Abstract (deu)
Spezielle Stätten wie Shoppingtempel, Autobahnen, Urlaubsressorts oder Flughäfen, Örtlichkeiten die Marc Augé als „Nicht-Orte“ bezeichnet, werden häufig als Schauplatz für Filme und Romane verwendet. In der Gattung ‚Drama‘ finden diese noch relativ selten Berücksichtigung. Es gibt allerdings einige wenige Dramatiker, die versucht haben, das narrative Potential von Nicht-Orten zu aktivieren, um die zeitgenössische, ‚supermoderne‘ Welt abzubilden. Augés Postulate bilden den theoretischen Rahmen für die Analyse; er versteht unter ‚Nicht-Orten‘ „spaces which cannot be defined as relational, or historical, or concerned with identity”, also Räume, die keine Beziehungen zu anderen aufbauen, keine Vergangenheit haben und sich nicht mit Identität beschäftigen. Diese besonderen Lokalitäten sind das Gegenteil von anthropologischen Orten. Sie finden für verschiedene Zwecke Verwendung, ihre Funktion steht meist im Vordergrund. Oft bringt man sie in Verbindung mit aktuellen Phänomenen wie Urbanisierung, Globalisierung, Mobilität und Konsumkultur. Aufgrund der Vorherrschaft der Funktion, ist die Benutzung dieser Örtlichkeiten streng geregelt; Augé spricht sogar von einem „stummen Vertrag“, der als Verhaltensgrundlage dient. Diesen muss jeder Mensch ‚unterzeichnen‘, wenn er einen dieser Nicht-Orte betritt. Die Regeln basieren auf den Rollen, die von Transaktionen wie Einkaufen, Fernsehen und Urlaub machen, um nur einige zu nennen, festgelegt sind. Nicht-Orte scheinen Menschen auf ihre Parts als Fahrer, Passagiere, Kunden, etc. zu reduzieren und ihnen dabei gleichzeitig ein gewisses Maß an Anonymität zu gewähren. Der Fokus einer literarischen Analyse von Dramentexten, die entweder jene speziellen Räume als Schauplätze haben oder sich extensiv mit diesen auseinandersetzen, muss auf der Repräsentation solcher Nicht-Orte auf verschiedenen Textebenen liegen. Anhand von ‚Close reading‘ von Paratext, Regieanweisungen und Dialogen aller ausgewählten Stücke von Simon Stephens, Neil LaBute, Tanika Gupta und Patrick Marber wird gezeigt, wie diese Nicht-Orte repräsentiert werden und Figuren sich auf diese einlassen, in ihren Rollen aufgehen oder diese ablehnen.