so noch nicht gegeben hat.
Erst das Zusammenspiel der besonderen Figur, welche Freiheit, Widerstand und vor allem großes Identifikationspotential darstellt, der überraschenden Erweiterung des Genres um den Aspekt des Fluches und der dramaturgischen Heldenreise ergibt eine „gute Reise“. Fluch der Karibik ist eine gelungene Mischung aus wahren Fakten, ironischer Reflexion des Piratenfilmgenres, actiongeladener Fiktion mit einer großen Portion Humor.