Abstract (deu)
Die nationalsozialistische Euthanasie an behinderten und psychisch Kranken hatte nicht nur 100.000 Menschen zum Opfer, sondern war auch der technische und organisatorische Wegbereiter für den Holocaust.
Erst im Januar 2011 entdeckte man bei Bauarbeiten des Landeskrankenhaus Hall in Tirol ein Gräberfeld, dessen Knochenfunde aus der Zeit des Nationalsozialismus stammen. Am 08. und 24. März 1941 trafen zwei Sondertransporte aus der Valduna Rankweil in Hall ein, die den Großteil ihrer Patientinnen und Patienten dorthin überstellten. Schon kurz danach wurde die Mehrheit dieser Kranken weiter deportiert, wobei viele von diesen ihr Leben in den Gaskammern Hartheims verloren. Allerdings gab es
64 Patientinnen und Patienten der Valduna Rankweil, die nicht in eine andere Anstalt verlegt wurden, sondern in der Heil- und Pflegeanstalt Hall in Tirol blieben und dort schließlich verstarben.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, herauszufinden welche Rolle die Heil- und Pflegeanstalt Hall in Tirol während der NS-Euthanasie spielte. Außerdem soll geklärt werden, welches Schicksal diese 64 Personen in der Heil- und Pflegeanstalt ereilte und ob ihre Todesfälle in einem direkten Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Tötungsmaschinerie stehen.
Um diese Fragen beantworten zu können, wird in dieser Arbeit zunächst der Sozialdarwinismus und die Eugenik behandelt. Denn diese Theorien fanden Einzug in Hitlers „Mein Kampf“ und die nationalsozialistische Rassenhygiene. Genauso wird das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ aus dem Jahr 1933 thematisiert, welches den Beginn der nationalsozialistischen Ausgrenzungspolitik markiert. Hinzukommend wird noch ein Überblick über den Ablauf und die verschiedenen Euthanasie-Aktionen gegeben, sowie über die beiden Heil- und Pflegeanstalten in der Zeit des Nationalsozialismus. Abschließend soll die Analyse der 64 Verwaltungs- und Krankenakten sowohl einen Einblick in das Anstaltsleben als auch in die Todesumstände der Patientinnen und Patienten geben.