Abstract (deu)
Kesselfallenblumen gehören zu den komplexesten Gebilden, die innerhalb der Angiospermen im Zusammenhang mit der Bestäubung entstanden sind. Bis jetzt wurde die Entstehung dieser Fallenblumen aber noch nicht mithilfe phylogenetischer Methoden untersucht. Das Ziel der vorliegenden Dissertation ist es, die Evolution der Kesselfallenblumen innerhalb der Familie der Araceae nachzuzeichnen. Um Kesselfallenblumen zu identifizieren und zu typifizieren, wurde die Morphologie der Infloreszenzen in allen Einzelheiten studiert. Gleichzeitig wurde mit maximum likelihood und Bayesian-Methoden eine molekulare Phylogenie der Araceae erstellt, auf deren Basis die Evolution der einzelnen Fallenstrukturen und –typen ebenso wie die Evolution der verschiedenen Bestäubertypen rekonstruiert werden konnte. Zudem wurde eine mögliche Korrelation von Bestäubertypen und Kesselfallenblumen untersucht. Um die Interaktion zwischen Aronstabgewächsen und Bestäubern genauer zu beleuchten, wurden Freilanduntersuchungen an mehreren Arten der Gattung Colocasia durchgeführt. Die vorliegende Doktorarbeit zeigt, dass Kesselfallen bei den Araceen häufiger vorkommen als man bisher angenommen hat. Sie sind innerhalb der Familie in mindestens 10 verschiedenen Gruppen unabhängig voneinander entstanden. Zumindest in einigen dieser Gruppen sind komplex aufgebaute Fallen aus weniger elaborierten Halbfallen entstanden. Strukturen, die dem Insektenfang dienen, kommen in insgesamt 27 Gattungen vor und haben sich aus unterschiedlichen floralen und superfloralen Organen entwickelt. Ihre Morphologie und Zusammensetzung unterscheidet sich beträchtlich zwischen den verschiedenen Taxa. Diese Abweichungen beruhen vermutlich zum Teil auf Anpassung an unterschiedliche Bestäubertypen. So zeigte sich in der Gattung Arum, dass verschiedene Bestäubertypen auf Unterschiede in Größe und Anzahl von Fallenstrukturen selektionieren. Im Allgemeinen ist die Evolution von Kesselfallenblumen innerhalb der Araceen mit der Bestäubung durch Fliegen korreliert. Die Rekonstruktion der ursprünglichen Bestäubertypen deutet darauf hin, dass die letzten gemeinsamen Vorfahren einiger Kesselfallenblumen eine symbiotische Beziehung mit Fliegen eingegangen sind, wobei der Blütenstand den Fliegen als Brutplatz diente. Brutplatz-Bestäubung tritt im Besonderen bei rezenten Arten der Gattung Colocasia auf. Deren Infloreszenzen werden von Fruchtfliegen als Paarungs- und Brutplatz genutzt, die Fruchtfliegen werden aber trotzdem während der männlichen Anthesephase im Blütenstand gefangen gehalten. Dies offenbar deshalb, um den Export des produzierten Pollens sicherzustellen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass verschiedene Voranpassungen – so z.B. papillöse Zellen, die ursprünglich vermutlich der Produktion von Düften dienten – eine wichtige Rolle für die mehrfache Entstehung von Kesselfallenblumen gespielt haben. Die unterschiedlichen Fallenstrukturen haben sich im Laufe der Evolution zum Teil an verschiedene Besäubertypen angepasst. Änderungen in diesen Strukturen spielen daher eine wichtige und bisher unterschätzte Rolle für die Bestäubung von Kesselfallenblumen. Wie diese Arbeit zeigt, sind morphologische Untersuchungen von Blütenorganen für das Verständnis der evolutionären Prozesse, welche die Interaktionen zwischen Blüten und Bestäubern steuern, unverzichtbar.