Abstract (deu)
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den syntaktischen Besonderheiten des Altrussischen anhand eines untersuchten Abschnittes der Nestorchronik, wobei ein besonderes Augenmerk auf die Verteilung von Parataxe und Hypotaxe gelegt wird. Ein Ziel dieser Arbeit ist es, möglichst alle in dem Abschnitt der Nestorchronik vorkommenden Einleitewörter aufzulisten und entsprechend ihrer ursprünglichen, etymologischen Bedeutung zu übersetzen und die sich daraus ergebenden anderen Möglichkeiten der Interpretation der syntaktischen Beziehungen zu beleuchten.
Die Arbeit ist in vier Teile gegliedert. Das erste Kapitel beschäftigt sich mit der Herkunft und den verschiedenen Abschriften der Nestorchronik. Das zweite Kapitel behandelt bestimmte Aspekte der Syntax des alten Slavischen. Auffällig im alten Slavischen ist das Fehlen von bestimmten differenzierenden Charakteristika zur Unterscheidung von Parataxe und Hypotaxe, die in anderen indogermanischen Sprachen üblich sind (beispielsweise die Verb-Zweitstellung im Deutschen). Bei Parataxen können die Sätze entweder asyndetisch nebeneinander stehen oder mittels Partikeln verbunden werden. Bei durch Partikel verbundenen parataktischen Satzfolgen wird zwischen kopulativen, adversativen, explikativen und konklusiven Sätzen unterschieden. Nebensätze werden entweder mit Hilfe von Konjunktionen oder Pronomina untergeordnet.
Im dritten Kapitel werden die im untersuchten Abschnitt gefundenen Einleitewörter von Nebensätzen aufgelistet, ihre Etymologie wird erläutert und Beispiele aus dem untersuchten Abschnitt werden angeführt. Anhand dieser lassen sich die meisten Einleitewörter in zwei Gruppen gliedern: Sätze mit Einleitewörtern, die von dem indogermanischen Interrogativ- bzw. Indefinitpronominalstamm *quo-/*qui- abgeleitet werden (beispielsweise k(ъ)to, kakъ/kako oder auch kotoryi), lassen sich in rhetorische Fragen umwandeln. Sätze mit Einleitewörtern, die auf den ursprünglichen Demonstrativpronominalstamm zurückzuführen sind (so zum Beispiel jegda, ide(že), pone(že) und jako), können ihrer Etymologie nach in eine Folge von Parataxen umgewandelt werden. Wenn die Konjunktionen ašče und da, welche in keine der beiden Gruppen hineinfallen, anhand ihrer Etymologie übersetzt werden, so bekommt man ebenso Parataxen.
Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit weiteren syntaktischen Besonderheiten, die im untersuchten Abschnitt gefunden wurden: Constructiones ad sensum, Verdoppelung von Präpositionen, Konstruktionen des Typs togo sja dobьjutь, präpositionsloser Kasusgebrauch und der Dativus absolutus.