Abstract (deu)
Untersuchungsgegenstand
Im Zentrum dieser Arbeit steht die Frage, ob die Kronen
Zeitung für Hans-Peter Martin im Rahmen der EU-Wahl 2009
Kampagnenjournalismus betrieben hat. Anhand der Kriterien
von Vasco Boenisch (2007) und Harald Sigl (2007) wurde die
Berichterstattung der Kronen Zeitung mit dem Fokus auf
Kampagnenjournalismus untersucht. Die umfassende
Auswertung jedes einzelnen Artikels der 31 analysierten
Krone-Ausgaben ließ eine kompetente Beantwortung der vier
Forschungsfragen zu.
Theorie Die theoretischen Rahmenbedingungen des Themas
beschäftigen sich mit den Massenmedien und deren
Auswirkungen auf Politik und Gesellschaft. Ebenso mit dem
umgekehrten Fall – wie wirkt die Politik bzw. die Gesellschaft
auf die Massenmedien ein. Es wird so weit gegangen, dass
Massenmedien selbst als politische Akteure gesehen werden,
da sie durch Nachrichtenauswahl, Schwerpunktsetzung und
Art der Berichterstattung in das politische Geschehen
eingreifen, statt es nur zu beobachten (vgl. Brettschneider
2002: 57). Andererseits wird der Hang der Politik zur
Inszenierung durch die Komplexität der modernen
Gesellschaften begründet, in denen die Politik ihre
Primärstellung zu verlieren droht (vgl. Schicha 2004: 113).
Als Metatheorie wurde der Konstruktivismus gewählt, der im
Gegensatz zum Realismus davon ausgeht, dass das
Individuum die Wirklichkeit selbst erzeugt und nicht dass die
Wirklichkeit auf das Individuum einwirkt (vgl. Weber 2002).
Konstruktivisten behaupten, dass es zwar eine objektive
Wirklichkeit gibt, wir sie aber nicht erkennen können.
Journalisten berichten über Ereignisse, die sie für wichtig
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halten und konstruieren damit die (Medien-)Wirklichkeit (vgl.
Burkart 1999: 56).
Ziel,
Fragestellung,
Hypothese
Ziel war es, herauszufinden, ob die Kronen Zeitung in ihrer
Berichterstattung im Zeitraum 7.5. bis 7.6. (Tag der EU-Wahl
2009) Kampagnenjournalismus für Hans-Peter Martin
betrieben hat bzw. ob sie als Wahlhelfer fungiert hat. Anhand
folgender Forschungsfragen wurden diese zentralen Fragen
beantwortet:
- Betrieb die Kronen Zeitung im Rahmen der EU-Wahl
2009 Kampagnenjournalismus für Hans-Peter Martin?
- Agierte die Kronen Zeitung als Wahlhelfer für Hans-
Peter Martin?
- Ist in der Wahlkampfberichterstattung der Kronen
Zeitung die Favorisierung von Hans-Peter Martin
offenkundig erkennbar?
- Falls eine Favorisierung stattfindet, ist diese stets
durchweg positiv?
Dazu wurden die einzelnen Artikel untersucht auf
Imagetransport, Sprachtenor, Optik, Umfang, Verständlichkeit
und Objektivität. Da sich die Frage nach dem
„Wahlhelfer“ Kronen Zeitung erst im Laufe der Arbeit ergab
und durch einen TV-Beitrag ausgelöst wurde, wurde dieser
Beitrag (ZiB2) ebenfalls miteinbezogen.
Forschungsdesign
Um herauszufinden, ob es sich im vorliegenden Fall um
Kampagnenjournalismus handelt, wurde die Methode der
Inhaltsanalyse gewählt. Gewählt wurde der Zeitraum von
genau einem Monat vor der Wahl, also 7.5.-7.6.2009.
Mittels Inhaltsanalyse wurden die 31 Zeitungen ausgewertet –
jeder Artikel (außer der Fernsehteil) wurde durchgelesen und
die für die Arbeit relevanten Artikel wurden danach analysiert
bzw. anhand eines Codierbuches codiert (das waren
insgesamt 166 Artikel – in denen es um die EU-Wahl
oder/und um Hans-Peter Martin ging). Dabei kamen
verschiedene Arten von Inhaltsanalyse zum Einsatz:
- die quantitative: In einer Excel-Tabelle wurden alle
Artikel eingetragen und in den einzelnen Kategorien
zählbar gemacht
- die qualitative: Die Texte der Artikel wurden einzeln
und unabhängig von den anderen systematisch
analysiert und bearbeitet
- die hermeneutische: Hier wurden auch einzelne
Sequenzen betrachtet und aus dem Kontext
ausgeblendet, damit die Möglichkeit besteht, auch
zwischen den Zeilen lesen zu können
Neben den Zeitungsartikeln wurde auch ein Fernsehbeitrag
(ORF, ZiB2) herangezogen, der einen Tag nach der Wahl,
also am 8.6.2009, ausgestrahlt wurde. Thema des Beitrags
war: „Die Macht der Kronen Zeitung“.
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Ergebnisse Die Inhaltsanalyse der 166 codierten Artikel ergab, dass die
Kronen Zeitung in ihrer Berichterstattung alle Merkmale des
Kampagnenjournalismus für Hans-Peter Martin aufwies. Die
Frage nach dem Wahlhelfer Kronen Zeitung kann ebenfalls
mit Ja beantwortet werden. Dies unterstreicht auch der
analysierte TV-Beitrag, in welchem Krone-Kolumnist Michael
Jeannée und Meinungsforscher Peter Ulram (Fessel GfK)
bestätigen, dass die Kronen Zeitung als Wahlhelfer agiert hat.
In der Wahlkampfberichterstattung der Kronen Zeitung ist
auch eine Favorisierung von Hans-Peter Martin offenkundig
erkennbar, denn es wurden keine anderen Spitzenkandidaten
derart in die Berichterstattung aufgenommen wie Hans-Peter
Martin (vor allem bei den Leserbriefen ist dies sehr auffällig).
Die Favorisierung und häufige Erwähnung ist auch
durchwegs positiv, es gibt keine negativen Meldungen im
analysierten Zeitraum über Hans-Peter Martin, weder in einer
Meinungsrubrik noch im redaktionellen Teil.
Auffällig ist auch, dass die Berichterstattung über die EUWahl
oft mit einem negativen Beigeschmack serviert wird –
wobei Hans-Peter Martin, wenn er im Artikel vorkommt,
immer als einzig Gutes an der EU-Wahl dargestellt wird.
Ebenso hervorzuheben ist die Kombination von
redaktionellen Beiträgen mit Kommentaren oder Glossen,
durch die der negative Eindruck noch verstärkt wird. Je näher
der Wahltermin rückt, desto stärker wird die Kampagne
gesetzt.
Literatur Boenisch, Vasco (2007): Strategie Stimmungsmache. Wie
man Kampagnenjournalismus definiert, analysiert – und wie
ihn die BILD-Zeitung betreibt. (Herbert von Halem Verlag,
Köln, 2007)
Brettschneider, Frank (2002): Wahlen in der
Mediengesellschaft – Der Einfluss der Massenmedien auf die
Parteipräferenz. In: Von Alemann, Ulrich und Marschall,
Stefan (Hg.): Parteien in der Mediendemokratie. S. 57-80
(Westdeutscher Verlag, Wiesbaden, 2002)
Burkart, Roland (1999): Alter Wein in neuen Schläuchen?
Anmerkungen zur Konstruktivismus-Debatte an der
Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. In: Rusch,
Gebhard und Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.): Konstruktivismus
in der Medien- und Kommunikationswissenschaft. S. 55-72
(Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1999)
Schicha, Christian (2004): Die Theatralität der
Politikvermittlung – Medieninszenierungen am Beispiel der
Wahlkampfkommunikation. In: Volker J. Kreyher (Hrsg.):
Handbuch Politisches Marketing. S 113-128 (Baden-Baden,
2004)
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Sigl, Harald (2007): Politische Parteien als Akteure in der
Mediendemokratie. Diplomarbeit, Uni Wien, April 2007
Weber, Stefan, (2002): Was heißt „Medien konstruieren
Wirklichkeit“? Von einem ontologischen zu einem
empirischen Verständnis von Konstruktion. In: mediamanual,
Heft Nr. 40, Juni 2002