Die vorliegende Studie befaßt sich mit medizinischen und religiösen Systemen der kubanischen Gesundheitskultur. Dabei kommt kultureller Diversität, sozialen Institutionen, zwischenmenschlicher Interaktion und Kommunikation eine bedeutende Rolle zu. Ausgehend von den Anfangsbedingungen der medizin- und religionssystemischen Musterbildungsprozesse wird dem soziokulturellen Erbe der Sklaverei und kolonialen Plantagenwirtschaft ebenso Rechnung getragen wie den performativen Prozessen der Transkulturation und Kreolisierung. Die kubanische Identität funktioniert als eine Art Orchester, das sich durch die gleichzeitige Präsenz von Animismus, Religion und Wissenschaft auszeichnet, und daher der Vorstellung einer stabilen vertikalen Kultur im Sinne einer evolutionistisch geradlinigen Entwicklung entgegensteht. PatientInnen wählen biomedizinische, alternative und komplementäre Therapien je nach situativem Bedarf und mit Bezug auf das öffentliche Gesundheitssystem und Religion.
Mit den iberischen Eroberern und fortschreitender Kolonisation kamen auch neue Krankheiten welche die indigene Bevölkerung dezimierten. Erst nach dem Ende der Kontinentalsperre 1815 kam es zu massiven Sklavenimporten für die Zuckerrohrproduktion in Kuba. Die symbolischen Transformationen dieser historischen Erfahrungen von Gewalt und Entmenschlichung finden sich in den Ritualsprachen der kubanischen Religionen wieder. Bei den Sklaven und Sklavinnen zählten Verletzungen und mentale Störungen zu den häufigen Krankheitsbildern. Die Modalitäten des Widerstandes werden als Attraktoren im Sinne von Wirkmechanismen des Denkens, Fühlens und Handelns beschrieben.
Im Kontext des rituellen und symbolischen Heilens kommt dem Körper als primäres Ausdrucksfeld der Wiederholung und Transformation eine wichtige Rolle zu. Die symbolische Zuordnung von Pflanzen, Tieren und Mineralien zu bestimmten spirituellen Entitäten stellt im dynamischen Prozess der Vorstellung mittels der selbstorganisatorischen Rückkoppelung einen therapeutischen Heilfaktor dar. Orichas werden im Sinne der Selbstähnlichkeit als fraktale Muster erkannt, die auf affektiv-kognitive Zustandsräume einwirken und zur Herstellung von Kohärenz dienen.
In der kubanischen Familienmedizin ebenso wie in der religiösen Verwandtschaft bilden gegenseitige Hilfeleistungen sozialer Netzwerke wichtige Ressourcen für Problemlösungen, Gesundheit und Heilung.
The present study investigates medical and religious systems as resources of health cultures in Cuba. Cultural diversity, social institutions, human interaction and communication thereby play a significant role. After examining the initial conditions of medical and religious pattern formation the social and cultural legacies of slavery and colonial plantation economies are considered as performative processes of transculturation and creolisation. It is argued that Cuban identity operates as a kind of orchestra characterized by a simultaneous presence of animism, religion and science, which opposes the representation of a stable and vertical culture in the sense of an evolutionary linear development. The patients make their choice of biomedical, alternative and complementary therapies according to their necessities and with reference to the public health system and religion.
With the Iberian colonizers and the ongoing colonization the challenge of new illnesses decimated the original population. After the continental closure in 1815 massive imports of slaves and slavery fueled the expanding sugar plantation industry. The symbolic transformations of these historical experiences can be traced in the ritual grammars of contemporary religions. Traumatisationes predominated within the slave communities alongside with mental disturbances. Modes of resistance are thought to be strange attractors and described with the meaning of trajectories of thinking, feeling and acting.
The human body as an expressive field of repetition and transformation has a pivotal role in ritual and symbolic healing. Through self-organizing feedback the symbolic attribution of plants, animals and minerals to spiritual entities is an important healing factor. In the sense of self-similarity Orichas are recognized as fractal forms that influence the cognitive and affective phase spaces of being and status, and as such they contribute to establish coherence. In religious and medical relationships mutual aid of social networks provides important resources for problem solving, health and healing.
Die vorliegende Studie befaßt sich mit medizinischen und religiösen Systemen der kubanischen Gesundheitskultur. Dabei kommt kultureller Diversität, sozialen Institutionen, zwischenmenschlicher Interaktion und Kommunikation eine bedeutende Rolle zu. Ausgehend von den Anfangsbedingungen der medizin- und religionssystemischen Musterbildungsprozesse wird dem soziokulturellen Erbe der Sklaverei und kolonialen Plantagenwirtschaft ebenso Rechnung getragen wie den performativen Prozessen der Transkulturation und Kreolisierung. Die kubanische Identität funktioniert als eine Art Orchester, das sich durch die gleichzeitige Präsenz von Animismus, Religion und Wissenschaft auszeichnet, und daher der Vorstellung einer stabilen vertikalen Kultur im Sinne einer evolutionistisch geradlinigen Entwicklung entgegensteht. PatientInnen wählen biomedizinische, alternative und komplementäre Therapien je nach situativem Bedarf und mit Bezug auf das öffentliche Gesundheitssystem und Religion.
Mit den iberischen Eroberern und fortschreitender Kolonisation kamen auch neue Krankheiten welche die indigene Bevölkerung dezimierten. Erst nach dem Ende der Kontinentalsperre 1815 kam es zu massiven Sklavenimporten für die Zuckerrohrproduktion in Kuba. Die symbolischen Transformationen dieser historischen Erfahrungen von Gewalt und Entmenschlichung finden sich in den Ritualsprachen der kubanischen Religionen wieder. Bei den Sklaven und Sklavinnen zählten Verletzungen und mentale Störungen zu den häufigen Krankheitsbildern. Die Modalitäten des Widerstandes werden als Attraktoren im Sinne von Wirkmechanismen des Denkens, Fühlens und Handelns beschrieben.
Im Kontext des rituellen und symbolischen Heilens kommt dem Körper als primäres Ausdrucksfeld der Wiederholung und Transformation eine wichtige Rolle zu. Die symbolische Zuordnung von Pflanzen, Tieren und Mineralien zu bestimmten spirituellen Entitäten stellt im dynamischen Prozess der Vorstellung mittels der selbstorganisatorischen Rückkoppelung einen therapeutischen Heilfaktor dar. Orichas werden im Sinne der Selbstähnlichkeit als fraktale Muster erkannt, die auf affektiv-kognitive Zustandsräume einwirken und zur Herstellung von Kohärenz dienen.
In der kubanischen Familienmedizin ebenso wie in der religiösen Verwandtschaft bilden gegenseitige Hilfeleistungen sozialer Netzwerke wichtige Ressourcen für Problemlösungen, Gesundheit und Heilung.
The present study investigates medical and religious systems as resources of health cultures in Cuba. Cultural diversity, social institutions, human interaction and communication thereby play a significant role. After examining the initial conditions of medical and religious pattern formation the social and cultural legacies of slavery and colonial plantation economies are considered as performative processes of transculturation and creolisation. It is argued that Cuban identity operates as a kind of orchestra characterized by a simultaneous presence of animism, religion and science, which opposes the representation of a stable and vertical culture in the sense of an evolutionary linear development. The patients make their choice of biomedical, alternative and complementary therapies according to their necessities and with reference to the public health system and religion.
With the Iberian colonizers and the ongoing colonization the challenge of new illnesses decimated the original population. After the continental closure in 1815 massive imports of slaves and slavery fueled the expanding sugar plantation industry. The symbolic transformations of these historical experiences can be traced in the ritual grammars of contemporary religions. Traumatisationes predominated within the slave communities alongside with mental disturbances. Modes of resistance are thought to be strange attractors and described with the meaning of trajectories of thinking, feeling and acting.
The human body as an expressive field of repetition and transformation has a pivotal role in ritual and symbolic healing. Through self-organizing feedback the symbolic attribution of plants, animals and minerals to spiritual entities is an important healing factor. In the sense of self-similarity Orichas are recognized as fractal forms that influence the cognitive and affective phase spaces of being and status, and as such they contribute to establish coherence. In religious and medical relationships mutual aid of social networks provides important resources for problem solving, health and healing.