Abstract (deu)
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Verfolgung weiblicher Homosexualität in Wien während der Zeit der NS-Herrschaft – Sexualität, Geschlecht und ‚Rasse‘ werden als Kategorien der Verfolgung untersucht. In der Forschung ist umstritten, inwiefern Frauen von der Homosexuellenverfolgung durch das NS-Regime betroffen waren. Unbestritten scheint nur die Feststellung zu sein, dass eine reichsweit einheitliche, systematische Verfolgung weiblicher Homosexualität, die in Ausmaß und Form vergleichbar wäre mit der Verfolgung männlicher Homosexualität durch das NS-Regime, nicht geplant war und auch nicht stattfand. Meine These lautet, dass die NS-spezifische, systematische Homosexuellenverfolgung in Wien auch Frauen betraf, und zwar erheblich.
In einem ersten Schritt wird auf Basis einer umfassenden Analyse der Rechtsprechung des Höchstgerichts zu § 129 I b StG., im Rahmen derer ich höchstgerichtliche Entscheidungen aus sieben Jahrzehnten aufarbeite, gezeigt, inwiefern das NS-Regime durch Maßnahmen auf der strafrechtlichen Ebene die Verfolgung von Homosexuellen intensivierte und durch Quellenbefunde belegt, dass eben diese strafrechtlichen Maßnahmen auch Frauen betrafen.
Mittels quantitativer Methoden wird in einem nächsten Schritt sodann nachgewiesen, dass die Anzahl der Frauen, die während der NS-Zeit wegen gleichgeschlechtlicher Sexualakte verfolgt wurden, im Vergleich zu den Jahren vor dem ‚Anschluss‘ signifikant angestiegen ist. Es konnte kein Hinweis gefunden werden, dass sich die Kategorisierung einer Frau als ‚Jüdin‘ in Wien während der NS-Zeit in irgendeiner Form auf die Verfolgung dieser Frau nach § 129 I b StG. oder dass sich die Verfolgung einer Frau nach § 129 I b StG. auf die Verfolgung dieser Frau als ‚Jüdin‘ ausgewirkt hätte, was im dritten Teil dieser Arbeit erläutert wird.