Abstract (deu)
Besonders während des letzten Jahrhunderts wurden Europäische Tieflandauen radikal durch menschliche Eingriffe in Mitleidenschaft gezogen. Eine der letzten naturnahen Auensysteme Mitteleuropas erstreckt sich entlang der March an der Grenze zwischen Österreich und der Slowakei. In dieser Flusslandschaft stellen jährliche Überschwemmungsereignisse immer noch einen entscheidenden Faktor bei der Gestaltung verschiedener Lebensräume dar. Terrestrische Arthropoden, die den Boden oder bodennahe Schichten der Vegetation bewohnen, sind permanent Hochwasserereignissen ausgesetzt. In dieser Studie wurden Auswirkungen der Überschwemmungen auf Artenreichtum, Abundanz und Artenzusammensetzung terrestrischer Wanzen (Heteroptera) auf Auenwiesen im Naturschutzgebiet "Untere Marchauen" (Niederösterreich) – unter Berücksichtigung von Gildenzugehörigkeit, Wirtspflanzenspezifität herbivorer Arten und Flugfähigkeit – untersucht. Die Wanzen wurden mittels Streifkescher in Wiesen mit unterschiedlichen Überflutungsregimen gefangen. Untersucht wurden Wiesen, die nur gelegentlich durch den Anstieg des Grundwasserspiegels unter Wasser stehen, bis hin zu solchen, die in der Regel für mehrere Wochen im Jahr überflutet werden. Insgesamt wurden 11.950 Individuen, darunter 5.312 adulte, gefangen, die 118 verschiedenen Arten zugehörten. Überschwemmungsdauer wirkte sich negativ auf Artenreichtum und Abundanz aus und die Artenzusammensetzung unterschied sich signifikant zwischen Wiesen mit unterschiedlichem Überflutungsregime. Wiesen, die über längere Zeiträume unter Wasser stehen, waren gekennzeichnet durch eine höhere relative Abundanz von räuberischen Arten. Relativer Artenreichtum und relative Abundanz von herbivoren Nahrungsspezialisten (mono- und oligophage Arten) und die relative Abundanz von brachypteren Wanzenarten nahm mit abnehmender Überschwemmungsintensität zu. Unsere Studie belegt, dass sich Überschwemmungen nicht nur auf Abundanz, Artenreichtum und -zusammensetzung, sondern auch auf die relative Zusammensetzung trophischer Gilden auswirken. Zunehmende Überflutungsintensität hat außerdem einen negativen Einfluss auf Arten mit geringer Ausbreitungsfähigkeit. Maßnahmen zur Flussrevitalisierung, die auf Änderungen der hydrologischen Dynamik der angrenzenden Auen abzielen, könnten somit nicht nur die Diversität terrestrischer Arthropoden beeinflussen, sondern auch ökologische Effekte nach sich ziehen. Es bleibt zu prüfen, in welchem Maße Veränderungen in der Zusammensetzung trophischer Gilden von Arthropoden Auswirkungen auf Ökosystem-Prozesse in Aulandschaften haben.