Abstract (deu)
In der Genderforschung wird vom theoretischen Ansatz ausgegangen, dass Geschlecht ein soziales Konstrukt sei. Von diesem Ansatz ausgehend wird die sadomasochistische Darstellung in der Trilogie „Shades of Grey“ von E.L. James und des Romans „Die Geschichte der O“ von Pauline Réage analysiert. Das Ziel der Analyse ist es, die Repräsentation der Geschlechterverhältnisse in beiden Romanen in Bezug auf sadomasochistische Unterwürfigkeit und Dominanz zu erforschen. Sadomasochistische Darstellungen werden öfter, wie argumentiert wird, von feministischer Seite als Überspitzung und Legitimierung der Geschlechterungleichheit angesehen. Im Mittelpunkt der theoretischen Überlegungen steht das subversive bzw. queere Potential der literarischen Inszenierung von Sadomasochismus in einem heterosexuellen Rahmen. Romane haben aufgrund ihrer Fiktionalität die Möglichkeit, alternative Perspektiven auf das Geschlechterverhältnis und Sexualität zu liefern. Es wird versucht, einen differenzierteren Blick auf die literarische Konstruktion von Geschlecht und Sexualität in sadomasochistischen Darstellungen anhand Judith Butlers Performanztheorie und Gayle Rubins Theorie über Sexualität zu bieten. Die Perspektive und Einstellung der Erzählerinnen der Romane werden anhand Hans-Dieter Gelferts Erzählanalyse interpretiert und mit Butlers und Rubins Theorie in Verbindung gebracht. Durch den Blick der Erzählerinnen wird einerseits veranschaulicht, inwiefern die gezogene Grenze zwischen Dominanz und Unterwürfigkeit normative Geschlechterverhältnisse in ihrer Performanz verfestigt. Andererseits wird analysiert, wie die sadomasochistische Rollenverteilung normative Geschlechterverhältnisse verschiebt. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass der Weltbestseller „Shades of Grey“ durch die Einstellung der Erzählerin die normativen Geschlechterverhältnisse untermauert und Sadomasochismus als Abweichung darstellt, während der sadomasochistische Roman „Die Geschichte der O“ durch die Einstellung der Erzählerin normative Geschlechterverhältnisse die auf Liebe und Familie bauen verschiebt.