Abstract (deu)
Ein Charakteristikum neotropischer Melastomataceae sind Pollenblumen, in denen Pollen als einzige Belohnung für die bestäubenden Bienen geboten wird. Acht Gattungen weisen jedoch zusätzliche Nektarsekretion mittels Spaltöffnungen und damit verbunden halbglockige Blüten sowie ein breiteres Bestäuberspektrum (Vertebraten sowie In-vertebraten) auf. Die vorwiegend andine Gattung Axinaea (Tribus Merianieae), deren Blüten ebenfalls halbglockig sind, ist durch knollig vergrößerte, dorsale Anhängsel des Konnektivs gekennzeichnet. Die Vermutung liegt nahe, dass Axinaea zu den wenigen nektarproduzierenden Melastomataceae gehört, somit auch einen Bestäuberwechsel durch-gemacht hat und dass die Konnektivanhängsel eine fundamentale Rolle in der Bestäuber-anlockung sowie im Bestäubungsmechanismus spielen. Mittels MicroCT, Rasterelektronen-mikroskopie und Lichtmikroskopie wurden die Blütenstruktur von fünf Arten im Detail analysiert sowie Feldstudien an einer Art (Axinaea confusa) in einem Bergregendwald in Südecuador durchgeführt. So wie nektarproduzierende Merianieae, besitzt auch Axinaea Spaltöffnungen an der Innenwand des Hypanthiums, jedoch konnte keine Nektarsekretion festgestellt werden. An Stelle von Nektar fungieren die kräftig gefärbten Konnektiv-anhängsel als Futterkörperchen, die von verschiedenen Tangararten (Thraupidae) gefressen werden. Die Konnektivanhängsel dienen jedoch nicht nur der Anlockung und Belohnung von Vögeln, sondern übernehmen tatsächlich eine wichtige funktionelle Rolle im Bestäubungsvorgang. Das Innere der vergrößerten Anhängsel besteht aus lockerem, interzellularreichem Gewebe, das mit Luft gefüllt ist. Wie bei einem Blasebalg führt das Zusammendrücken der Anhängsel durch den Vogelschnabel dazu, dass die interzelluläre Luft durch die einzige Öffnung entweicht: die röhrenförmige Anthere. Dieser Luftstrom genügt, um eine Wolke pulverigen Pollens aus der Pore an der Antherenspitze zu blasen. Die Pollenwolken landen auf Schnabel und Kopf der Vögel, die beim Herauslösen des nächsten Staubblatts zufällig die Narbe berühren und so die Bestäubung durchführen. Da der Fruchtansatz hoch und Tangare die einzigen beobachteten Blütenbesucher waren, die den Blasebalgmechanismus auslösen konnten, müssen sie als legitime Bestäuber angesehen werden. Generell werden Staubblätter einzeln herausgelöst und etwa 60% der Blüten werden zwei- oder mehrmals besucht, bis alle Staubblätter gefressen sind. Obwohl diese Strategie eine höhere Wahrscheinlichkeit für Fremdbestäubung bieten könnte, ist Axinaea confusa selbstkompatibel. Selbstkompatibilität wird jedoch vielfach als reproduktive Absicherung unter instabilen Wetterbedingungen, wie denen der regenreichen Bergregenwälder an-gesehen und reduziert außerdem das mit Bestäuberspezialisierung verbundene Reproduktionsrisiko in Zeiten von niedriger Bestäuberabundanz. Die Evolution des Blasebalgmechanismus stellt ein weiteres Beispiel eines spezialisierten Bestäuberwechsels in Verbindung mit dem Vorkommen in höheren Lagen dar, wo Vögel als zuverlässigere Bestäuber gelten als Bienen.