Abstract (deu)
Der Simon Effekt gilt als ein in zahlreichen unterschiedlichen Versuchsdesigns vielfach replizierter räumlicher Kompatibilitätseffekt. Probanden zeigen in Tastendruckexperimenten kürzere Reaktionszeiten und ihnen unterlaufen weniger Fehler, wenn die räumliche, aber in Hinblick auf die Aufgabenstellung irrelevante Eigenschaft des Reizes sich als kompatibel mit der gemäß der relevanten Reizeigenschaft zu erwartenden Antwortdimension darstellt. Experimentell wurde der Effekt bisher nicht nur für die Reizposition als irrelevante Merkmalsdimension, sondern auch auf Basis von dessen inhaltlich-semantischen räumlichen Wortbedeutung nachgewiesen.
Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist die Frage, ob sich der Simon Effekt auf Basis von inhaltlich-semantischen räumlichen Wortbedeutungen auch für Blickbewegungen replizieren lässt.
Darüber hinaus soll versucht werden, diesen durch einen zeitlichen Vorsprung (Head Start) zusätzlich zu verstärken, indem die irrelevante gegenüber der relevanten Dimension durch die Manipulation der Latenzzeit mit SOAs (Stimulus Onset Asynchrony) von 0 ms, 100 ms oder 200 ms noch mehr zum Tragen kommt. Zu diesem Zweck wurde ein Blickbewegungs-experiment konzipiert, dessen Operationalisierung zum einen eine mögliche Replizierung des Simon Effekts auf Basis von Wortbedeutung bei Blickbewegungen an sich und zum anderen – durch die Nutzung unterschiedlicher SOAs – die Untersuchung des Einflusses des zeitlichen Vorsprungs auf die Antwort des Probanden erlaubt. Gemäß den Erwartungen müsste mit längerer Latenzzeit zwischen den beiden Reizdimensionen der Effekt noch stärker ausfallen.
Insgesamt wurden N = 26 Probanden (MW = 24 Jahre, SD = 2.44) mit normaler oder gegen normal korrigierter Sehstärke, allesamt Studenten der Universität Wien, instruiert mittels einer Sakkade (Blickbewegung) zwischen zwei Farben (relevante Dimension) eines Wortes (grün/türkis) je nach Aufgabenstellung entweder in horizontaler Achse (rechts/links) oder in vertikaler Achse (oben/unten) zu diskriminieren. Die inhaltlich-semantische Richtungsbedeutung des Wortes (irrelevante Dimension) galt es dabei zu ignorieren (,rechts‘/,links‘ oder ,oben‘/,unten‘). Der zeitliche Vorsprung der irrelevanten gegenüber der relevanten Reizdimension wurde durch eine verzögerte Einfärbung des zunächst in schwarzen Buchstaben eingeblendeten Wortes realisiert.
Die Blickbewegungen der Probanden wurden von einem Eye Tracker mit binokularer Linse (25mm) aufgezeichnet und mittels SR Research Ltd. EyeLink 1000 festgehalten, wobei die Daten desjenigen Auges mit messgenaueren Werten Eingang in die Analyse fanden.
Zur Beantwortung der Fragestellung wurde der Einfluss der Faktoren Kompatibilität und SOA (unabhängige Variablen) auf die durchschnittlichen Reaktionszeiten und die Fehlerzahlen der Probanden (abhängige Variablen) untersucht. Der Faktor der Achse fand ebenfalls explorativ Eingang in die vorliegende Untersuchung. Die Ergebnisse einer 2x3x2-faktoriellen Varianzanlayse (ANOVA) konnten zwar den Simon Effekt auf Basis von räumlicher Wortbedeutung für Blickbewegungen durch einen signifikanten Kompatibilitätseffekt nachweisen, jedoch den vermuteten zusätzlich verstärkenden Einfluss des zeitlichen Vorsprungs nicht bestätigen.