Abstract (deu)
Der Abschiedsbrief ist der letzte Akt der Kommunikation vor dem Suizid. Er wird meist kurz vor dem Suizid verfasst und gilt somit als einzigartige Informationsquelle für das Verständnis der suizidalen Person. Aufgrund der Tatsache, dass die Mehrheit der Suizidopfer keinen Abschiedsbrief hinterlässt, ist die Frage der Repräsentativität der AbschiedsbriefschreiberInnen für die Gesamtpopulation der SuizidentInnen eine immer wiederkehrende (Callanan & Davis, 2009; Eisenwort et al., 2006; Shiori et al., 2005).
Ziel der vorliegenden Diplomarbeit war es, einerseits die vorhandene Prävalenz der Suizidopfer mit Abschiedsbrief über möglichst viele Studien meta-analytisch zu vereinen. Anderseits lag der Fokus auf dem Vergleich von SchreiberInnen und Nicht-SchreiberInnen hinsichtlich der Faktoren Alter, Geschlecht, Familienstand, Erwerbstätigkeit, psychische Erkrankung, physische Erkrankung, Wohnsituation, Suizidmethode sowie vorherige Suizidversuche. Es wurden neun Meta-Analysen mit einem Datenpool aus 46 Studien durchgeführt. Folgend wurde der Einfluss des Kontinents anhand einer Subgruppenanalyse berechnet. Von den neun Meta-Analysen fielen sieben (Prävalenz, psychische Erkrankung, physische Erkrankung, Erwerbstätigkeit, Wohnsituation, Suizidmethode, vorherige Suizidversuche) signifikant und zwei (Geschlecht ─ wobei richtungsmäßig leicht mehr Männer einen Abschiedsbrief hinterlassen ─ und Familienstand ─ wobei richtungsmäßig weniger verheiratete Personen einen Abschiedsbrief hinterlassen) nicht signifikant aus.
28% aller SuizidentInnen hinterlassen einen Abschiedsbrief. Erwerbstätige, Personen ohne psychische und physische Erkrankung, Personen ohne vorhergehenden Suizidversuch sowie allein lebende Personen haben den Berechnungen zufolge eine erhöhte Chance, einen Abschiedsbrief zu hinterlassen. Die Wahl einer weichen Suizidmethode erhöht die Chance einen Abschiedsbrief zu hinterlassen. Richtungsmäßig deuten die Ergebnisse darauf hin, dass leicht mehr Männer sowie leicht weniger verheiratete Personen einen Abschiedsbrief hinterlassen. Der Kontinent erwies sich bei keinem Faktor als signifikanter Effektmoderator.
Da die vorliegenden Ergebnisse auf zahlreiche Unterschiede zwischen SchreiberInnen und Nicht-SchreiberInnen hinweisen, kann nicht von einer Repräsentativität der Abschiedsbriefhinterlassenden für die Gesamtpopulation der Suizidopfer ausgegangen werden.