Abstract (deu)
Ein Pin-Up ist die zwei-dimensionale Darstellung einer Frau in üblicherweise erotischer Pose, wobei das Vorhandensein sowie der Grad von Erotik sich daran erkennen lassen, dass mindestens drei Kriterien, aus einer von mir erstellten Liste, für die dargestellte Frauenfigur zutreffen. Auf Basis dieser von mir persönlich formulierten Definition versuchte ich in meiner Diplomarbeit eine Reihe unterschiedlicher sozialer, politischer, wirtschaftlicher und historischer Aussagen und Merkmale aus US-amerikanischen und österreichischen Pin-Up-Bildern aus den 1930ern und 1950ern herauszufiltern und anschließend zu vergleichen, um zu zeigen, dass man auch aus einem ‚Lustbildchen’ mehr herauszulesen vermag, als nur vergangene Vorlieben.
Eines meiner wichtigsten Analyseergebnisse von US-amerikanischen Pin-Ups beider Jahrzehnte ist beispielsweise, dass diese als typische Merkmale ein stets gepflegtes, adrett gekleidetes, freundlich wirkendes, gut aussehendes, junges Erscheinungsbild einer ausnahmslos weißen Frau voraussetzen, mit dramatischer Mimik und deren Weiblichkeit noch durch gewisse Attribute wie hohe Stöckelschuhe, gebogene Fußstellungen und feminine Bekleidung wie Röcke und/oder Kleider akzentuiert werden.
In den 30er Jahren wurden hierbei andere, fantasievollere Motive bevorzugt. Waren in den 50ern die Thematiken eines ungeschickten Mädchens in einer misslichen Alltagssituation mit dem Frauentyp des ‚netten Mädchens von nebenan’ beliebt, lässt sich bei deren Vorgängern ein klarer Hang zu Pin-Ups erkennen, welche sich von Motiven der Femme Fatale und Szenerien aus Hollywoodfilmen inspirieren ließen. Diese dienten in ihrer Aufmachung, Pose und Motivwahl wohl zur Realitätsflucht aus einem, von der Großen Depression geprägten Alltag, sowie zur Befriedigung sexueller Gelüste.
Erstaunlich ist es jedoch, dass angesichts der Weltwirtschaftskrise ein stabiles Preisniveau und eine gleichbleibende, farbenfrohe Qualität bei den veröffentlichten Pin-Ups zu verzeichnen war, welches die Wichtigkeit und Popularität der Pin-Ups in harten Zeiten betont.
Werbe-Pin-Ups waren hierbei aber, aufgrund strenger Zensurbestimmungen, oftmals noch nicht sehr erotisch aufgemacht und sollten erst in den 50ern mittels der häufig angewandten Zweckentfremdung von reizvollen Pin-Ups in großer Auflage erscheinen. Dabei treten auch neue Komponenten auf, wie beispielsweise der Einsatz von Humor und kleinen storyplots.
Die beigefügten Texte dienten in den USA, anders als in Österreich, nicht maßgeblich der Informationen über das Produkt oder das Pin-Up, sondern waren primär humoristische Wortspiele sowie dezente Hinweise auf die eigentlich beworbene Ware. Des Weiteren bedienen US-amerikanische Pin-Ups durchaus häufig landestypische Klischees wie beispielweise das Motiv des US-Cowgirls, was in Österreich niemals üblich war. Nackte Mädchen wurden aber, sowohl in den USA wie in Österreich, in beiden Jahrzehnten nicht oft porträtiert.
In Österreich hingegen weisen die Männer-Pin-Ups der 1930er Jahre ein derartig geringes, erotisches Potenzial auf, dass sich manche nicht einmal mehr als Pin-Up kennzeichnen lassen, obwohl sie beispielsweise eine Frau in Bademode zeigten. Im Bereich der Werbe-Pin-Ups lassen sich hingegen in den 30ern einige Merkmale US-amerikanischer Pin-Ups erkennen, wie beispielsweise die Motivwahl der Femme Fatale, doch wurden diese immer stark abgemildert, um das, meist weibliche Zielpublikum nicht durch die Darstellung übermäßiger Sexualität vom Kauf des Produktes abzuschrecken.
Auch die dortigen Zensurauflagen bestimmten maßgeblich den Grad des zur Schau gestellten erotischen Potenzials, allerdings konnten sich Werbekampagnen für männlich assoziierte Produkte mehr Freiheiten erlauben als Kampagnen für Frauenprodukte.
Eine weitere Charakteristik aller österreichischen Werbe-Lustbilder stellt die offensichtliche Beziehung zwischen Pin-Ups und dem jeweiligen Produkt dar, da die Bewerbung von Bademoden und Unterwäsche mit hübsch anzusehenden Frauen weniger fern liegt, als etwa die Anpreisung eines Telefondienstes durch ein US-Cowgirl, welches das Produkt meistens durch das übermäßige Sex-Sells-Credo zur Nebensächlichkeit werden ließ.
Österreich wirkte dieser Herabsetzung entgegen, indem hier zwei Werbe-Strategien eingesetzt wurden, welche einerseits eine sehr konservative Klientel ansprach und andererseits auch vermehrt auf Pin-Ups im Stile US-amerikanischer Vorbilder einsetzte, um jüngere und/oder modernere Kundinnen anzuwerben. In den 50er Jahren wurden zwar noch ähnliche Maßnahmen zur Entsexualsierung der Pin-Ups ergriffen, doch traten zeitgleich auch moderne, farbenfrohe und im Stil US-amerikanischer Pin-Ups gehaltene Bildnisse auf, welche erste Anzeichen für eine gewisse Aufgeschlossenheit gegenüber amerikanischen Produkten, Zeichenstilen, Lebensgefühlen und Marketingstrategien vermuten lässt. Dies spiegelte auch die gesellschaftliche Bipolarität zwischen Moderne/Amerikanismus und Traditionalismus wieder.