Abstract (deu)
Die Oase Jorf, als Teil der Tafilalt-Region des südöstlichen Marokkos, kennzeichnet sich durch den Einsatz der indigenen Form der Wassermobilisierung mit Hilfe von Khettaras, unterirdischen Bewässerungskanälen, welche seit Jahrhunderten das Rückgrat der landwirtschaftlichen Bewässerung bilden. Khettaras sind hervorragend an die ariden und semi-ariden klimatischen Bedingungen angepasst, nutzen die durch sie mobilisierte Ressource Wasser nachhaltig und spielen zudem eine elementare Rolle beim Erhalt des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Durch die aufkommende Industrialisierung der Landwirtschaft und die damit einhergehende Einfuhr industrieller Wasserpumpen in den 1950er Jahren ist diese traditionelle und nachhaltige Technologie jedoch zunehmend in ihrer Existenz bedroht.
Der gesellschaftliche Umgang mit Natur wurde durch die Einfuhr der sich überwiegend in Privatbesitz befindenden Pumpen grundlegend revolutioniert. Nicht nur aus ökologi-scher, sondern auch aus sozialer Sicht stellt diese Neuerung eine radikale Veränderung der Oasengesellschaft dar. Das erste Mal in der Geschichte Jorfs war es von nun an möglich den gesamten Prozess der Bewässerung zu individualisieren. Die mit Benzin und Gas betriebenen Pumpen stellen deshalb auch ein Symbol der individuellen Freiheit sowie einen Ausbruch aus rigiden gesellschaftlichen Regulationen dar.
Aber die industrielle Bewässerungstechnologie birgt auch Schattenseiten in sich: die po-tentielle Überausbeutung des empfindlichen Grundwasserspiegels sowie die Individuali-sierung der Oasengesellschaft.
Es besteht deshalb die Annahme, dass ein ungehindertes Fortschreiten der Verdrängung von Khettaras durch private, auf fossilen Brennstoffen basierenden Pumpen, früher oder später zu ernsten Umweltproblemen sowie zu einem Verfall der traditionellen Oasenge-meinschaft führt.