Abstract (deu)
Der Vertrag von Lissabon, die Bürgerinnen und Bürger sind nun mit den Mitgliedstaaten Träger des politischen Systems der Europäischen Union, ist vorbestimmt durch die Beschlüsse des Europäischen Rates, die eine Reform der Verträge mit neuen Lösungen für mehr Demokratie, Transparenz und Handlungsfähigkeit vorsahen.
Was fehlt, ist ein bürgernaher Vertrag, der mehr Transparenz bietet und eine geeignete Legitimations-Grundlage zur Antwort schafft: „Wozu brauchen wir die Europäische Union?“ Der Vertrag allein schafft kein Europabewusstsein. Erst das Miteinander-Handeln und Kommunizieren der Bürger führt zur kollektiven Identitätsbildung und zur Legitimation der Union. Das untersuchte Engagement der Zivilgesellschaft zeigt Ansätze eines kontinuierlichen Prozesses zum Entstehen einer europäischen politischen Identität als Ergänzung zur nationalen. Gemeinschaftliche Sozialpolitik auf Unionsebene wäre ein identitätsstiftender Wert beizumessen, fehlten dazu nicht Kompetenzen als auch grundlegende Ressourcen.
Die Europäische Union als Bürgerunion ist unverzichtbar. Dies zeigen die Auswirkungen der Globalisierung, die geopolitischen Veränderungen in der Welt und die zunehmend größer werdende Bedeutungslosigkeit der Nationalstaaten. Dazu kommt eine wachsende Politikverdrossenheit der Bürger, auch als Folge fehlender Reformfähigkeit in den Mitgliedstaaten. Was die europäische Realität betrifft, ist es nur die Kommission, die von einem „Europa der Bürger“ spricht, während die Mitgliedstaaten als die „Herren der Verträge“ allein bestimmend sind. Das intergouvernementale System ist in der Art und Weise wie mit der Schuldenkrise umgegangen wird, nicht zukunftstauglich.
Daher benötigt die Europäische Union eine bürgernahe Verfassung mit einer Wahlordnung zum Europäischen Parlament und der Einrichtung eines europaweiten Referendums als direkte und unmittelbare Einbindung der Bürger. Dazu gehört ein Mehr an Engagement der nationalen Regierungen, der
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Europäischen Politischen Parteien mit den jeweiligen nationalen Parteien, dazu gehören eine europaweite Öffentlichkeit zu den wichtigen Entscheidungsfragen und Bürger mit Europafähigkeit als Eigenschaft, zu verstehen, was Europa bedeutet. Das heißt, das Elitenprojekt europäische Integration zu einer Angelegenheit der Bürger Europas zu machen. Die Finanzkrise und der damit verbundene Vertrauensverlust erfordert die demokratische Legitimierung von Entscheidungen generell und bezüglich der Eurozone neu zu denken. Dazu bedarf es verantwortungsbewusster Politiker mit dem politischen Willen zur Anwendung der Gemeinschaftsmethode auf Basis einer mittelfristigen Vertragsänderung, die unter Einbindung der Bürger durch intensive Überzeugungsarbeit und entsprechende politische Information vorzubereiten ist.