Abstract (deu)
In der vorliegenden Diplomarbeit wird das Verhältnis zwischen Politik und katholischer Kirche in der österreichischen Zwischenkriegszeit näher untersucht. Die Institution Kirche gilt als wichtiger politischer Faktor während der Ersten Republik (1918-1933/34) und des Dollfuß/Schuschnigg-Regimes (1933/34-1938), was im Titel der Arbeit mit den beiden Schlagwörtern „Politischer Katholizismus“ und „Klerikalfaschismus“ angedeutet wird. Inwiefern sich diese beiden Begriffe tatsächlich zur Charakterisierung der politisch und ideologisch unterschiedlichen Staatssysteme zwischen 1918 und 1938 eignen, wird ausgehend von einer kritischen Begriffsannäherung hinterfragt. Sowohl innerhalb der internationalen als auch der österreichischen Geschichtsforschung gibt es in Bezug auf deren Verwendung verschiedene Begriffsauffassungen und teilweise auch Periodisierungsvorschläge. Basierend auf diesen terminologischen Überlegungen folgt ein umfassender chronologischer Abriss, in dem die ideologischen, personellen und institutionellen Kontinuitäten und Brüche des Verhältnisses von Politik und Kirche zwischen der Ersten Republik und des Dollfuß/Schuschnigg-Regimes analysiert werden. In der Ersten Republik galt die katholische Kirche als Bündnispartner der Christlichsozialen Partei, was sich beispielsweise auf die Programmatik der Partei als auch auf die Besetzung politischer Mandate mit katholischen Priestern zurückführen lässt. Auch mit der Einführung des Dollfuß/Schuschnigg-Regimes am 1.Mai 1934 büßte die katholische Kirche ihre besondere Stellung im Staat nicht ein. Im Gegenteil: Im neuen Staat, der sich von Beginn an als bewusst „christlich“ deklarierte, konnte die katholische Kirche einige lang ersehnte Forderungen im Bereich der Kulturpolitik umsetzen. Um den Vergleich der beiden politischen Herrschaftssysteme der Zwischenkriegszeit abzurunden, dient sowohl ein Rückblick auf die Zeit der Monarchie, in der das Verhältnis von Politik und Kirche als „Ehe von Thron und Altar“ beschrieben wird, als auch ein Ausblick auf die Zeit des Nationalsozialismus, in der der katholischen Kirche Österreichs eine umstrittene Rolle zuteilwurde, als historischer Rahmen.