Abstract (deu)
Hyaenodon war eine artenreiche Gattung im späten Eozän bis ins frühe Miozän der nördlichen Hemisphäre (Europa, Nordamerika und Asien). Unter Berücksichtigung der spärlichen Erhaltung von karnivoren Säugetieren, ist der Nachweis aus bestimmten oligozänen Fundstellen beachtlich. Das trifft besonders auf Nordamerika (z.B. White River Formation) zu. In Europa lieferten die Spaltenfüllungen von Quercy (Frankreich) einen reichhaltigen Fossilnachweis, darunter auch Hyaenodon. Das asiatische Material ist weit weniger umfangreich und die meisten Funde stammen aus der Mongolei.
Der Mittelpunkt dieser Arbeit ist die Ökomorphologie des europäischen Hyaenodon und verfolgt das Ziel Ernährung, sensorische Fähigkeiten und Fortbewegung zu rekonstruieren. Taxonomisch verwertbare Informationen werden ebenfalls diskutiert.
Hyaenodon wurde lange als Knochenbrecher gewertet. Die Zahnschmelzdicke, Ergebnisse aus der „stereomicrowear“ Analyse und die Ultrastruktur des Zahnschmelzes wurden als Zusatzinformation zu der Zahnmorphologie und dem Kaumuster verwendet, um die Ernährung dieses fossilen Räubers zu rekonstruieren. Hyaenodon besetzte eine breite Nische, die mit der des rezenten Löwen und der Tüpfelhyäne überlappt. Unterschiedliche Tendenzen in der Nahrungspräferenz konnten zwischen europäischen und nordamerikanischen Taxa festgestellt werden.
Tast-, Gehörsinn und das Gehirn wurden je nach Möglichkeit untersucht. Erstmalig wird ein Gehörknöchelchen von Hyaenodon beschrieben.
Das Foramen infraorbitale ist relativ klein. Hyaenodon besaß keine spezialisierten Tasthaare wie Katzen. Der Tastsinn, hier eingeschränkt beurteilt an den Tasthaaren, war ähnlich wie in Hunden entwickelt.
Folgende Merkmale sind bei Betrachtung des bisherigen Wissens über das Gehirn zu erwähnen: Das Großhirn ist klein, aber gefurcht. Die olfaktorischen Loben sind groß. Der Geruchssinn war verglichen zu den anderen Sinnen sehr ausgeprägt.
Der Gehörapparat wurde untersucht, darunter die Bulla auditiva, ein Gehörknöchelchen (der Incus) und das Innenohr (die Gehörschnecke und die Bogengänge). Die Bulla ist aus einem gekammerten Entotympanicum aufgebaut. Die Aufwickelung der Gehörschnecke ist von einem vergleichbaren Grad wie dem des Hundes. Die Bogengänge sind ausgedehnt. Der Incus zeigt die übliche sattelförmige Gelenksfläche. Sie ist in eine große superiore und eine kleine, runde, inferiore Fläche unterteilt. Verglichen mit modernen Raubtieren ist der Incus am ähnlichsten dem der Katze. Hyaenodon war nicht an geringe Frequenzen angepasst. Höchstwahrscheinlich verfügte es über ein weites Spektrum an Frequenzen (wie Raubtiere allgemein) und könnte an hohe Frequenzen angepasst gewesen sein (wie die Katze).
Die Skelettelemente, auch wenn weniger zahlreich erhalten in Europa, waren die Grundlage für Rückschlüsse auf das Bewegungsmuster und die Jagdstrategie.
Das Ligamentum nuchae unterstützte den proportional zum Körper übergroßen Kopf. Wenn dieses Ligament tatsächlich vorhanden war, dann setzte es nicht am Epistropheus an wie in Caninae. Stattdessen wird hier vorgeschlagen, dass es am Hinterhaupt wie in Huftieren ansetzte.
Das Skelett von Hyaenodon zeigt terrestrische und kursoriale Merkmale. Generell war es von robustem Bau und mit starker Muskulatur ausgestattet. Der Fibio-Tarsal-Komplex weist auf Bewegung über unebene Flächen hin. Das Fortbewegungsmuster wird hier als kursorial beurteilt und in dem Sinne ausgelegt, dass Hyaenodon ein primär am Boden lebender Räuber mit Laufanpassungen war.
Die Eckzähne waren mediolateral komprimiert und in diesem Aspekt ähnlich den Caniden und damit anders als die im Querschnitt runden Eckzähne der Feliden. Dieser Typ ist ideal für das Aufschlitzen der Beute. Daher fügte Hyaenodon dem Beutetier mehrere flache Wunden zu und tötete nicht mit einem einzigem Biss wie moderne Feliden (dafür spricht auch die Ausbildung der Schnurrhaare). Die primäre Jagdstrategie war der Angriff aus dem Hinterhalt, aber auch eine Verfolgungsjagd mit den meisten damaligen Beutetieren konnte erfolgreich ausgehen. Hyaenodon war ein gefährlicher Räuber in den Wäldern des Eozäns und der offeneren Landschaft des Oligozäns.
Taxonomisch verwertbare Ergebnisse wurden ebenfalls erzielt:
Der Zahnwechsel verläuft bei europäischen Formen anders als bei Nordamerikanischen: deutliche Unterschiede sind im Ablauf des Zahnwechsels im Unterkiefer (den p3, p4, m3 und den Eckzahn betreffend) und auch im Oberkiefer (den P1 betreffend) festzustellen.
Die Milchbezahnung ist in Europa je nach Art ausgeprägt. Interessanterweise zeigen die oligozänen Arten Hyaenodon exiguus und Hyaenodon filholi unterschiedliche Morphologien der Oberkiefermilchzähne DP3 und DP4 (Entwicklung des anterioren Höckers und der Schneidekante) und der Unterkiefermilchzähne dp3 und dp4 (Entwicklung des anterioren Höckers und des Talonids). Im Vergleich mit juvenilem Material aus Nordamerika und Asien, erscheint die Morphologie von Hyaenodon exiguus als europäische Entwicklung. Die Annahme, dass Hyaenodon filholi ein asiatischer Einwanderer war, wird hier betont.
Divergenz innerhalb der Gattung Hyaenodon wurde festgestellt. Manche Unterschiede zwischen den nordamerikanischen und den europäischen Formen, die schon in der Literatur beschrieben worden sind, erwiesen sich als ungültig, z.B. das Vorhandensein eines Scapholunare in den eruopäischen Arten (basierend auf falscher Zuordnung). Der unterschiedliche Zahnwechsel ist jedoch ein beständiger Unterschied, ebenso wie die plesiomorphe Morphologie des M1 in den nordamerikanischen Formen. Die Wurzelentwicklung (ein- oder zweiwurzelig) des p1 ist variabel, gibt aber keine deutlichen Hinweise: die älteste bekannte Art zeigt einen einwurzeligen p1 und die oligozänen Arten Europas besitzen einen zweiwurzeligen p1. Das Skelett des europäischen Hyaenodon weist Unterschiede zwischen eozänem und oligozänem Material auf. Die Evolution des nordamerikanischen Hyaenodon wird als eigene Linie anerkannt.