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Title (deu)
Das Groteske und seine Struktur im zeitgenössischen Musiktheater
eine Aktualisierung an ausgewählten Beispielen
Parallel title (eng)
The grotesque and its structure in contemporary music theater
Author
Andreas Karl
Adviser
Gernot Gruber
Assessor
Gernot Gruber
Abstract (deu)

Die Arbeit versteht sich als eine kulturtheoretische und musikanalytische Bestimmung des Phänomens des Grotesken für den Untersuchungsgegenstand des zeitgenössischen Musiktheaters. Das Groteske wird in der aktuellen Forschungsliteratur, wie auch hier, als interdependentes, relationales Phänomen verstanden, das sich einer klaren Beschreibung oder Abgrenzung zu anderen Phänomenen entzieht. Stark vereinfacht kann das Groteske als ein Distorsions - und Verfremdungsprinzip betrachtet werden, das durch die Verbindung heterogener, disparater Elemente entsteht. Dabei werden Erwartungen und Normen enttäuscht bzw. gebrochen und psychologische und philosophische Kategorien wie Angst, Unheimliches, Phantastisches, Tragikomisches, Lächerliches, Burleskes vermischt. Formal äußert sich das Groteske u.a. durch Verzerrung, Entstellung, Übersteigerung und spielerischem wie assoziativem Umgang mit moralischen, logischen oder physischen Gesetzen. Aufgrund der komplexen Relationen die das Groteske ausmachen, wird es im ersten Abschnitt der Diplomarbeit als abstrakte theoretische Struktur erfasst, welche im zweiten Abschnitt, mit dem Ziel konkrete Merkmale aufzuzeigen, an ausgewählten Musiktheaterwerken der letzten Jahre analytisch überprüft wird. Hierzu wird anhand musik- und literaturwissenschaftlicher Texte eine theoretische, historische und begriffsgeschichtliche Annäherung an das Phänomen ausgebreitet, auf deren Basis die einzelnen Komponenten des Grotesken und deren Beziehungen zueinander als strukturelle Zusammenhänge beschrieben werden. Ausgangsthese für dieses Vorgehen ist die Annahme, dass das Groteske ein in der konkreten Manifestation variables, aber in den formalen und funktionalen Eigenschaften, weitgehend konstantes Phänomen ist. Woraus sich auch dessen ausgeprägte Fähigkeit zur Aktualisierbarkeit und Anpassung ableitet, ebenso wie seine schweren Bestimmbarkeit.
Das Groteske war bereits Untersuchungsgegenstand musikwissenschaftlicher Forschung, blieb jedoch bis auf wenige Ausnahmen auf die Musik bis zur europäischen Moderne beschränkt. Erkenntnisse aus diesen Analysen können jedoch nur bedingt auf aktuelles Komponieren angewandt werden. Die theoretische Erarbeitung der Struktur, wie deren analytische Anwendung, dienen so auch einer systematischen Aktualisierung des Phänomens des Grotesken in der Musik. Hier gilt dies spezifisch für das zeitgenössische Musiktheater. Erkenntnisziel war die Erarbeitung konkreter musikalischer, dramaturgischer und formaler Manifestationen des Grotesken im zeitgenössischen Musiktheatergeschehen. Diese werden in der Arbeit ‚Konstruktionskoeffizienten des Grotesken‘ genannt.
Untersuchungsgegenstände sind sieben Musiktheaterwerke aus den letzten 15 Jahren. Dabei werden bewusst unterschiedliche Formen des Musiktheaters, zwischen Oper und szenischem Konzert, in die Analyse miteinbezogen. Untersuchungsmaterial sind dabei das Groteske in der Musik (Instrumentierung, vertikale und horizontale Zusammenhänge, Rhythmik, Form, Ästhetik) sowie das Groteske in der Beziehung zwischen Musik und Text bzw. Inhalt. Die Analyse erfolgt hinsichtlich dreier Ebenen: Im Kontext des zeitgenössischen Musiktheaters, im Kontext des jeweiligen Werks (Dramaturgie des Werks) und im Kontext des konkreten musikalischen Notenmaterials.
Die Konfrontation der theoretischen Struktur mit den Ergebnissen der Analyse trägt schließlich dazu bei, die vagen Konturen des Grotesken im zeitgenössischen Musiktheater etwas zu schärfen.

Abstract (eng)

This paper classifies and determines, in both a cultural-theoretical and music-analytical fashion, the phenomenon of the grotesque in its manifestations in contemporary music theater. In line with current research and secondary literature, this project defines the grotesque as an interdependent, relational phenomenon that avoids clear characterization or demarcation in relation to other phenomena. To put it simply, the grotesque may be viewed as a principle of distortion and alienation that arises through the amalgamation of heterogeneous and disparate elements, by which it disappoints expectations and norms or mixes together fractured psychological and philosophical categories like angst, the uncanny, fantasticality, tragicomedy, farcicality and burlesque. Formally, the grotesque expresses itself through, among other things, contortion, obfuscation, excess and a playful as well as associative handling of moral, logical or physical laws. The complex relations that constitute the grotesque require first its theoretical delineation and then its material authentication. Thus, in the first section of the dissertation, the grotesque will be outlined as an abstract, theoretical structure, which in the second section, with the goal of demonstrating concrete characteristics, will be substantiated by means of selected music theater works from recent years. Here, with the aid of musicological and literary texts, a theoretical, historical and conceptual approach to the phenomenon will be unfurled, which will serve as the foundation for the description of the individual components of the grotesque and their relations to each other as structural correlatives. This procedure bases itself on the conjecture that the grotesque is a phenomenon that while variable in its concrete manifestation is entirely constant in its formal and functional qualities - this further points to its distinctive ability to be actualized and adapted, as well as the difficulty inherent in any attempt to pin it down.
The grotesque has already been the subject of musicological research. However, it has remained limited, with few exceptions, to European Modernism. Therefore, the theoretical development of the structure of the grotesque, like its analytical application, serves the goal of establishing a systematical realization of the phenomenon of the grotesque in music. This is especially true for contemporary music theater, and thus, this study aims to work out concrete musical, dramaturgical and formal manifestations of the grotesque in select works of contemporary music theater. Such manifestations will be labeled ‘constructional coefficients of the grotesque’.
Research will focus on seven music theater works from the last fifteen years. In addition, diverse forms of music theater which occupy a space between opera and the staged concert will be incorporated into the analysis. Research material will also include the grotesque as it appears in the music itself, e.g. instrumentation, melodic and harmonic relationships, rhythm, form, aesthetic, as well as the grotesque in the relationship between music and text. The analysis will proceed on three levels, in the context of: contemporary music theater at large, particular works (and the dramaturgy of the works) and the exact system of musical notation and its pertaining material.
The confrontation of the theoretical structure with the results of the concrete analysis that forms the crux of this paper will contribute to the field of musicology by sharpening the currently vague outlines of the grotesque in contemporary music theater.

Keywords (eng)
contemporary music theatercontemporary operanew musicgrotesqueOlga Neuwirth
Keywords (deu)
zeitgenössisches Musiktheaterzeitgenössische OperOlga Neuwirthdas GroteskegroteskNeue Musik
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1294329
rdau:P60550 (deu)
VIII, 240 S. : Ill., graph. Darst., Notenbeisp.
Number of pages
249
Members (1)
Title (deu)
Das Groteske und seine Struktur im zeitgenössischen Musiktheater
eine Aktualisierung an ausgewählten Beispielen
Parallel title (eng)
The grotesque and its structure in contemporary music theater
Author
Andreas Karl
Abstract (deu)

Die Arbeit versteht sich als eine kulturtheoretische und musikanalytische Bestimmung des Phänomens des Grotesken für den Untersuchungsgegenstand des zeitgenössischen Musiktheaters. Das Groteske wird in der aktuellen Forschungsliteratur, wie auch hier, als interdependentes, relationales Phänomen verstanden, das sich einer klaren Beschreibung oder Abgrenzung zu anderen Phänomenen entzieht. Stark vereinfacht kann das Groteske als ein Distorsions - und Verfremdungsprinzip betrachtet werden, das durch die Verbindung heterogener, disparater Elemente entsteht. Dabei werden Erwartungen und Normen enttäuscht bzw. gebrochen und psychologische und philosophische Kategorien wie Angst, Unheimliches, Phantastisches, Tragikomisches, Lächerliches, Burleskes vermischt. Formal äußert sich das Groteske u.a. durch Verzerrung, Entstellung, Übersteigerung und spielerischem wie assoziativem Umgang mit moralischen, logischen oder physischen Gesetzen. Aufgrund der komplexen Relationen die das Groteske ausmachen, wird es im ersten Abschnitt der Diplomarbeit als abstrakte theoretische Struktur erfasst, welche im zweiten Abschnitt, mit dem Ziel konkrete Merkmale aufzuzeigen, an ausgewählten Musiktheaterwerken der letzten Jahre analytisch überprüft wird. Hierzu wird anhand musik- und literaturwissenschaftlicher Texte eine theoretische, historische und begriffsgeschichtliche Annäherung an das Phänomen ausgebreitet, auf deren Basis die einzelnen Komponenten des Grotesken und deren Beziehungen zueinander als strukturelle Zusammenhänge beschrieben werden. Ausgangsthese für dieses Vorgehen ist die Annahme, dass das Groteske ein in der konkreten Manifestation variables, aber in den formalen und funktionalen Eigenschaften, weitgehend konstantes Phänomen ist. Woraus sich auch dessen ausgeprägte Fähigkeit zur Aktualisierbarkeit und Anpassung ableitet, ebenso wie seine schweren Bestimmbarkeit.
Das Groteske war bereits Untersuchungsgegenstand musikwissenschaftlicher Forschung, blieb jedoch bis auf wenige Ausnahmen auf die Musik bis zur europäischen Moderne beschränkt. Erkenntnisse aus diesen Analysen können jedoch nur bedingt auf aktuelles Komponieren angewandt werden. Die theoretische Erarbeitung der Struktur, wie deren analytische Anwendung, dienen so auch einer systematischen Aktualisierung des Phänomens des Grotesken in der Musik. Hier gilt dies spezifisch für das zeitgenössische Musiktheater. Erkenntnisziel war die Erarbeitung konkreter musikalischer, dramaturgischer und formaler Manifestationen des Grotesken im zeitgenössischen Musiktheatergeschehen. Diese werden in der Arbeit ‚Konstruktionskoeffizienten des Grotesken‘ genannt.
Untersuchungsgegenstände sind sieben Musiktheaterwerke aus den letzten 15 Jahren. Dabei werden bewusst unterschiedliche Formen des Musiktheaters, zwischen Oper und szenischem Konzert, in die Analyse miteinbezogen. Untersuchungsmaterial sind dabei das Groteske in der Musik (Instrumentierung, vertikale und horizontale Zusammenhänge, Rhythmik, Form, Ästhetik) sowie das Groteske in der Beziehung zwischen Musik und Text bzw. Inhalt. Die Analyse erfolgt hinsichtlich dreier Ebenen: Im Kontext des zeitgenössischen Musiktheaters, im Kontext des jeweiligen Werks (Dramaturgie des Werks) und im Kontext des konkreten musikalischen Notenmaterials.
Die Konfrontation der theoretischen Struktur mit den Ergebnissen der Analyse trägt schließlich dazu bei, die vagen Konturen des Grotesken im zeitgenössischen Musiktheater etwas zu schärfen.

Abstract (eng)

This paper classifies and determines, in both a cultural-theoretical and music-analytical fashion, the phenomenon of the grotesque in its manifestations in contemporary music theater. In line with current research and secondary literature, this project defines the grotesque as an interdependent, relational phenomenon that avoids clear characterization or demarcation in relation to other phenomena. To put it simply, the grotesque may be viewed as a principle of distortion and alienation that arises through the amalgamation of heterogeneous and disparate elements, by which it disappoints expectations and norms or mixes together fractured psychological and philosophical categories like angst, the uncanny, fantasticality, tragicomedy, farcicality and burlesque. Formally, the grotesque expresses itself through, among other things, contortion, obfuscation, excess and a playful as well as associative handling of moral, logical or physical laws. The complex relations that constitute the grotesque require first its theoretical delineation and then its material authentication. Thus, in the first section of the dissertation, the grotesque will be outlined as an abstract, theoretical structure, which in the second section, with the goal of demonstrating concrete characteristics, will be substantiated by means of selected music theater works from recent years. Here, with the aid of musicological and literary texts, a theoretical, historical and conceptual approach to the phenomenon will be unfurled, which will serve as the foundation for the description of the individual components of the grotesque and their relations to each other as structural correlatives. This procedure bases itself on the conjecture that the grotesque is a phenomenon that while variable in its concrete manifestation is entirely constant in its formal and functional qualities - this further points to its distinctive ability to be actualized and adapted, as well as the difficulty inherent in any attempt to pin it down.
The grotesque has already been the subject of musicological research. However, it has remained limited, with few exceptions, to European Modernism. Therefore, the theoretical development of the structure of the grotesque, like its analytical application, serves the goal of establishing a systematical realization of the phenomenon of the grotesque in music. This is especially true for contemporary music theater, and thus, this study aims to work out concrete musical, dramaturgical and formal manifestations of the grotesque in select works of contemporary music theater. Such manifestations will be labeled ‘constructional coefficients of the grotesque’.
Research will focus on seven music theater works from the last fifteen years. In addition, diverse forms of music theater which occupy a space between opera and the staged concert will be incorporated into the analysis. Research material will also include the grotesque as it appears in the music itself, e.g. instrumentation, melodic and harmonic relationships, rhythm, form, aesthetic, as well as the grotesque in the relationship between music and text. The analysis will proceed on three levels, in the context of: contemporary music theater at large, particular works (and the dramaturgy of the works) and the exact system of musical notation and its pertaining material.
The confrontation of the theoretical structure with the results of the concrete analysis that forms the crux of this paper will contribute to the field of musicology by sharpening the currently vague outlines of the grotesque in contemporary music theater.

Keywords (eng)
contemporary music theatercontemporary operanew musicgrotesqueOlga Neuwirth
Keywords (deu)
zeitgenössisches Musiktheaterzeitgenössische OperOlga Neuwirthdas GroteskegroteskNeue Musik
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1294330
Number of pages
249