Abstract (deu)
Zum Einstieg in die Thematik zeigt der Verfasser die Spannung des medienhistorischen Verlaufs des Telephons auf. In den Anfängen der Telephonie war es etwas Besonderes, ein Telephon in der Wohnung (bzw. am Gang) zu haben. Es war bis in die sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts sogar ein konviviales Werkzeug, eines, das dem Zusammenleben der Menschen dienlich war und – wenn nicht zu aufdringlich - in manchen Fällen noch ist. Man denke dabei an die Telephonseelsorge, welche seit den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts besteht.
Es liegt nahe, Standpunkte und Problembereiche des Telefons mediengeschichtlich und systemisch zu betrachten und dabei auch sich aufdrängende Fragen der philosophischen Disziplinen Ästhetik, Technik (Medien) und Wirtschaft darzustellen bzw. zu analysieren.
„Die Technik habe als Resultat den Menschen von der unmittelbaren Gegenwart gelöst, so dass ein Gefühl der „Ohnmacht“ entstanden sei“, meint Karl Jaspers und zeigt in seiner Existenzphilosophie auf, dass der Mensch als Möglichkeit seiner Spontanität sich gegen das bloße Resultatsein wendet. Wir Menschen verspüren unsere schicksalhafte Eingelassenheit („Geworfenheit“) in eine Welt, in der wir uns in ewiger schuldhafter Verstrickung ständig zu entscheiden haben. „Der Mensch kann in der Welt nicht nur seiner Selbst sein“, so Jaspers. Technik und Fortschritt haben ihm eine neue Definition gegeben, die nicht von den Menschen selbst gesetzt ist, sondern von außen kommt. Technik spielt mit, wenn eine neue Gesellschaft und neue Regeln des menschlichen Zusammenlebens entstehen.
Der Verfasser ist der Ansicht, dass Techniker, Erfinder und Ingenieure nicht nur „darauf los forschen“ sollen und dürfen, sondern immer das ethische Ziel (z. B. Utilitarismus) vor Augen haben müssten, dass alle Technik und damit auch das Telephon zum Wohle des Menschen gedeihe und nicht umgekehrt zur potentiellen Quelle der Störung oder sogar zur Gefahr werden sollte (z. B. durch Strahlung usw.).
Die Bedeutung des Telephons ist darin zu sehen, dass es am Beginn der globalen Informations- und Kommunikationsgesellschaft stand und das Tor zu einer schnelllebigen Bürgergesellschaft öffnete. Der Alltag wurde erst vor etwa 100 Jahren in seiner Gliedrigkeit „entdeckt“. Plötzlich gab es Telephonate in der Firma bzw. im Büro und Telephonate nach der Arbeitszeit, also in der Freizeit, Zuhause, in der Wohnung. Es liefen hier gleich mehrere medientechnische Entwicklungslinien des 19. Jahrhunderts zusammen, nämlich die Konstruktion und Erforschung mechanischer und elektrischer Sprechmaschinen.
Der Verfasser zeigt auch auf, dass durch das Telephon alles immer schneller und schneller ablaufen kann, nicht nur in der Wirtschaft sondern auch im privaten Leben, in den eigenen vier Wänden. Es ist keine Zeit mehr für die Beschaulichkeit der „guten alten Zeit“. Die für uns Menschen wichtige Muße wird aufgrund Übertechnisierung und ständiger Erreichbarkeit und Verfügbarkeit - auch in den eigenen vier Wänden - zurückgedrängt.