Die Dissertation stellt theoretische Annäherungen an das Mobiltelefon als Ich-Erweiterung vor, die in einem qualitativ-empirischen Forschungsdesign überprüft werden. Das Theoriegerüst ist ein transdisziplinäres Kompositum sozialwissenschaftlicher und philosophischer Ansätze, welche Arbeits-, Identitäts- und Technikverhältnisse unter den Schirm neoliberaler Subjektivierung stellen. Ziel der Arbeit ist es, für diese theoretisch-begrifflich gefassten Konzepte, wie Subjektivierung von Arbeit, Arbeitskraftunternehmertum und dem unternehmerischen Selbst, empirische Evidenz in alltäglichen Handypraktiken zu finden. Das Handy als politische Technologie zu denken, ist das techniksoziologische Fundament dieser Vor-gangsweise. Sichtbar wird dies auch in der Zusammenschau der Geschichte des Telefons, die Kontinuitäten wie auch Brüche in der Entwicklung des Mobiltelefons zeigt. Kommunikationstechnologien schwimmen im Fahrwasser gesellschaftlicher Veränderungen. Einmal in Alltagsroutinen eingebunden, ‘vergisst’ man die Konflikte, die neue Technologien hervorrufen und die Motivlagen, die sie mit der Zeit als unverzichtbar erscheinen lassen. Paradebeispiel dafür ist die Entwicklung des Handys – der Gegenstand mit der schnellsten Alltagsverbreitung, obwohl die technologischen Wurzeln des tragbaren Telefons bereits in die Nachkriegsära zurückreichen. Erst mit der veränderten Lebensführung im Postfordismus entstehen die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für den Bedarf an diesem Mobilisierungsinstrument: Entgrenzung zwischen Raum und Zeit (Globalisierung, Mobilität, Flexibilität) zwischen Beruf und Familie (Doppelerwerbstätigkeit, Vereinbarkeit) und Unternehmertum als ideologische Anrufung (Ich-AG) sowie praktische Notwendigkeit (Einpersonenunternehmen). Da kommunikationsgesteuerte Arbeitsprozesse in der postfordistischen Dienstleistungsgesellschaft zunehmen, gewinnt mobile Erreichbarkeit – branchenspezifisch und berufsabhängig – an Bedeutung. Erreichbarkeit umfasst räumliche und kommunikative Aspekte und steht in einem dynamischen Verhältnis zueinander, was in der Nutzungsallianz Auto und Handy besonders deutlich wird.
Im empirischen Teil werden zehn Hypothesen zur beruflichen Handynutzung in 18 qualitativen, problemzentrierten Interviews überprüft. Die Auswahl der Interview-partnerInnen beruht auf einem theoriegeleiteten Sampel mit fallkontrastierender Branchenauswahl. Entsprechend der These der Veralltäglichung ökonomischer Diskurse, erfolgt die Interview-Auswertung innerhalb der Strukturvorgaben von Selbstmanagement-Ratgebern und Konzepten der Work-Life-Balance. Das Handy erweist sich als Ich-Erweiterung, indem es maßgeblich dazu beiträgt, Flexibilisierung, Mobilisierung und Vereinbarkeit zu ‘managen’. Es wirkt dabei als Werkzeug der Autonomie und Kontrolle, erhöht persönliche Entscheidungsspielräume und gestaltet Verfügbarkeitsansprüche. Darüber hinaus erweist sich das Handy als körpernahste, persönliche Kommunikationstechnologie – als Objekt mit subjekti-vierendem Potenzial – was die Begrifflichkeit der Ich-Erweiterung inhaltlich unterstützt.
This thesis presents theoretical approaches to the mobile phone as an extension of one’s self. These theories will be checked in both qualitative and empirical re-search design. The approach is a social science composite with philosophical as-pects to analyze the interactions among labor relations, identity and technology under the umbrella of neoliberal subjectification. The aim of this work is to find empirical evidence for everyday mobile practices concerning the theoretical issues of: subjectivated work, entrepreneurship and the entrepreneurial self. Mobile phone technology is introduced as political technology in the sense of the social construction of technologies. This approach confirms the synopsis of the history of the telephone as it is represented in chapter 6. Communication technologies swim in the wake of social change. Once incorporated into everyday routines, you will 'forget' the conflicts that gave rise to new technologies and the motivations that made them appear essential over the time. The best proof for this argument is the development of mobile phones itself. Only with the changing lifestyle of post-fordism, the social conditions arise for the need of this mobilization-instrument: Dissolution of boundaries between space and time (globalization, mobility, flexibility) between work and family (double employment, work-life-balance) and entrepreneurship as an ideological ‘interpellation’ (Ich-AG) and practical necessity (solo-workers). In the post-fordist service economy, mobile access (perpetual con-tact) is gaining importance both industry-specific and job-dependent. Perpetual contact includes physical and communicative aspects that stand by one another in a dynamic relationship. This is evident in the use alliance between car and the mobile.
In the empirical section of the thesis 18 problem-centered interviews testing ten hypotheses regarding cell phone use are presented. The selection of interview partners is based on theoretical sampling with contrasting Sample selection. The mobile phone appears to be a self-extension largely by helping to 'manage' flexibil-ity, compatibility and mobilization. It acts as a tool of control and autonomy, in-creased scope for personal choice and availability of claims made. In addition, the phone turns out to be close to the body, personal communication technology as an object with subjectifying potential, which supports the concept of self-extension.
Die Dissertation stellt theoretische Annäherungen an das Mobiltelefon als Ich-Erweiterung vor, die in einem qualitativ-empirischen Forschungsdesign überprüft werden. Das Theoriegerüst ist ein transdisziplinäres Kompositum sozialwissenschaftlicher und philosophischer Ansätze, welche Arbeits-, Identitäts- und Technikverhältnisse unter den Schirm neoliberaler Subjektivierung stellen. Ziel der Arbeit ist es, für diese theoretisch-begrifflich gefassten Konzepte, wie Subjektivierung von Arbeit, Arbeitskraftunternehmertum und dem unternehmerischen Selbst, empirische Evidenz in alltäglichen Handypraktiken zu finden. Das Handy als politische Technologie zu denken, ist das techniksoziologische Fundament dieser Vor-gangsweise. Sichtbar wird dies auch in der Zusammenschau der Geschichte des Telefons, die Kontinuitäten wie auch Brüche in der Entwicklung des Mobiltelefons zeigt. Kommunikationstechnologien schwimmen im Fahrwasser gesellschaftlicher Veränderungen. Einmal in Alltagsroutinen eingebunden, ‘vergisst’ man die Konflikte, die neue Technologien hervorrufen und die Motivlagen, die sie mit der Zeit als unverzichtbar erscheinen lassen. Paradebeispiel dafür ist die Entwicklung des Handys – der Gegenstand mit der schnellsten Alltagsverbreitung, obwohl die technologischen Wurzeln des tragbaren Telefons bereits in die Nachkriegsära zurückreichen. Erst mit der veränderten Lebensführung im Postfordismus entstehen die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für den Bedarf an diesem Mobilisierungsinstrument: Entgrenzung zwischen Raum und Zeit (Globalisierung, Mobilität, Flexibilität) zwischen Beruf und Familie (Doppelerwerbstätigkeit, Vereinbarkeit) und Unternehmertum als ideologische Anrufung (Ich-AG) sowie praktische Notwendigkeit (Einpersonenunternehmen). Da kommunikationsgesteuerte Arbeitsprozesse in der postfordistischen Dienstleistungsgesellschaft zunehmen, gewinnt mobile Erreichbarkeit – branchenspezifisch und berufsabhängig – an Bedeutung. Erreichbarkeit umfasst räumliche und kommunikative Aspekte und steht in einem dynamischen Verhältnis zueinander, was in der Nutzungsallianz Auto und Handy besonders deutlich wird.
Im empirischen Teil werden zehn Hypothesen zur beruflichen Handynutzung in 18 qualitativen, problemzentrierten Interviews überprüft. Die Auswahl der Interview-partnerInnen beruht auf einem theoriegeleiteten Sampel mit fallkontrastierender Branchenauswahl. Entsprechend der These der Veralltäglichung ökonomischer Diskurse, erfolgt die Interview-Auswertung innerhalb der Strukturvorgaben von Selbstmanagement-Ratgebern und Konzepten der Work-Life-Balance. Das Handy erweist sich als Ich-Erweiterung, indem es maßgeblich dazu beiträgt, Flexibilisierung, Mobilisierung und Vereinbarkeit zu ‘managen’. Es wirkt dabei als Werkzeug der Autonomie und Kontrolle, erhöht persönliche Entscheidungsspielräume und gestaltet Verfügbarkeitsansprüche. Darüber hinaus erweist sich das Handy als körpernahste, persönliche Kommunikationstechnologie – als Objekt mit subjekti-vierendem Potenzial – was die Begrifflichkeit der Ich-Erweiterung inhaltlich unterstützt.
This thesis presents theoretical approaches to the mobile phone as an extension of one’s self. These theories will be checked in both qualitative and empirical re-search design. The approach is a social science composite with philosophical as-pects to analyze the interactions among labor relations, identity and technology under the umbrella of neoliberal subjectification. The aim of this work is to find empirical evidence for everyday mobile practices concerning the theoretical issues of: subjectivated work, entrepreneurship and the entrepreneurial self. Mobile phone technology is introduced as political technology in the sense of the social construction of technologies. This approach confirms the synopsis of the history of the telephone as it is represented in chapter 6. Communication technologies swim in the wake of social change. Once incorporated into everyday routines, you will 'forget' the conflicts that gave rise to new technologies and the motivations that made them appear essential over the time. The best proof for this argument is the development of mobile phones itself. Only with the changing lifestyle of post-fordism, the social conditions arise for the need of this mobilization-instrument: Dissolution of boundaries between space and time (globalization, mobility, flexibility) between work and family (double employment, work-life-balance) and entrepreneurship as an ideological ‘interpellation’ (Ich-AG) and practical necessity (solo-workers). In the post-fordist service economy, mobile access (perpetual con-tact) is gaining importance both industry-specific and job-dependent. Perpetual contact includes physical and communicative aspects that stand by one another in a dynamic relationship. This is evident in the use alliance between car and the mobile.
In the empirical section of the thesis 18 problem-centered interviews testing ten hypotheses regarding cell phone use are presented. The selection of interview partners is based on theoretical sampling with contrasting Sample selection. The mobile phone appears to be a self-extension largely by helping to 'manage' flexibil-ity, compatibility and mobilization. It acts as a tool of control and autonomy, in-creased scope for personal choice and availability of claims made. In addition, the phone turns out to be close to the body, personal communication technology as an object with subjectifying potential, which supports the concept of self-extension.